Blutskizzen
den Rand ihrer unauffälligen Brille, tippt in ihren Computer.
»Gernot Klein ist einer unserer Mieter. Und zwar hat er eine Wohnung im Kapellenweg 14a.«
Wieder der Blick über den Rand.
Ernst zückt sein Handy, geht etwas abseits, spricht mit Atze.
»Wo ist das?«
»Das sind diese Blocks am Kapellenweg, ziemlich groß, aber trotzdem etwas versteckt. Sind ein wenig unsere Problemwohnungen.«
»Herr Klein ist ein gebrechlicher, alter Mann, Frau Zeller, hat er die Wohnung selbst gemietet?»
»Ich hol mir mal die Akte.« Sie steht auf, geht in einen Nebenraum, blechernes Klappern, sie kommt zurück mit einem dünnen Hängeordner.
»So, hab ich sogar selbst gemacht. Nein, die hat er nicht selbst gemietet.« Sie sieht an die Decke, verzieht den Mund. »Ich hatte ein Telefonat mit Herrn Klein, meine ich. Ansonsten war bei der Wohnungsbesichtigung sein Neffe da. Ja, habe ich mir hier handschriftlich notiert. Die sollte irgendwie als Zweitwohnung genutzt werden. Mensch, wie war das noch?« Wieder ein Blick an die Decke.
»Also brauchen Sie gar keinen Kontakt zu dem wirklichen Mieter?«
»In der Regel schon. Hier hat das aber ebendieser Neffe gemacht.«
»Geht das?«
»Wir haben hier die Kopie des Ausweises von Herrn Klein, den unterzeichneten Mietvertrag, eine Kopie des Rentenbescheids, ein Konto und eine positive Schufa-Auskunft. Na ja, und drei Monatsmieten Kaution.«
»Das reicht?«
»Wir haben an die vierhundert Wohnungen. Wissen Sie, wie viele Mietrückstände wir haben? Da ist das schon eine ganze Menge. Gerade bei den Wohnungen im Kapellenweg.«
»Und den Namen des Neffen, der ja die Wohnung nutzen wollte, haben Sie nicht?«
Sie blättert.
»Ich meine, den hätte ich mir irgendwo notiert, hab ich bestimmt auch.« Sie sucht, schüttelt den Kopf. »Finde ich jetzt nicht.«
Man hält es nicht aus.
»Könnte das dieser Mann gewesen sein, Frau Zeller?«
Sie nimmt Michels’ Bild, sieht darauf, sacht, ganz langsam beginnt sie zu nicken.
»Wir haben uns ja nur ein-, zweimal gesehen, aber das ist der. So einen kann man sich ja schon mal merken.« Sie lächelt verschwörerisch.
»So’n toller Hecht, zeig mal.« Die Kollegin am Nebentisch steht auf, wirft einen Blick.
»Das Mietverhältnis endet übrigens am 31. Dezember, nächsten Monat.«
»Was?«
»Ja wir haben seit Ende Oktober die Kündigung. Die Miete bis dahin ist auch schon überwiesen.«
»Haben Sie Drittschlüssel zu den Wohnungen?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Gib es einen Hausmeister in dem Haus?«
»Keinen festen, wir haben einen mobilen Dienst.«
»Wo ist die Wohnung?« Sie sieht in ihre Akten.
»Nummer 14a, dritter Stock rechts, letzte Tür links.«
»Danke.«
»Ach, noch eine Frage: Achten Sie darauf, ob die Mieter sich amtlich melden?«
»Nein, da hätten wir viel zu tun.«
Ernst geht schnell, rutscht auf dem Basalt am Eingang fast aus.
»Ein Team ist schon vor Ort. Ich hab Atze gesagt, sie sollen erst mal nur observieren.«
Er fährt los, einsteigen, hinterher. Die nächste Ampel springt auf Rot, nicht mehr zu schaffen. Eins von Ernsts Bremslichtern ist kaputt.
17 Uhr 33
Die Parkplätze vor den Blocks sind durch Sträucher voneinander getrennt, das Licht der Laternen glitzert auf den Autodächern, sind aber echte Funzeln. Viel japanisches Blech, alte Schleudern, reichlich Rallyestreifen. Fünfte Einfahrt von der Straße aus, vier, fünf. Ernst biegt ein. Edda macht kurz Lichthupe, steigt aus.
»Hallo, da seid ihr ja. Die Wohnung ist im dritten Stock, Heinz ist oben im Treppenhaus und hat Blick auf die Wohnung. Ist ein bisschen blöd, weil es nur das nackte Treppenhaus und den Flur gibt.«
»Ihr habt noch nichts gesehen?«
»Nein, da ist der Eingang, den habe ich seit’ner halben Stunde im Auge, die Einfahrt zur Tiefgarage auch. Bleib mal hier, Ernst.«
Sie fordert zum Mitkommen auf, stiefelt am Block vorbei nach hinten. Ganz schön langer Weg, Betonplatten, die Sparbirnen in den Laternen haben bei der Kälte Kerzenlichtstärke. Edda bleibt stehen.
»Das da oben müsste sein Fenster sein. Du siehst, alles dunkel. War es vorhin auch schon. Wir haben uns, als wir kamen, zehn Minuten aufgeteilt. Es war die ganze Zeit nichts zu sehen.«
»Muss nichts heißen. Ich glaub zwar auch nicht, dass er da drin ist, aber man weiß nie.«
Wieder zurück, sie geht vor. Ernst sitzt im Wagen, raucht.
»Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, er ist eben reingegangen und hatte was Schwarzes auf dem
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