Blutskizzen
nicht sonderlich gefiel. Ich hatte die seinerzeit nur genommen, weil ich die Arbeitsstelle bekommen hatte.«
Du hattest im März Schmitz umgebracht, damit hatte es zu tun. Du wolltest weg, darauf verwette ich mein linkes Ei. Die Wohnung gefiel mir nicht …
»…Sommer 2001 nach Eschweiler. Dort konnte ich als Fahrer bei einem Kurierdienst anfangen, außerdem konnten die mir sehr schnell eine Wohnung besorgen. Einer der Chefs des Dienstes hatte da Beziehungen über seinen Bruder. War auch nicht das Gelbe vom Ei, aber besser als die Wohnung in Frechen.«
10 Uhr 48
Ernsts Gesicht kriegt langsam Ähnlichkeit mit’nem chinesischen Faltenhund. Braucht dringend einen Kaffee, der Gute. Oder besser’ne Pause. Aber ein bisschen muss er noch, jetzt keinen Fehler machen.
»… nach hier gezogen in die Wohnung in der Laubengasse. Ende 2002 habe ich meine jetzige Frau kennen gelernt. Wir haben dann im darauffolgenden Jahr geheiratet und haben für ein Jahr in einer kleinen Wohnung in der Südstadt gewohnt. Am 01. 04. des letzten Jahres wurde Aaron geboren. Im Herbst desselben Jahres, also 2004, sind wir in das Haus am neuen Feld gezogen. Reicht das?«
»Ein paar Sachen hätte ich gern noch konkreter, Herr Michels. Wie haben Sie Ihre Frau kennen gelernt?«
»Nachdem ich dort angefangen hatte zu arbeiten, war ich mit Herrn Müller, meinem Chef, schon mal in der Gemeinde gewesen, zu Gottesdiensten hauptsächlich. Caroline hatte ich da schon ein- oder zweimal gesehen, aber wir hatten noch nicht näher miteinander zu tun. Im Dezember 2002 haben wir von der Spedition zwei oder drei Lieferungen für den neuen Gottesdienstraum dort abgeliefert, das heißt, ich bin gefahren, und damals machte Caroline verschiedene Arbeiten im Büro. Da haben wir uns näher kennen gelernt.«
»Und lieben.« Ernst kann seinen Hohn tatsächlich verstecken.
»Wie, bitte?«
»Kennen und lieben gelernt.«
»Wenn Sie so wollen.« Völlig ernsthaft, keine Regung, kein Zucken, sein Blick wie aus Glas.
»Wie sind Sie an die Stelle bei der Firma Müller und Müller gekommen?«
»Na, das Übliche halt. Ich habe damals schon hier gewohnt und habe in einer Zeitungsannonce gelesen, dass die Firma dringend einen Buchhalter sucht. Ich bin hingefahren, habe ein oder zwei Gespräche mit Herrn Müller geführt und habe dann nach ein paar Tagen den Job bekommen.«
»Sie waren zu der Zeit arbeitslos?«
Seine Augen werden noch aufmerksamer. Er denkt nach, hebt leicht das Kinn, sieht von einem zum anderen.
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich möchte nur wissen, ob Sie zu der Zeit arbeitslos waren?« Ernst macht den arglos Dämlichen.
Michels atmet zweimal tief, checkt seine Möglichkeiten. Vernehmungsschach. Die erste kleine Krisensituation.
»Also gut. Ich hatte damals für ein paar Monate bei einer Gebäudereinigerfirma einen Job ohne Lohnsteuerkarte. Sonst hätte ich auch die Wohnung in der Laubengasse nicht bekommen.«
Ernst nickt wie ein Beichtvater.
»Keine Angst, Herr Michels, ist lange her. Wir haben nicht vor, dem Arbeitsamt was zu erzählen. Uns geht es nur um die Zeiten. Ist bei dem Vorwurf, der hier im Raum steht, auch zu vernachlässigen.«
»Ich müsste mal zur Toilette.«
»Kein Problem.« Ernst rollt mit seinem Stuhl zurück, sieht fragend zu Mark. Der kapiert, steht auf, geht mit. Einer reicht.
»Na, was meinst du?«
»Schwer zu sagen, wir sind ja noch beim Vorspiel. Aber er ist ein cleveres Kerlchen. Bisher hat er noch keine falsche Entscheidung getroffen.«
»Bei der Schwarzarbeit eben war er unsicher.«
»Hat er aber hingebogen. Wenn er wiederkommt, mache ich weiter. Du brauchst eh’ne Pause, und das passt auch ganz gut. Zuerst werde ich jetzt weitermachen mit seiner Arbeitssituation, dann den Bereich wieder verlassen, vielleicht denkt er dann schon, das war’s. Dann frage ich ihn mal nach der Erweckungsgeschichte, die habt ihr eben auch nur gestreift, und dann konkret zum 19.«
Ernst überlegt, nickt verhalten.
»Für die erste Sitzung ganz okay. Mal abwarten. Wann ist Vorführung?«
»Halb zwei.«
»Hoffentlich kommt die uns nicht blöd dazwischen.«
»Dann verschieben wir sie auf später. Ansonsten vernehmen wir ihn hinterher weiter.«
Die Tür geht auf, Mark und Michels kommen zurück. Er setzt sich wieder.
»So, Herr Michels, ich hätte da noch einige Fragen zu verschiedenen Bereichen in Ihrem Leben.«
Er braucht keine Sekunde, um sich umzustellen. Abgebrüht.
»Können wir nicht endlich mal zur Sache kommen.«
Weitere Kostenlose Bücher