Blutspiele
Praktischerweise vergaßen sie die Geschichten über die Wirkung von Knoblauch oder Kreuzen oder das Schmelzen im Sonnenlicht. Das wäre ja unangenehm gewesen. Aber sie wollten die Macht und die Furcht.«
»Lächerlich.«
»Da kann ich Ihnen nicht widersprechen, aber sie hatten sich in diese Idee verbissen und sie ihren Zielen gemäß weiterentwickelt. Sie hielten sich für Adepten und für etwas Besseres als der Rest der Menschheit. Als Jelak sie entdeckte, glaubte er eine Heimat gefunden zu haben. Aber zu seinem Ärger musste er feststellen, dass es nicht so einfach war. Er konnte der Bruderschaft nicht einfach beitreten. Er musste sie sich verdienen.«
»Durch Morde?«, fragte Jane.
Caleb nickte. »Ja, und das Trinken von Blut. Die Lehren des Kults propagierten, dass ewiges Leben und gottgleiche Macht nur erreicht werden konnten, wenn man möglichst vielen außergewöhnlichen Opfern Leben und Blut nahm. Auf diese Weise konnte man ihre Kraft und Stärke aufnehmen, bis man diesen erhabenen Zustand erreichte. Das war als eine Art Odyssee gedacht, die Jahre dauern konnte.«
»Gestern Abend hat er eine Prostituierte getötet«, sagte Joe. »Das war nicht gerade sonderlich wählerisch.«
»Nein, das könnte eine Geste der Herausforderung gewesen sein. Oder er nahm sie sich, um seinen Hunger zu stillen.«
»Hunger?«, fragte Eve.
»Donari behauptet, dass Jelak nach Jahren ständigen Bluttrinkens möglicherweise einen Appetit darauf entwickelt hat, der gestillt werden muss. Darum sagte Donari zu ihm, er solle sich einen Partner suchen, der ihn mit dem Nötigsten versorgt und ihm die Freiheit gibt, seine ungewöhnlichen Morde zu begehen.« Er bestellte sich einen weiteren Drink. »Jelak erklärte, da jemanden zu haben. Er nannte keinen Namen, sonst hätte ich ihn schon viel früher gefunden.«
Eve sagte: »Kistle.«
»Vermutlich. Ich wette, dass er Kistle wie ein Aasgeier gefolgt ist.« Er sah Eve über den Tisch hinweg an. »Er hat Kistle die Arbeit machen lassen und sich das Blut, das er benötigte, von dessen Opfern geholt. Das diente natürlich nur zum Stillen des Hungers. Wenn ich es recht verstehe, hat Kistle vor allem Kinder getötet, und die haben gewöhnlich keine Zeit, etwas Besonderes zu werden.«
Eve zuckte zusammen. »Da muss ich widersprechen. Jedes Leben ist etwas Besonderes.«
Er nickte. »Ich spreche aus Jelaks Blickwinkel.«
»Das ist eine abscheuliche Sichtweise.« Sie blickte in ihr Glas. »Also musste er etwas tun, als wir Kistle verfolgt haben?«
»Sie haben seinen Partner getötet, und das war höchst unpraktisch für ihn. Jetzt musste er die einfachen Morde wieder selbst begehen, und das hielt ihn davon ab, sich auf sein ultimatives Ziel zu konzentrieren.«
»Der Kelch«, erinnerte ihn Joe.
»Der Kelch war bei dem Kult Teil des Rituals. Der Mann vor dem Tisch war derjenige, der das Geschenk des Lebens nahm. Die anderen Männer am Tisch standen für die verschiedenen Stufen, die der Kandidat erreichen musste, ehe er am Ziel war. Der Kelch wurde nur für besondere Zwecke verwendet. Ein wirklich außergewöhnlicher Mord oder vielleicht eine Warnung. Bei jemandem, der als wertlos galt, wurde er nie eingesetzt.«
»Der Kelch in meinem Kühlschrank«, murmelte Eve.
»Eine Warnung«, sagte Caleb. »Und der Tod von Nancy Jo Norris ebenfalls. Er sieht Sie als etwas ganz Besonderes an und wollte sichergehen, dass Sie den Zusammenhang herstellen. Aber offenbar fand er Nancy Jo Norris’ Blut außergewöhnlich, weil er ihr den Kelch hinterlassen hat.«
»Und die Prostituierte im Park?«
»War das vollständige Ritual nicht wert.«
Jane fragte: »Dieser Donari hat Ihnen jedes Detail seines Kults verraten, nicht wahr?«
»Dazu brauchte es ziemlich viel Überredung. Ja, er war sehr hilfreich.«
»Sie sagten, er sei Jelaks Lehrer gewesen. Was genau hat er ihm beigebracht?«
»Einbrechen, das Öffnen von Schlössern, die Kunst, sich einen Partner zu wählen, das Aufschlitzen einer Kehle innerhalb von zwei Sekunden. Und jede Menge anderer Fähigkeiten.«
»Alle sehr nützlich für die angestrebte Laufbahn.« Jane beobachtete Calebs Gesichtsausdruck. »Und wo ist Donari jetzt?«
»Er weilt nicht mehr unter uns.« Er begegnete ihrem Blick. »Genau wie die anderen Mitglieder des Kults. Nachdem Donari tot war, verließen sie Fiero in großer Eile. Es hat mich Jahre gekostet, sie alle zu erwischen.«
»Sie sagten, es waren ein Dutzend Mitglieder«, sagte Eve.
»Ja.« Er hob sein Glas. »Und sie
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