Blutspur des Todes
Medienauftritte halfen ihm nur vorübergehend, das wusste er. Es würde nicht lange dauern, bis seine Kollegen wieder anfingen, sich über ihn lustig zu machen. Diese verdammten Bastarde.
Er hörte seine Anrufe ab. Ein halbes Dutzend Idioten wollten etwas von ihm. Nur dieser eine Idiot, mit dem er unbedingt sprechen musste, meldete sich nicht. Er sah auf die Uhr. Es wurde Zeit, sich eine neue Strategie zu überlegen. Das dürfte allerdings nicht allzu schwierig sein, denn wer wusste besser als ein Strafverteidiger, was die Cops wollten?
Max löschte die drei Anrufe seiner Frau, die hatte wissen wollen, wann er nach Hause käme und ob sie das Dinner warm halten solle. Er hasste ihre ständigen Versuche, sein Leben kontrollieren zu wollen, und ihre unterschwelligen Drohungen und Sticheleien stanken ihm gewaltig. Nach seinen Fernsehauftritten hatte er gehofft, sie und ihr Geld nicht mehr zu brauchen. Was hatte er sich da bloß eingebildet? Dass
Fox News
den Vertrag mit Greta Van Susteen kündigte und ihn anrief, damit er ihre Gerichts-Talkshow übernahm? Ach je.
Stattdessen hatte eine ganze Wagenladung Anfragen von Todeskandidaten aus dem ganzen Land, die alle von ihm vertreten werden wollten, sein Büro überflutet. Arschlöcher, die darum bettelten, dass er ihnen das Leben rettete, die aber nichts auf der Naht hatten, um ihn zu bezahlen. Verdammt.
Und ausgerechnet der Bastard, der ihm alles verdankte und tief in seiner Schuld stand, veranstaltete einen solchen Mist.
Er sah noch einmal auf die Uhr. Wenn sich der Scheißkerl doch endlich melden würde.
51. Kapitel
17.56 Uhr
Tommy Pakula blinzelte in die Sonne, beschattete die Augen mit der Hand und suchte die Sitzreihen ab. Er entdeckte Ciaire in der zweiten Reihe von oben. Sie winkte ihm und feuerte zugleich ihre Tochter an. Wie es aussah, hatte er das erste Viertel verpasst. Sein Team lag bereits mit einem Tor vorn.
Er stieg die Tribüne hinauf und bahnte sich einen Weg durch die Menge der jubelnden Eltern. Die meisten kannte er, doch da das Spiel bereits lief, grüßte man ihn nur mit einem Nicken. In diesem Jahr saß er zum ersten Mal auf den Zuschauerrängen, und er vermisste seinen bisherigen Platz in der Trainerecke am Spielfeldrand. Aber er war sich mit Ciaire einig gewesen, dass er kürzer treten musste, wenn er nicht ausbrennen wollte.
Er saß kaum, als sie auch schon belegte Brote und eine Pepsi aus ihrer abgewetzten Kühltasche holte. Sie reichte ihm die Cola und wickelte ein Sandwich aus, ohne das Spielfeld aus den Augen zu lassen. Der Geruch würziger Frikadellen, die Reste von gestern Abend, stieg ihm in die Nase, und von Mozzarella und scharfem Senf. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen.
»Wie macht sie sich?« fragte er, nachdem er eine Weile beobachtet hatte, wie ihre Achtjährige wieselflink über das Spielfeld flitzte. Jenna war ihre Jüngste.
»Der Rasen ist vom Regen gestern noch ziemlich feucht«, erwiderte Ciaire. »Sie ist schon ein paarmal aus-gerutscht. Oh, und sie hat diese Sache ausprobiert, die du ihr gezeigt hast.«
»Ja? Und hat es geklappt?«
»Der Ball ist über die Linie geflogen.«
»Sie hat eben einen kräftigen Schuss.« Er warf Ciaire einen Blick zu und machte sich über sein Sandwich her. Sie lächelte ihn an, und er wischte sich über den Mund, weil er vermutete, einen Senfschnurrbart zu haben. Doch sie verfolgte bereits wieder das Spiel, legte ihre Hand auf sein Knie und ließ sie dort.
Er musste an sein gestriges Gespräch mit Andrew denken und wie er versucht hatte, seinem Freund klar zu machen, was er alles versäumte. Ihrer Tochter an einem lauen Sommerabend beim Spiel zuzusehen, dabei ein leckeres Frikadellen-Sandwich zu verputzen und die Hand seiner Frau auf seinem Knie zu spüren – das war es, wofür es sich seiner Meinung nach zu leben lohnte.
Er wusste, dass es in Andrews Leben eine Beziehung und eine schmerzhafte Trennung gegeben hatte. Das war, bevor sie sich kennen gelernt hatten. Doch Trennungen gehörten nun mal dazu. Man kam darüber hinweg und musste eben einen neuen Partner finden. Andrew hingegen zog sich in sein Schneckenhaus zurück und schottete sich ab. Obwohl sie inzwischen gute Freunde geworden waren, war Andrew mit Informationen über sein Privatleben selbst heute noch äußerst zurückhaltend. Immerhin meinte Tommy verstanden zu haben, dass Andrews Vater anscheinend alles darangesetzt hatte, das Selbstwertgefühl seines Sohnes zu zerstören. Es war schon erstaunlich, in welchem
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