Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutspur

Blutspur

Titel: Blutspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Jones
Vom Netzwerk:
gewesen sein.
      „ Ich wäre sowieso wegen ein paar geschäftlichen Dingen in der Stadt gewesen. Ich will dir helfen“, sagte Samuel entschlossen.
      „ Das ist viel zu gefährlich“, wehrte ich ab und schritt langsam durch den Raum.  
      „ Nimm's mir nicht übel, aber du bist ein Mensch. Ich müsste dann auch noch auf dich aufpassen. Bis du eintriffst, werde ich mir etwas überlegen und ein paar Ratten in der Kanalisation aufscheuchen.“
      Samuel zögerte.
      „ In Ordnung, ich melde mich wieder, Brandon.“
      „ Du meinst, wir melden uns“, rief Claire im Hintergrund.
      Ihre Stimme brach, ich hörte sie leise schluchzen.
      „ Bringst du uns unser Mädchen zurück?“, fragte Samuel mich eindringlich.
      Ich wusste, wohin mich mein Weg führen würde, auch wenn er mir nicht gefiel. Doch für Virginia war es das wert. Diese Kreaturen waren zu allem fähig, und ich würde mich dem stellen. Welche Wahl hatte ich? Ich atmete tief durch und schloss kurz die Augen.
      „ Und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Ich werde sie euch zurückbringen.“
     
    Ich ließ mich auf mein Bett fallen. Ich würde bis zum Abend warten müssen, denn erst dann lohnte es sich, in den Drecklöchern der Stadt herumzuwühlen und ahnte auch schon, wohin ich gehen musste, um Staub aufzuwirbeln. Der Schwarzmarkt würde dann seine Tore öffnen, und ich musste herausfinden, wo er sich befand. Blood legte sich zu mir, den Kopf auf meinen Schenkel gebettet. Ich gab ihm ein paar Streicheleinheiten, die er mit einem zufriedenen Brummen beantwortete. Er musste gut untergebracht sein, denn ich wusste nicht, wie lange ich weg sein würde.
     
    Langsam schweiften meine Gedanken ab. Ich sah mich zu wiederholten Male in unserer Arbeitersiedlung nach etwas Essbarem suchen, die Stimme meiner Mutter in den Ohren, so klar und verzweifelt, als würde sie noch leben und hätte gerade eben zu mir gesprochen. Und ich war noch kein Vampir, sondern ein Kind voller Träume und in der bittersten Realität lebend.
      „ Ich weiß nicht, was wir noch tun können, Joshua. So schlimm war es noch nie. Wie soll es nur weitergehen?“
      Ihre warmen grauen Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, während sie gebrochen und völlig entmutigt den Blick meines Vaters gesucht hatte. Er hatte sich gerade daran gemacht, neue Holzfiguren zu schnitzen, die er jede Woche auf dem Markt anbot. Er versuchte ein Lächeln auf sein schmales Gesicht zu bringen, jedoch wandte er sich sofort wieder dem Schnitzen des Pferdes zu, um es an die Kinder der reichen und gut betuchten Familien für ein paar Cent zu verkaufen.
      Es machte mich wütend, zu sehen, wie er sein Talent unter so viel Wert verkaufte, jedoch hatten die Armen, so wie überall, nichts zu melden. Wir konnten den Preis nicht bestimmen und froh sein, uns dafür wenigstens etwas Brot zu kaufen. Das Holz beschaffte er sich illegal, und wenn dies nicht klappte, suchte er es sich in irgendwelchen verfallenen Häusern, was ihm schon zwei Mal in eine Situation gebracht hatte, die meine Mutter ihn anflehen ließ, die Abstecher in die noch mehr heruntergekommenen Gegenden zu unterlassen.
      Einmal war er mit einem Messer angegriffen worden, weil er einen Mann gestört hatte, dem das Haus als Unterschlupf diente. Er trug eine Bauchwunde davon, die der Veterinär behandelte und nähte. Er war der einzige Arzt, den wir aufsuchen konnten und den meine Familie kannte. Ein anderes Mal war er in eine Schlägerei geraten. Hier kam er nur mit leichten Verletzungen davon.
      Patricia, meine Mutter, war außer sich gewesen und fast zusammengebrochen. Wenn wir unseren Vater verloren hätten, was wäre dann aus uns Kindern geworden? Mein Bruder Elias war nicht so zäh wie ich. Er wurde oft krank und der Lohn, den Vater in der Fabrik verdiente, stand in keiner Relation zu seiner Arbeitskraft. Jeden Abend kam er schweißgebadet und schmutzig nach Hause. Das Wasser vermochte den Dreck mit viel Seife und einer harten Bürste wegzuwaschen, jedoch nicht seine Wut und die Scham, die er jeden Tag empfand. Denn mir ging es genau so. Ich säuberte Höfe und kümmerte mich um die Gärten der Wohlhabenden der Stadt, putzte am Bahnhof mit Elias die weichen Lederschuhe der Männer und erledigte wichtige Botengänge, die am meisten Geld brachten, weil bei diesem Job die Trinkgelder locker saßen.
      Ich war nie zur Schule gegangen, meine Mutter hatte mir Lesen und Schreiben beigebracht, und dass sie diese ganz normalen Dinge

Weitere Kostenlose Bücher