Blutspiele
ich postiere einen Einsatzwagen vor Pattys Haus.«
Sie lächelte. »Wäre es möglich, dass Charlie Brand die erste Wache übernimmt? Dann würde sie sich sicherer fühlen.«
»Ich frage mal nach.«
»Tu das.« Sie sah dem Wagen nach, bis er um die nächste Ecke verschwand, dann ging sie zurück zum Haus. Jane verabschiedete sich gerade auf der Veranda von Patty, die Eve zuwinkte und dann ins Haus zurückging.
»Ich finde noch immer, ich sollte bei ihr bleiben«, sagte Jane. »Aber sie will es nicht.«
»Joe und ich sind auch dagegen«, sagte Eve. »Caleb hatte recht. Genau das möchte Jelak.« Sie stieg in ihr Auto. »Und Patty wird beschützt. Jetzt, nachdem sie in den Fall verwickelt ist, ist das kein Problem mehr.«
»Nein, und das war wirklich ein sicherer Beweis.« Jane schauderte. »Die Vorstellung, dass er nur ein Zimmer weiter sitzt und wie eine Spinne im Netz darauf wartet, dass sie herauskommt, verursacht mir Gänsehaut.« Sie überlegte. »Aber auch hier müssen wir uns auf Calebs Aussage verlassen. Wir gehen immer davon aus, dass er recht hat.«
»Er ist sehr überzeugend.«
»Es ist ihm sogar gelungen, Pattys Großvater zu überzeugen.« Jane setzte sich auf den Beifahrersitz. »Sie ist fast durchgedreht deswegen. Sie hat gesagt, es ist fast, als wäre er nicht ihr Großvater.«
»So ein Unterschied?«
Jane nickte. »Er hat ihre Hand genommen und ihr gesagt, sie müsse auf sich aufpassen. Sie meinte, an so eine liebevolle Geste könne sie sich aus ihrer ganzen Kindheit und Jugend nicht erinnern.«
»Traurig.«
»Sie kannte es nicht anders. Wärme und Fürsorge war sie von ihm nicht gewöhnt. Sie fragt sich, ob er einen Schlaganfall hatte oder so etwas.«
»Oder so etwas.«
»Als hätte Caleb ihn hypnotisiert.«
Eve dachte an den Moment im Restaurant, als ihr Calebs Präsenz beinahe hypnotisch vorgekommen war. »Das ist unwahrscheinlich. So eine Hypnosesitzung dauert eine Weile, und er war nur kurz im Zimmer. Vielleicht hat das, was er gesagt hat, etwas in dem alten Mann angerührt.«
»Er hat so etwas geäußert, dass ihrem Großvater wirklich etwas an ihr liegt. Wenn das stimmt, kann man das zumindest nicht daran erkennen, wie er sie behandelt.«
»Manchmal können Menschen ihre Gefühle nicht zeigen.« Eve ließ den Wagen an. »Vielleicht ist er einer von denen.«
»Bis Caleb in sein Zimmer spaziert kam und sich mit ihm unterhielt«, sagte Jane. »Verrückt …«
»Ja«, gab Eve zurück. »Aber seit Jelak in unserem Leben aufgetaucht ist, ist alles irgendwie verrückt. Wir müssen einfach damit klarkommen.«
»Ich bin auf dem Heimweg«, sagte Joe zu Eve, als sie zwei Stunden später zu Hause ans Telefon ging. »Ich habe das Revier gerade verlassen, es dauert also ungefähr noch vierzig Minuten. Ist alles in Ordnung bei euch?«
»Ja, ich arbeite, und Jane ist mit Toby auf der Veranda. Hast du schon gegessen?«
»Ich habe mir ein Sandwich aus dem Automaten geholt.« Er schwieg einen Moment. »Charlie Brand übernimmt die Überwachung morgen früh. Heute Abend konnte ich ihn nicht bekommen.«
»Das ist auch gut«, sagte Eve. »Dann ist es, als wäre ein Freund bei ihr. Patty braucht in diesen Tagen alle Freunde, die sie hat, ganz nahe bei sich. Bis bald.« Sie legte auf.
Eve hatte sich angehört, als wäre sie nicht ganz anwesend, dachte Joe, als er auflegte. Aber sie war immer voll konzentriert, wenn sie arbeitete. Nach dem ersten Abmessen des Schädels tauchte sie völlig ein in die Aufgabe, aus Ton ein vollständiges Abbild des Gesichts des Opfers zu schaffen. Dabei kombinierte sie wissenschaftliches Arbeiten, puren Instinkt und Kreativität. Wenn sie mit dem Aufsetzen ihrer Stifte für das Anzeigen der Gewebetiefe fertig war, glich der Schädel dem einer Voodoo-Puppe. Dann nahm sie Plastilin-Streifen und füllte damit die Abstände zwischen den Markierungen auf. Als Letztes folgte dann das Glätten und die Ausarbeitung des Gesichts in Ton. Eve hatte ihm oft erklärt, dass es in der forensischen Gesichtsrekonstruktion keine Vollkommenheit gebe, aber ihre Arbeit kam dem sehr nahe. Er fand, dass ihr Instinkt beinahe magisch war, während sich das Gesicht unter ihren Fingern formte.
Wie auch immer, er war froh, dass sie etwas zu tun hatte, was sie davon abhielt, sich mit Jelak zu beschäftigen. Der Mistkerl kam immer näher, er machte sich an Menschen heran, an denen ihnen beiden lag. Patty gehörte seit vielen Jahren zu ihrem Leben, und dieser Kelch war –
»Er wollte
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