Blutspiele
Jane hineingehen. «
»Nein. « Sehnsüchtig blickte sie auf das Licht in den Fenstern des Cottages. »Wir sehen so viele Dinge als selbstverständlich an. Ein Licht im Fenster, geliebte Menschen, die uns erwarten … Und auf einmal ist das alles vorbei. « Sie schaute ihm ins Gesicht. »Verlassen Sie sich nicht darauf, Joe. «
»Das tue ich nicht. «
»Nein, Sie haben vermutlich schon genug Berührung mit dem Tod gehabt. Ich war zu jung. Ich dachte, das würde immer so weitergehen. Ich dachte, ich würde ewig leben. «
»Das geht allen so in Ihrem Alter. «
»Aber mir wurde verwehrt, dieses Gefühl zu verlieren. Das hat er mir genommen. « Ihre Blicke trafen sich. »Ich muss ständig weinen. Normalerweise habe ich nicht so nah am Wasser gebaut. Das muss ich loswerden. Dieses kleine Mädchen, diese Bonnie, sie hat auch nicht dauernd geheult und gejammert. Sie war von so etwas wie einer goldenen Heiterkeit umgeben. «
»Sie hatte schon ein bisschen Zeit, sich daran zu gewöhnen. «
Nancy Jo nickte mehrmals. »Das schaffe ich auch noch. « Sie sah wieder zum Haus. »Gehen Sie. Die beiden warten auf Sie. «
»Bleiben Sie einfach hier draußen sitzen?«
Sie lächelte. »Sie wollen nicht unhöflich sein und mich allein lassen. Das ist ziemlich albern, oder?«
»Lächerlich. « Aber genau das fühlte er tatsächlich. »Ich weiß nicht, wie man sich Geistern gegenüber höflich benimmt. «
»Ich werde nicht lange bleiben. Ich kenne jetzt den Trick. Bonnie hat ihn mir gezeigt. «
»Dann wünsche ich Ihnen eine gute Nacht. « Er stieg aus dem Auto. »Es war wie immer eine ganz eigene Erfahrung, Nancy Jo. «
»Aber ich glaube, Sie lehnen mich nicht mehr so sehr ab, oder?« Sie fügte hinzu: »Sie haben doch keine Angst mehr vor mir?«
»Ich hatte nie Angst – na ja, vielleicht in den ersten Minuten. «
»Aber jetzt nicht mehr?« Ihr Blick glich dem eines verirrten Hündchens.
»Ich fürchte mich nicht, und ich lehne Sie nicht ab. « Er schnitt eine Grimasse. »Vermutlich gewöhne ich mich allmählich an Sie. «
»Und ich mich an Sie« , sagte sie eifrig. »Das gehört zur Freundschaft. Sind wir Freunde, Joe?«
Er betrachtete sie hilflos. Sie war wie ein Kind in Not, er konnte sie nicht zurückweisen. Freundlich antwortete er: »Wir sind Freunde, Nancy Jo. «
Sie lächelte strahlend. »Danke, Joe. «
Er drehte sich um und stieg die Stufen zur Veranda hinauf. Als er die Fliegengittertür öffnete, sah er sich noch einmal um.
Sie war verschwunden.
Sie hatte den Trick gelernt.
10
J anes Handy klingelte um zwei Uhr morgens und riss sie aus dem Tiefschlaf. Auf dem Display stand eine Nummer, die sie nicht kannte.
Aber sie erkannte die Stimme.
»Tut mir leid, wenn ich Sie aufwecke«, sagte Caleb. »Ich konnte nicht schlafen.«
»Und ich habe ausgezeichnet geschlafen.« Sie stützte sich auf einen Ellbogen. »Hätte das nicht bis morgen früh Zeit gehabt?«
»Möglicherweise. Aber dann hätte ich mich wieder mit Eve und Quinn auseinandersetzen müssen. Ich wollte mit Ihnen sprechen.«
»Dann sprechen Sie.«
»Treffen Sie mich in fünf Minuten auf der Veranda.«
»Warum?«
»Ich möchte Ihr Gesicht sehen, Ihre Mimik. Telefone kann ich nicht leiden.«
»Warum haben Sie sich mich ausgesucht? Warum nicht Eve?«
»Sie sind mir gegenüber offener. Das habe ich sofort gemerkt, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind.«
»Sie meinen, Sie könnten mir leichter etwas einreden.«
»Nein, das würde ich nicht versuchen. Ich wähle sorgfältig aus.«
»Was haben Sie mit Pattys Großvater gemacht?«
»Treffen Sie mich draußen, dann reden wir darüber.«
»Wenn Sie sich der Veranda auch nur nähern, würden die Polizisten in dem Einsatzwagen Sie aufhalten.«
»Ich gehe zu ihnen und spreche mit ihnen. Dann merken sie, wie harmlos ich bin.«
»Die werden Ihnen einen Schuss in den Hintern verpassen.«
»In fünf Minuten.« Er beendete das Gespräch.
Sie legte nachdenklich auf. Es wäre besser, im Bett zu bleiben und Caleb zu ignorieren. Er war ein beunruhigender Störfaktor, Joe war ihm gegenüber völlig zu Recht misstrauisch.
Ach was, Störungen hatten ihr noch nie etwas ausgemacht. Sie brachten Spannung ins Leben. Und Caleb war zwar nervtötend, aber wenn sie einen Weg fand, wie er Eve nützlich sein konnte, dann würden sie alle einen enormen Vorteil aus seiner Anwesenheit ziehen. Er hatte recht, sie war offen für ihn, für jeden, der diese irrsinnige Situation beenden konnte.
Außerdem war sie
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