Blutspur des Todes
Veranda wehte.
Er stapelte seine Blocks und Aktenordner auf den Laptop und trug alles in die Hütte. Vielleicht würde es morgen besser gehen. Ein Morgen gab es schließlich immer.
27. Kapitel
19.25 Uhr
Omaha
Grace versuchte sie beide mit dem Schirm vor dem Regen zu schützen, doch sie konnte mit Emily nicht Schritt halten.
Ausgerechnet bei diesem Gewitter musste der dumme Fernauslöser für das Garagentor den Geist aufgeben.
Vielleicht lag es an den Batterien, oder aber der Blitz hatte die Elektrik lahm gelegt.
Emily rannte die Stufen zur Veranda hinauf, als wolle sie sich vor dem nächsten Blitz in Sicherheit bringen.
»Beeil dich, Mom!« rief sie, als Grace gerade in eine knöcheltiefe Pfütze trat – mehr ein Loch als eine Pfütze, und das mitten in ihrem Vorgarten.
Das Haus war stockdunkel, und Grace fragte sich, ob wohl der Strom ausgefallen war. Vince hatte an mehreren Lampen Zeitschaltuhren angebracht, eine unten und zwei oben, weil sie ständig vergaß, die Alarmanlage einzuschalten.
Als sie die Haustür aufschloss, warf sie einen Blick auf die Umgebung. Die Straßenlaternen brannten und auch etliche Verandaleuchten vor den umliegenden Häusern. Und drüben bei den Rasmussens sah sie das bläuliche Licht des Fernsehers durch das Fenster.
Sie betätigte den Schalter am Eingang und war erleichtert, als das Licht anging. Erleichtert genug, um sich nicht weiter zu fragen, warum die Zeitschaltuhren nicht funktioniert hatten.
Vielleicht eine Unterbrechung in der Stromzufuhr. Dies war immerhin ein altes Haus.
Sie mochte keinen weiteren Gedanken an Jared Barnett verschwenden, der vielleicht durch ihren Garten geschlichen war. Es reichte, dass Emily sich wegen dieses Schattenmannes sorgte. Und wenn es tatsächlich Barnett war, der dieses Massaker in der Bank angerichtet hatte, war es ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis man ihn schnappte. Vielleicht hatten sie ihn sogar schon.
Emily blieb so nah bei ihr, dass sie gegen ihr Bein stieß. Ihr kleiner Wirbelwind würde allerdings niemals zugeben, Angst zu haben. Genau wie ihre Mutter.
»Bist du noch hungrig?« Grace schwenkte die McDonald's-Tüten hin und her, um Emily abzulenken. Sie hatte sich von ihr überreden lassen, Cheeseburger zu holen. Allerdings war ihr das nicht schwer gefallen, denn Grace war selbst Fast-Food-Junkie. Auch das hatte Emily von ihr geerbt. Außerdem war Grace zu müde zum Kochen, nachdem sie fast eine Stunde gebraucht hatte, ihre Großmutter zu überzeugen, dass bei ihnen zu Hause alles in Ordnung war.
Emily hatte Wenny von dem Schattenmann erzählt, und prompt war die Fantasie mit der alten Dame durchgegangen.
Ihr hatte es ohnehin immer widerstrebt, dass ihre Enkelin einen juristischen Beruf ergriffen hatte und dem Gesetz Geltung verschaffte, wie ihr Vater das getan hatte. Also musste sie ihr wieder mal einen Vortrag über alle möglichen Risiken und Gefahren halten. Schließlich hatte Wenny ihr sogar angeboten, den ehemaligen Dienstrevolver ihres Vaters, eine .38er Smith & Wesson, die sie im Nachttisch verwahrte, mitzunehmen.
Sie hatten dieses Gespräch nicht zum ersten Mal geführt.
Aber zum ersten Mal hatte Grace ernsthaft überlegt, ob sie sich nicht tatsächlich eine Waffe zulegen sollte.
»Können wir im Wohnzimmer essen?« fragte Emily. »Auf dem Fußboden?«
»Im Wohnzimmer ja, aber nicht auf dem Fußboden.«
Grace ging in die Küche, holte zwei Teller heraus, verteilte die Fritten darauf und legte die Cheeseburger dazu. Die Kultursünde war schließlich nur halb so groß, wenn man sie auf echten Tellern servierte, oder? Sie übergoss die Fritten mit Ketchup – ihr Beitrag als Hausfrau zu ihrem heutigen Menü.
»Kann ich eine Pepsi haben?« fragte Emily, wurde jedoch im gleichen Moment von einem Blitz abgelenkt, der den Garten hinter dem Haus hell aufleuchten ließ. Der Garten, durch den Jared Barnett vielleicht geschlichen war. Grace ermahnte sich, diesen Gedanken sofort zu verscheuchen.
»Bring die Teller rüber ins Wohnzimmer, und ich hole die Pepsi aus der Garage. Dann brauchen wir auch noch zwei Gläser und Eis.« Grace versuchte ihre Tochter zu beschäftigen, damit sie nicht so sehr auf das Gewitter achtete. Es würde wohl bald wieder abziehen. »Nimm immer nur einen Teller, Emily«, rief sie ihr über die Schulter hinweg zu, als sie die Tür zur Garage öffnete und den Lichtschalter betätigte.
Beinahe wäre sie über das Spielzeug auf der ersten Treppenstufe gestolpert. Als sie gerade nach Emily rufen
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