Blutspur des Todes
abschließen war so etwas wie ein Reflex.
Er hörte eine Bodendiele knarren. Sein Blick schoss durch das kleine Schlafzimmer, während er versuchte, ganz still zu liegen und kein Geräusch zu machen. In der Ecke neben dem Sessel stand sein Koffer. Er überlegte, was er eingepackt hatte, aber es war nichts dabei, das ihm hätte als Waffe dienen können.
Ein scharrendes Geräusch, doch er konnte nicht erkennen, ob es sich in seine Richtung bewegte. Andrew glitt aus dem Bett und stieß mit der verletzten Schulter gegen das Bettgestell. Er biss sich auf die Unterlippe, bis der Schmerz nachließ, kroch in die Nische zwischen dem Bett und dem Schrank und wartete auf den nächsten Blitz, um das Zimmer inspizieren zu können. Der Schrank war leer, nicht einmal einen Besen hatte er darin vorgefunden. Dann fiel ihm die hölzerne Kleiderstange ein.
Er richtete sich wieder auf, verharrte und lauschte. Leise öffnete er die Schranktür und tastete nach der Stange.
Hoffentlich war sie nicht festgeschraubt. Er legte die Finger um das glatte Holz, doch ein Rascheln ließ ihn innehalten. Er lauschte, doch er hörte nur seinen eigenen Herzschlag.
Er starrte in Richtung Schlafzimmertür. Wieder ein Rascheln, als würde jemand seine Sachen durchsuchen. Er versuchte sich zu erinnern, wo er seine Brieftasche abgelegt hatte.
Andrew hob die Stange aus ihrer Halterung und zog sie langsam und behutsam aus dem Schrank. Mit seinem gesunden Arm testete er, wie hoch er sie heben konnte, ehe der grässliche Schmerz in der Schulter ihn stoppte. Es ging gar nicht übel. Obwohl er jetzt bedauerte, das Angebot der Physiotherapie nicht häufiger genutzt zu haben.
Vorsichtig schlich er zur Tür, hielt abermals inne und lauschte. Er glaubte einen bläulichen Schimmer zu erkennen, vielleicht die Kühlschrankbeleuchtung. Ein hungriger Einbrecher?
Andrew umfasste die Stange fester.
30. Kapitel
2.35 Uhr
Zentimeter für Zentimeter schob sich Andrew den Flur entlang. Aus der Küche kamen immer noch Geräusche, und der bläuliche Schein des Kühlschranklichts erhellte die gegenüberliegende Wand. Er sah den Schatten eines nach vorne gebeugten Körpers.
Der Mistkerl durchsuchte seinen Kühlschrank, das war seine Chance. Mit drei langen Sätzen war Andrew in der Küche und hob die Kleiderstange, jederzeit bereit, zuzuschlagen.
Die Frau fuhr herum, die Augen weit aufgerissen vor Schreck. Sofort hob sie beide Arme vor ihr Gesicht, um den Schlag abzuwehren. Andrew hielt inne.
»Wer sind Sie? Und was zum Teufel tun Sie da?« Sie sah völlig verdreckt aus, ihre Kleidung war mit Lehm verschmiert, und die schmutzig blonden Haare hingen ihr über die Augen.
Ihr Gesicht war blutunterlaufen, obwohl kaum zu erkennen war, wo der Bluterguss aufhörte und der Schmutz anfing, eine Wange war aufgeschürft.
»Ich habe gefragt, was zum Teufel Sie hier tun?« Er bemerkte, dass sie über seine Schulter hinwegsah. Dann spürte er den Luftzug, roch den Regen und wusste, dass die Tür zur Veranda offen stand. Langsam drehte er sich um, ohne jedoch die Frau aus den Augen zu lassen. Die kleine Lampe, die er angelassen hatte, stand in der Ecke auf dem Boden, und ihr schwacher gelber Schein reichte aus, dass er die beiden Männer draußen sehen konnte. Einer saß am Tisch, der andere stand hinter ihm. Sie schienen genauso schmutzig und durchnässt zu sein wie die Frau.
»Was wollen Sie?« fragte er. Inzwischen war seine Angst in Zorn umgeschlagen. Zorn nützt mir in dieser Situation mehr, sagte er sich und umfasste die Kleiderstange wieder fester.
»Wir mussten vor dem Gewitter flüchten«, erklärte einer der Männer und rückte sich auf dem Stuhl zurecht. Es war zu dunkel auf der Veranda, als dass Andrew sein Gesicht hätte erkennen können.
»Hatten Sie einen Unfall?« Andrew sah wieder die Frau an.
Ihr Blick wanderte zwischen ihm und dem anderen Mann hin und her, wobei sie es vermied, Andrew in die Augen zu sehen.
Sie stand still, die Hände in den Taschen ihrer Jeans, doch sie schien nervös zu sein.
Da sie nicht antwortete, blickte er hinüber zu dem anderen Mann. Er war jetzt näher an die Fliegengittertür getreten und betrachtete sie, als habe irgendetwas daran sein Interesse geweckt.
»Ja, man könnte sagen, dass wir einen Autounfall hatten.«
Etwas an der Art, wie er das sagte, veranlasste Andrew, die Kleiderstange fester zu packen. Er überlegte, ob er es schaffen könnte, zur Tür zu springen, sie zuzuschlagen und abzuschließen, bevor die merkten, was
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