Blutspur des Todes
geliefert.
»Wieso glaubt …« Grace machte eine Pause, um in der Akte nach dem Namen der Beschuldigten zu suchen. »… Carrie Ann Comstock denn, dass sie ihn identifizieren kann?«
»Sie war in der Nähe des Ladens an der Fünfzigsten Ecke Ames Street, als der ausgeraubt wurde. Sie hat ihn wegrennen sehen.«
»Der Laden wurde um Viertel nach eins in der Nacht überfallen. Was genau hat sie denn zu dem Zeitpunkt dort gemacht?«
Sie beobachtete ihn. Seine Finger trommelten gegen den übergroßen Becher, den er mit beiden Händen umfasst hielt.
Der Nagel seines rechten Zeigefingers war bis zum Bett abgenagt. Sie traute keinem Anwalt, der sich die Nägel abkaute und mehr Geld beim Friseur ließ als sie.
»Was sie dort getan hat, ist nicht wichtig.«
Genau diese Antwort hatte sie erwartet. Sie lehnte sich zurück, beide Hände um ihren Kaffeebecher gelegt, bereit zur Kraftprobe.
»Sie war also nah genug, um ihn zu identifizieren?«
»Sie war nah genug, um ihn zu identifizieren«, bestätigte Max Kramer und legte sein Sonntagsgrinsen auf.
»Warum hat sie sich dann nicht schon früher gemeldet?«
Er zuckte die Achseln, eine eingeübte Geste, die reichlich übertrieben wirkte. »Wer weiß? Also, haben wir einen Deal?«
»He, Grace.« Pakula stand plötzlich in der offenen Tür.
»Oh, tut mir Leid. Ich wusste nicht, dass Sie …« Er stutzte, als er Max Kramer erkannte, und fügte dann hinzu: »Dass Sie gerade einen Haufen Scheiße in Ihrem Büro haben.«
Grace musste ein Lächeln unterdrücken. Sie sah Kramer den Kopf schütteln. Dann rückte er sich in seinem Sessel so zurecht, dass er Pakula den Rücken zeigte. Detective Tommy Pakula war an Jared Barnetts Hauptverhandlung und auch an seinem Wiederaufnahmeverfahren beteiligt gewesen. Grace wusste, dass man ihm wohl die Zunge abschneiden musste, um ihn daran zu hindern, Kramer die Meinung zu sagen. Er lehnte sich mit verschränkten Armen in den Türrahmen und wartete auf ein Zeichen von ihr, ob er sie störte oder durch sein Auftauchen von diesem Mistkerl erlöste.
»Wir sind ohnehin gerade fertig«, erklärte sie und genoss Kramers verdutztes Gesicht. Verwundert zog der die Brauen hoch, offenbar ebenfalls eine einstudierte Gebärde.
Anscheinend beurteilte er die Situation ganz anders. »Lassen Sie mich die Einzelheiten wissen, und ich melde mich dann bei Ihnen.« Sie erhob sich – was nun ihrerseits eine gespielte Geste war – und schob ihren Sessel zurück, als habe sie eine Verabredung mit Pakula.
Max Kramer stand nur widerwillig auf. »Okay, ich rufe Sie dann heute Nachmittag an.«
Er blieb kurz vor der Tür stehen und wartete, dass Pakula ihm Platz machte. Grace warf dem Detective einen Blick zu, der bedeuten sollte: Ganz ruhig und höflich bleiben!
»Nehmen Sie es nicht persönlich«, sagte Kramer, als Pakula gerade so weit zur Seite trat, dass er sich an ihm vorbeiquetschen konnte.
Grace rollte mit den Augen. Warum hielt Kramer nicht einfach die Klappe und haute ab?
»Nee, wieso auch«, erwiderte Pakula. »Was sollte ich denn persönlich nehmen? Sie erzählen ja bloß Bill O'Reilly und der ganzen Scheißwelt da draußen, dass die Polizei von Omaha Jared Barnett reingelegt hat. Warum sollte ich das wohl persönlich nehmen?«
Kramer schüttelte den Kopf, als hätte er keine Zeit für solchen Unsinn. »Das ist nichts Persönliches.«
»Natürlich nicht«, stimmte Pakula zu. »Sollten Sie jemals in die Verlegenheit kommen, den Notruf 911 zu wählen, und die Polizei taucht nicht auf, dann ist das auch nichts Persönliches.«
Kramer schüttelte wieder den Kopf. In einer Tasche seines Jacketts klingelte es, und er zog sein Handy heraus. Er klappte es auf und machte sich auf den Weg den Flur hinunter, ohne auf den Gedanken zu kommen, er könne Grace eine Erklärung schulden. Hatte er nicht eben noch behauptet, er hätte sein Handy vergessen?
Pakula blieb im Türrahmen stehen und sah Kramer nach.
Grace wartete. Schließlich wandte er sich ihr zu und fragte:
»Haben Sie schon gefrühstückt?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Was halten Sie davon, wenn wir uns auf dem Weg zur Autopsie ein paar Egg McMuffins genehmigen?«
33. Kapitel
8.15 Uhr
Platte River State Park
Andrew spürte kaum noch etwas von den Schmerzen seines lädierten Schlüsselbeinknochens. Wer hätte gedacht, dass ein Streifschuss an der Stirn ein so wirksames Gegenmittel war?
Herrgott, tat das weh! Sein Kopf fühlte sich an, als sei die gesamte Stirnseite aufgeschürft und nur
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