Blutspur des Todes
Lunge. Auch ihre Beine schmerzten, und ihre Arme fühlten sich zerschunden an.
In ihren Ohren pfiff der Wind. Sie hörte das lauter werdende Donnergrollen und irgendwo über ihren Köpfen das Knattern der Rotorblätter, als würde der Hubschrauber jeden Moment vor ihnen niedergehen. Ob sie den Wagen wohl schon entdeckt hatten?
Sie hatte längst die Orientierung verloren und war keineswegs überzeugt, dass sie je wieder aus diesem Feld herausfanden. Es schien überhaupt nicht enden zu wollen.
Inzwischen konnte sie das Getöse des Windes kaum noch von dem des Hubschraubers unterscheiden. Nur der Donner übertönte in immer kürzeren Abständen krachend das Knattern und Rauschen, und grelle Blitze zuckten über die schwarzen Wolken. Inzwischen war es so dunkel geworden, dass sie Charlie, der direkt vor ihr lief, kaum noch sehen konnte.
Plötzlich spürte sie einen wirbelnden Sog direkt über sich und schlug auf den Boden. Obwohl sie die Arme schützend vor sich ausgestreckt hatte, riss sie sich Wange und Kinn am harten Stängel einer Maispflanze auf. Jared stürzte sich auf sie und begrub ihre Beine unter seinem Gewicht.
»Bleib unten!« schrie er und drückte ihr seinen Ellbogen oder sein Knie in den Rücken.
Diesmal spürte sie nicht den geringsten Impuls, ihm zu widersprechen. Alles tat ihr weh, um nichts in der Welt wollte sie weiterlaufen. Dann begriff sie, dass der Wirbel von dem Hubschrauber über ihnen ausging. Sie versuchte, ihren Atem zu beruhigen. Da Jared über ihr lag, konnte sie sich ohnehin kaum bewegen. Sie drückte ihre Wange in die Furche, und die von den ersten dicken Regentropfen feuchte Erde kühlte ihre Abschürfungen.
Jeden Moment mussten sich die Maispflanzen teilen und platt gedrückt werden, wenn der Hubschrauber direkt über ihnen war. Reglos wartete sie darauf, von einem Suchscheinwerfer erfasst zu werden.
Sie spürte Jareds Atem und sein Herz gegen ihren Rücken pochen. Sie roch seinen Schweiß, vermischt mit dem Geruch von Mais und Erde. Oder war das der Geruch der Angst?
Vielleicht ging es ja schnell? Vielleicht durchsiebte man ihre Körper einfach mit Kugeln. Das war ihr fast schon gleichgültig, denn ihr wild schlagendes Herz musste ohnehin jeden Moment explodieren. Jetzt stand der Hubschrauber unmittelbar über ihnen, das Knattern der Rotorblätter war ohrenbetäubend, doch plötzlich bemerkte sie, dass das Geräusch leiser wurde. Kein Scheinwerferlicht – nur das Zucken der Blitze. Kein Kugelhagel – nur Donnergrollen.
»Die sind weg«, stellte Jared nach einer Weile fest und stieß sich dann so heftig von ihr ab, dass sie noch tiefer in den Boden gepresst wurde. Sie konnten nur Minuten so gelegen haben, doch Melanie kam es vor, als seien es Stunden gewesen.
»Das Gewitter«, meldete sich Charlie. »Jede Wette, die können bei diesem Wetter nicht in der Luft bleiben.« Sie hob den Kopf und sah in die Richtung, aus der seine Stimme zu kommen schien. Er saß auf dem Boden, hatte seine langen Beine angezogen und hielt seinen Rucksack an die Brust gedrückt. »Glaubst du, die haben uns gesehen?«
»Sie müssten den Wagen entdeckt haben.« Jared spähte über die Stängel der Maispflanzen hinweg. »Es kann nicht mehr weit sein.«
»Nicht mehr weit wohin?« fragte Melanie. »Weißt du überhaupt, wo wir sind?«
»Vertrau mir, und bleib dicht bei mir.« Ihr Bruder verschwand zwischen den Maispflanzen. Melanie und Charlie sprangen auf, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren.
Als sie endlich aus dem Feld herausstolperten, sah Melanie in der von Blitzen erhellten Dunkelheit nur Bäume und so dichtes Buschwerk, dass sie sich nicht vorstellen konnte, wie sie sich dort einen Weg bahnen sollten. Das Feld und der Wald waren durch einen Stacheldrahtzaun voneinander getrennt. Sie hatte die fünf Drahtreihen erst bemerkt, als sie sich den Unterarm daran aufriss.
Wieder musste sie an ihre abergläubische Mutter denken.
Es würde sie kaum wundern, wenn auch die Hölle von Stacheldraht umzäunt wäre.
In diesem Moment öffnete der Himmel seine Schleusentore, und ein sintflutartiges Inferno brach über sie herein.
26. Kapitel
19.10 Uhr
Andrew riss das Blatt von seinem Block, zerknüllte es und warf es in die Ecke zu den anderen. Eins war in einem Spinnennetz gelandet und baumelte im Wind. Der Spinne schien das nichts auszumachen. Sie saß immer noch dort eine Kreatur der Wälder, hart im Nehmen. Da war mehr nötig als schlechte Prosa, um sie zu vertreiben.
Andrew lehnte sich
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