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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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ich würde dich nie wiedersehen, das ist ein Unterschied.« Das Letzte ist kaum noch zu verstehen.
    Der erste Schnee.

DIENSTAG

07 Uhr 03
    Alles ruhig vor 77.
    Einmal Scheibenwischer.
    Die Schneeflocken fallen gleichmäßig und spärlich, kein Lüftchen drückt sie aus der Senkrechten. Auf der Windschutzscheibe ist im Gegenlicht für eine Sekunde ihre kristallene Form zu erkennen, dann fließen sie abwärts.
    Aus 73 kommt ein grauer Mantel mit Aktenkoffer, prüft mit ausgestreckter Hand, Knopfdruck, der Schirm springt auf. Seriöses Schwarz, passend zum Mantel, Bankkaufmann. Er geht mit schnellen Schritten, ein flüchtiger Blick, geht vorbei, noch einmal über die Schulter, die Dunkelheit zwischen den Straßenlaternen verschluckt ihn.
    Scheibenwischer.
    Ernst starrt wortlos auf das Weiß, auf Rasenflächen und Beeten noch mit dunklen Flecken dazwischen. Kaugummi anbieten, er sieht kurz hin, nein, danke. Was hat er vorhin gesagt? Nichts über gestern Abend, mir geht es gut. So sieht er aus. Solche Ringe hatte der noch nie unter den Augen, Fahrradschläuche.
    Scheibenwischer.
    Aus der Innentasche holt er die Zigarilloschachtel, hält sie hin, fragender Blick. Nichts dagegen. Er macht das Seitenfenster einen Spalt breit auf, raucht, die Qualmschleier winden sich geschmeidig nach draußen.
    Scheibenwischer.
    Alles ruhig vor 77.
    Beckmann und Binz im Wagen nebenan, die Gesichter liegen im Schatten, nicht zu erkennen. Wo sind die anderen? Altenkamp und Edda sind nicht zu sehen. VG und Regina sind an der Firma, Sebastian und Sonja auch.
    Hinten biegt ein Fahrzeug ein, die Lichter kommen näher. Könnten Thorsten und Mark sein.
    »81/12 von 21.«
    »12 hört.«
    »Wir sind jetzt ›Neues Feld‹. Wo steht ihr?«
    »Da, wo die Lichthupe blinkt.«
    Sie kommen angerauscht, bleiben schräg auf dem Bürgersteig stehen. Mark steigt aus, kommt ans Seitenfenster.
    »So, hier sind der Haftbefehl und der Durchsuchungsbeschluss.« Er klappt die grüne Mappe auf, blättert beides auseinander, reicht sie durchs Fenster.
    »81/17 von 12.« Ernst denkt doch noch mit.
    »12?«
    »Heinz, kommt ihr rüber, es geht los. Wir stehen vor 94, dieser blauen Firma.«
    Im Rückspiegel leuchten weit hinten Scheinwerfer auf, kommen näher, sie sind es. Kurz aussteigen, die anderen auch, kleines Palaver im Schnee.
    »So, Leute. Wir gehen davon aus, dass er mit nichts rechnet und alles ganz glattgeht. Licht brennt schon seit längerem. Ernst und ich werden klingeln und ihm die freudige Nachricht überbringen. Ich schlage vor, Mark und Thorsten gehen kurz an die Rückseite in den Garten, nur für alle Fälle. Sobald wir drin sind, kommen der ED und die anderen rein und beginnen mit der Durchsuchung und suchen nach Spuren. Noch Fragen?« Keine Fragen. »Dann Abfahrt.«
    Parken gegenüber. Bei Nummer 81 öffnet sich die Garage, ein BMW rollt vom Grundstück, der Fahrer glotzt. Den lassen wir erst noch fahren, zwei dunkle Spuren bleiben. Hier funktioniert die soziale Kontrolle noch. Bei Schwiegereltern nebenan ist noch alles dunkel, gut. Mark und Thorsten gehen über den Rasen nach hinten.
    Michels. Aluschild mit schwarzer Schrift. Heller Gong, die Tür öffnet sich.
    Er ist es. Helles Hemd, dunkle Rock-Hudson-Frisur, in den Schläfen erstes, schwaches Grau. Seine Augen sind dunkel und rätselhaft.
    »Ja, bitte?« Mit Verwunderung.
    »Herr Bernd Michels?«
    »Ja.« Er hält den Kopf etwas schief, schürzt die Lippen.
    »Mein Name ist Konstantin Kirchenberg, das ist mein Kollege Ernst Funk. Wir sind von der hiesigen Kripo und haben eine ernste Sache mit Ihnen zu bereden.« Blick auf beide Dienstausweise. »Sollen wir das hier auf der Schwelle vor der Nachbarschaft, oder können wir reinkommen?«
    Diese Augen. Hinter seiner Stirn arbeitet es, er macht die Tür weiter auf, tritt zur Seite, Altenkamp und Edda drücken sich noch durch den Spalt. Er runzelt die Stirn, sein Gesicht fragt, er bleibt stumm. Aus einem der Zimmer kommt eine Babystimme.
    »Herr Michels, wir haben hier einen Haftbefehl gegen Sie. Sie werden beschuldigt, am 19. des letzten Monats oder in den Tagen davor den Rentner Werner Kunz getötet und die Leiche in einem Müllcontainer im Industriegebiet abgelegt zu haben.«
    Für zwei Sekunden Panik in jeder Zelle, die Nasenflügel bewegen sich, er schluckt, dann werden die Augen ruhiger. Sein Atem ist beherrscht, aber mit leichtem Zittern. Oder?
    »Das Ganze ist ein Scherz?« Tiefe Stimme, tiefer als erwartet.
    »Keineswegs. Hier ist der

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