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Blutspuk in Venedig

Blutspuk in Venedig

Titel: Blutspuk in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der offenen Jacke. An ihren Fingern schimmerten zwei Ringe. Ich schätzte sie auf Anfang Dreißig. Sie war der Typ der selbstbewußten Norditalienerin. Eine Frau wie sie konnte in einem Juristenjob ebenso arbeiten wie in der Modebranche oder der Industrie. Auch wenn sich ihr Gesicht kaum bewegte und sie deshalb kühl wie ein Eisblock wirkte, konnte ich mir vorstellen, daß in ihrem Innern eine regelrechte Höllenglut loderte.
    Jedenfalls bot sie einen sehr erfreulichen Anblick, der mich die Trostlosigkeit des Zugs vergessen ließ.
    »Die Signora gefällt dir, wie?«
    »Bitte?«
    Suko grinste. »Heißes Weib, was?«
    »Ach, hör auf.« Ich winkte ab. »Du schaust doch immer hin.«
    »Es lohnt sich.«
    »Stimmt.«
    »Was meckerst du dann?«
    »Tu ich doch gar nicht. Ich habe nur etwas festgestellt.«
    »Ja, ja.« Ich nickte. »Das Feststellen kenn ich. Aber du hast recht. Sie ist toll. Ich könnte sie mir als persönliche Fremdenführerin für diese Stadt schon vorstellen.«
    »Frag sie doch.«
    »Später vielleicht.«
    Es dauerte nicht mehr lange, bis wir in den Bahnhof einliefen, der in Venedig Stazione Ferroviaria San Lucca heißt, und auch der Kai direkt vor dem Bahnhof trägt den Namen Ferrovia.
    Die unbekannte Schöne hatte sich schon vor uns von ihrem Platz erhoben. An der Tür trafen wir sie wieder. Da bauten wir uns hinter der Signora auf, nahmen ihr Parfüm wahr, das uns einen Hauch von Frühling entgegenschickte.
    Suko stieß mich an, grinste und schnüffelte. Ich tat es ebenfalls, dann lachten wir beide. Wahrscheinlich fiel uns zugleich ein, daß wir uns wie die kleinen Kinder benahmen.
    Alles drehte sich um die schöne Frau, die ausstieg und nicht mal einen Blick zurück geworfen hatte. »Nun«, meinte Suko, als er mich anschaute. »Blonde Männer sind wohl nicht ihr Typ.«
    »Das vermute ich auch. Schade.«
    »Mach dir nichts draus. Auch andere Mütter haben schöne Töchter. Mütter, die Perkins oder Collins heißen und…«
    »Hör auf, bevor du alle aufzählst!«
    »Hast du es so schlimm getrieben?«
    »Wieso getrieben? Ich treibe es noch immer.«
    »Klar, wir treiben.«
    Das verstand ich nicht. »Was meinst du damit?«
    »Gleich auf dem Wasser.«
    Da hatte er recht, denn es waren nur mehr ein paar Schritte, bis wir die Bahnhofshalle durchquert hatten. Eine ziemlich leere Halle. Der Betrieb im Sommer mußte zehnmal so stark sein wie zu dieser kalten Jahreszeit.
    Wir verließen sie, und Venedig lag vor uns. Es war wie eine Bilderbuchkulisse oder hätte wie eine solche wirken können, wenn die Sonne geschienen hätte.
    So aber war das Meer der Häuser und Palazzi Teil einer grauen Landschaft, die sich von der Farbe des Wassers in den zahlreichen Kanälen kaum unterschied.
    Wir standen praktisch am Canale Grande, und Boote waren ebenfalls zu mieten.
    Nur eben keine Gondeln. Die meisten waren über die Wintermonate eingemottet. Es fuhren recht wenige. Die echten Liebhaber der Stadt ließen sich auch von einem derartig kühlen und feuchten Wetter nicht abhalten.
    In warme Kleidung gehüllt, ließen sich einige von ihnen tatsächlich mit einer Gondel durch die Kanäle fahren, wobei der Gondoliere ebenfalls winterlich gekleidet war, damit er sich nicht erkältete und im Frühling wieder singen konnte.
    Wir entschieden uns gegen eine Gondel und nahmen eines der Motorboote. Zufällig hatte sich auch die schöne und elegant gekleidete Frau dafür entschieden. Nur befand sie sich bereits auf dem Kanal, stand am Heck, drehte sich um, und ich hatte das Gefühl, als würde sie uns anschauen.
    Konnte aber auch eine Täuschung sein.
    »Steigen Sie ein, meine Herren. Venedig im Winter ist wunderbar. Da werden Sie überall gut bedient, und selbst die Tauben auf der Piazza San Marco zeigen Respekt.«
    »Stimmt das auch?« fragte ich.
    »Versuchen Sie es.«
    Ich stieg zuerst ein. »Leider wollen wir dort nicht hin.«
    »Schade.«
    »Es gibt noch andere Ziele.«
    Der Fahrer lachte und taute sein Boot los. »Stimmt. Wo soll es denn hingehen?«
    Die Antwort überließ ich Suko. »Palazzo Ferrini.«
    Unser Mann am Ruder hatte den Motor bereits gestartet, entsprechend laut war es. Ob er etwas sagte, konnten wir nicht hören, aber beide sahen wir, daß er zusammenzuckte und rasch den Kopf drehte.
    Ich saß am Heck. Suko kam zu mir, blieb aber stehen. »Hast du das gesehen?« fragte er mich.
    Ich nickte.
    »Der scheint Bescheid zu wissen.«
    Ich hob die Schultern. »Was willst du? Wird ein Toter aus dem Kanal gefischt, spricht

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