Blutspur des Todes
Ausmaß elterliche Neurosen die Verhaltensmuster ihrer Kinder prägten.
Ciaire sah ihn an, als hätte sie seine Gedanken erraten. »Du machst dir Sorgen um ihn«, stellte sie fest.
»Er ist einer solchen Situation nicht gewachsen.«
»Mein Gott, wer wäre das schon?«
»Ich hätte früher nach ihm sehen müssen. Als ich erfuhr, dass die Täter in Richtung des Parks geflüchtet sind, hätte ich rausfahren sollen.«
»Tommy.« Sie legte ihre Hand fester um sein Knie, als wolle sie ihren Worten Nachdruck verleihen. »Du kannst nicht ständig auf alles und jeden aufpassen.« Als sie sah, dass ihre Bemerkung ihn nicht tröstete, fügte sie hinzu: »Pass auf, es wird schon alles gut werden. Er wird es überstehen.«
Tommy musste schmunzeln. Das war typisch Ciaire. Selbst in den schwierigsten Situationen verlor sie nicht ihren Optimismus. Als er sich gerade wieder seinem Sandwich widmen wollte, begann sein Handy zu klingeln. Einige Zuschauer neben ihm drehten sich um und warfen ihm missbilligende Blicke zu, als habe er ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen.
»Pakula«, meldete er sich und drehte sich vom Spielfeld weg. Ciaire nahm ihm die Cola und das Sandwich ab, damit er die Hände frei hatte.
»Detective Thomas Pakula?«
»Ja. Wer …« Er wurde von Jubelrufen und Applaus unterbrochen. »Entschuldigen Sie, ich bin hier gerade bei einem Fußballspiel. Mit wem spreche ich?«
»Grant Dawes. Ich bin der Sheriff von Nemaha County. In Ihrem Büro sagte man mir, ich solle mich mit Ihnen in Verbindung setzen.«
»Um was geht es denn?« Pakula sagte der Name nichts, aber die umständliche Art des Sheriffs ließ ihn ungeduldig werden. Warum sagte er nicht einfach, worum es ging?
Plötzlich erschollen Anfeuerungsrufe, und aus den Augenwinkeln sah er, wie die Spielerinnen seiner Mannschaft die gegnerische Abwehr durchbrachen. Musste der Kerl ausgerechnet jetzt anrufen? Er wollte auf keinen Fall noch ein Tor versäumen.
»Wir haben …« Die weiteren Worte des Sheriffs gingen im Jubel der Menge unter.
»Entschuldigen Sie, ich habe Sie eben nicht verstanden.«
»Wir haben einen roten Saab mit dem Kennzeichen A WHIM gefunden.«
Pakula erstarrte. Da der Lärmpegel nicht nachließ, machte er Ciaire ein Handzeichen, dass er nichts verstehen könne, stand auf und hastete durch die Bankreihen nach unten.
»Sind Sie noch da?« fragte er, als er den Parkplatz erreichte, wo der Lärmpegel endlich niedriger wurde.
»Ja, ich bin noch hier.«
»Sie sagten, Sie haben den Wagen gefunden?«
»Ja. Er steht in der Garage eines Farmers. Die Flüchtigen haben ihn gegen dessen Chevy eingetauscht. Aber vorher haben Sie dem Farmer noch die Kehle durchgeschnitten.«
»Verdammt!«
»Das ist noch nicht alles.«
Pakula lehnte sich kraftlos gegen seinen Explorer und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Hatten sie etwa auch Andrew mit durchschnittener Kehle zurückgelassen?
»Am Highway bei Auburn haben wir in einer Tankstelle eine tote Verkäuferin gefunden. Jemand hat ihr direkt ins Gesicht geschossen. Der Schuss hat ihr den halben Kiefer weggerissen.«
Es dauerte einen Moment, bis Pakula sich wieder gefasst hatte. »Noch weitere Opfer?«
»Reicht das nicht?«
Er seufzte erleichtert auf, fuhr sich mit der Hand über die Glatze und schämte sich fast, dass er einzig an seinen Freund dachte. »Wie lange ist es her, dass Sie die Leichen entdeckt haben? Ich möchte unsere Kriminaltechniker so schnell wie möglich dorthin schicken.«
»Ich hatte gehofft, dass Sie das vorschlagen. Meine Leute haben beide Tatorte abgesperrt, aber für die Untersuchung von zwei Mordfällen verfüge ich nicht über ausreichende Möglichkeiten.«
»Erreiche ich Sie unter dieser Nummer?« fragte Pakula nach einem Blick auf das Display seines Handys.
»Ja, Sie erreichen mich hier.«
»Ich rufe Sie in ein paar Minuten zurück. Sie haben nicht zufällig das Kennzeichen des Chevy?«
»Noch nicht. Die Frau des Farmers steht unter Schock. Ich lasse die Nummer gerade feststellen. Wenn Sie zurückrufen, kann ich Sie Ihnen hoffentlich geben.«
»Gut. Bleiben Sie, wo Sie sind.« Pakula beendete das Gespräch und drückte eine Kurzwahltaste. Während er wartete, dass sich jemand meldete, dachte er daran, was Ciaire eben noch gesagt hatte: Es wird schon alles gut werden. Er wird es überstehen.
52. Kapitel
20.20 Uhr
Dann soll sie eben, wenn sie es unbedingt so will, dachte Grace und holte frische Bettwäsche für das Gästezimmer aus dem Schrank. Sie hatte
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