Blutspur
schleierhaft, Theo.“
„ Hast du etwas von der Prinzessin? Etwas Persönliches? So könnte ich versuchen, Kontakt aufzunehmen.“
Ich wollte mir zu meiner eigenen Blödheit gratulieren, als mir das Tuch in meiner Hosentasche einfiel. Ich zog es heraus und gab es Theodora in ihre schmalen Finger. Sie schnupperte daran.
„ Riecht gut“, sagte sie anerkennend. „Du liebst sie, das sehe ich auch ohne meine Kristallkugel. Man riecht es zehn Meilen gegen den Wind.“
„ Du und deine Sprüche“, grinste ich.
„ Habe ich recht, Brandon? Was würdest du bereit sein, für sie zu tun?“
„ Alles“, sagte ich, ohne zu zögern. „ Sie haben mich gefragt, ob ich mich ihnen wieder anschließen will. Ich soll dafür etwas tun, um meine Loyalität zu beweisen.“
Erschrocken blickte sie mich an. Ich spürte, wie die Erinnerungen in ihr aufstiegen, während sie eine Gefangene der Dunklen war. Mich dem auszusetzen, grenzte für sie an Wahnsinn.
„ Du scheinst immer noch der Hitzkopf zu sein, nichts hat sich geändert“, sagte sie ärgerlich, „du sollst sicher jemanden ausliefern oder töten. Sie werden das Mädchen trotzdem verwandeln, daran wird sich nichts ändern. Du bist solch ein Narr!“
„ Aber ich kann versuchen, sie zu retten. Ich weiß dann, wo sie sich aufhalten, wo die Zentrale ist!“
„ Und wie willst du Hilfe holen? Du wirst von Kopf bis Fuß gefilzt und sie werden dir keine Möglichkeit geben, nach außen Kontakt aufzunehmen. Die Prinzessin wird ihnen dienen und du wirst tot sein. Tragisch, sehr tragisch. Könnte aus einem Shakespeare-Stück entstammen.“
Jetzt wurde Theodora theatralisch. Bevor sie sich dem Tuch widmete, nahm sie meine Hand in ihre. Sie war kalt und mir kam es vor, als würde ich jeden einzelnen Knochen fühlen.
„ Vielleicht kann ich etwas erkennen“, seufzte sie und hielt meine Hand ein Stück weit zu einer brennenden Kerze. „Du weißt noch, dass du dich von allem frei machen musst. Von deiner Wut, deinen Ängsten, deinem Denken, dann haben wir bessere Voraussetzungen.“
Sie glitt mit ihrem Finger an den Linien der Innenfläche meiner Hand auf und ab, dann schloss sie konzentriert die Augen. Wärme durchflutete mich und wie jedes Mal war ich erneut fasziniert. Sie hatte mir schon vor langer Zeit geholfen mit ihren seherischen Fähigkeiten wieder zurück zu mir selbst zu finden, jedenfalls teilweise, was für mich schon ein gewaltiger Fortschritt war, doch nun ging es um ein viel wertvolleres Leben.
Mein Körper wurde schwerer, ich ließ sie in meinen Geist eindringen und gewährte ihr intime Einblicke in mein Seelenleben. Beinahe erschöpft öffnete Theodora wenig später ihre Augen und lächelte mich an.
„ Du hast dich doch verändert, Brandon, es tut mir sehr leid, dass ich vorhin zu schnell geurteilt habe.“
Dann schaute sie wieder aufmerksam auf meine Hand. Ihr Blick driftete ab, bestürzt sah sie mich an.
„ Was ist?“, fragte ich alarmiert. „Was hast du gesehen?“
Lärm drang in das Zelt, bewegte sich näher auf uns zu, verdeckte das Dröhnen des Regens.
„ Ich habe ...“, begann sie, als ich die Gefahr witterte.
Ich sprang auf und wollte mich dematerialisieren, doch da durchzuckte mich schon ein heftiger Schmerz. Man hatte mir einen Stromstoß verpasst! Ich lag auf dem Boden und krümmte mich, unfähig, etwas zu sagen oder gar zu denken.
„ Brandon, tue es nicht“, hörte ich Theodora verzweifelt in mein Ohr flüstern und war fast weggetreten, während eine dunkle Männerstimme laut auflachte.
„ 5000 Volt hätten mir nicht die Beine weggeknickt. Was für eine Memme!“
Dann wurde ich ohnmächtig, was einen Vampir nicht sehr oft widerfuhr.
Verdammter Mist!
Brummschädel war die Wortkombination, die mir durch den Kopf ging, als ich langsam wieder zu mir kam. So wurde ich noch nie ausgeknockt. Ich lag auf etwas Weichem; es fühlte sich nach einem Teppich an. Zögernd öffnete ich meine Augen und fand mich im Besprechungsraum des Rates wieder. Konnte der heutige Tag noch schlimmer werden? Dieser Mistkerl in Theodoras Zelt hatte mir 5000 Volt verpasst, es war ein Wunder, dass meine Haare nicht in alle Richtungen standen und ich qualmend auf dem Perser gelegen hatte. Allmählich rappelte ich mich auf und spürte die Anwesenheit von Darius. Sein Geruch war unverwechselbar.
Und wieder alles auf Anfang.
„ Rausch ausgeschlafen?“
Darius
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