Blutspur
Zeichen bekamen, dass die Bombe erfolgreich hochgegangen war, kamen die Sturmtruppen zum Zuge. Ziemlich erfolgreich, wie du feststellen wirst. Pierre und Sebastian waren ungehalten, weil sie nicht eingeweiht waren, aber wir hatten keine Wahl. Hörst du überhaupt zu?“
Rafael berührte sanft meinen Arm. „Sie wird es schaffen. Sie ist stärker als du denkst, glaub mir.“
Der Arzt spritzte Virginia ein Mittel, das ihren Kreislauf wieder stabilisieren sollte. Er öffnete ihre Augen und schaute sich die Einstichspuren am Arm an. Dazu entfernte er die Pflaster und entnahm ihr eine Blutprobe. Sie schien nicht einmal zu merken, wie ihr die Nadel in das Fleisch fuhr.
„ Sie wird durchkommen“, sagte er dann und drehte sich zu uns um. „Eine schwere Betäubung liegt vor. Außerdem vermute ich, dass ihr nicht nur Blut entnommen, sondern, dass ihr etwas verabreicht wurde. Ihr Augen sind blutunterlaufen, die Haut trüb. Vermutlich ein Mittel, das prüfen sollte, ob man die Verwandlung mit Gewalt herbeiführen kann. Ich werde die Probe gleich untersuchen lassen.“ Er zeigte auf die Phiole. „Sie muss zunächst schlafen und dann etwas zu sich nehmen, außerdem sollte die Prinzessin unter ständiger Beobachtung stehen, bis ich weiß, was sie ihr eingeflößt oder appliziert haben.“
Rafael nickte. „Danke, und bitte beeilen Sie sich.“
„ Danke, Doktor“, sagte ich vorerst erleichtert und schüttelte ihm die Hand.
Der Arzt stieg aus der Limousine.
„ Wir müssen schleunigst hier weg. Die Detonation hat die Polizei auf den Plan gerufen. Die Menschen kennen den Eingang zu den Katakomben nicht, doch wir werden ihn vorsorglich schließen.“
Der Wagen setzte sich in Bewegung und fuhr langsam auf die angrenzende Hauptstraße. Ich setzte mich zu Virginia hinüber und bettete ihren Kopf auf meinem Schoß.
„ Ich habe dir noch etwas Wichtiges vergessen zu sagen, Rafael.“
Abwartend sah er mich an.
„ Der Dunkle, der mich aufgesucht hatte, konnte sich in Rauch verwandeln. Und dies hier scheint eine ganz neue Erfindung zu sein.“
Ich nahm den Revolver aus meiner Manteltasche und gab ihm die Waffe.
„ 30 Schuss, beim Treffen zersetzt sich der Körper sofort. Ich vermute mal, dass es bei uns Reinen auch der Fall wäre. Eigentlich kann man unsere Körper nicht einfach so verschwinden lassen, ich habe aber das Gefühl, dass dieses Ding es kann.“
Er besah sich den Revolver genau.
„ Ich werde ihn untersuchen lassen“, versprach Rafael und steckte ihn ein. „Wie aber können sie sich in Rauch auflösen? Der Fluch der Hexe war immer zu stark.“
Ich rief mir Fredericks Worte in Erinnerung.
„ Frederick sagte, dass sie den Fluch nicht gebrochen haben, sondern umgangen. Was immer da auch heißen mag.“
„Dass er noch am Leben ist … Darius war auch völlig überrascht“, sagte Rafael nachdenklich.
„ Vermisst er seinen Kopf?“ Ich musste unwillkürlich grinsen.
„ Nicht mehr als sonst auch“, lachte Rafael und beobachtete Virginias Gesicht.
„ Sie atmet nun gleichmäßig“, sagte er.
„ Ja, sie schläft.“ Ich strich sanft mit meinem Finger über ihre kalte Wange.
Auch wenn ich in diesen Minuten Erleichterung spürte, so mischte sich darunter die Furcht, dass die Dunklen ihr etwas gegeben hatten, das sie zu einem Geschöpf machen würde, das weder Gnade noch Barmherzigkeit kannte. Wir mussten abwarten, ob dem so sein würde.
So viel war geschehen, doch eines konnte ich mir nicht vorwerfen: Ich hatte Darius nicht enthauptet, sondern ihn überreden können, einen Ersatz zu finden, um seinen Tod vorzutäuschen. Ich hatte Rafael einbezogen, denn Sebastian war nach der Beerdigung auf der Suche nach neuen Bündnissen und Pierre in eigenen Angelegenheiten unterwegs gewesen. Ich vertraute Rafael alles an und nahm somit die Chance war, das einzig Richtige getan zu haben. Darius war nicht der Verräter; er hätte sogar für Virginia den Tod in Kauf genommen. Immer noch war Vorsicht geboten, mehr als jemals zuvor. Irgendetwas stimmte nicht.
„ Es war zu einfach“, sagte ich.
„ Wie meinst du das?“
„ Die Befreiungsaktion war zu einfach. Das gefällt mir ganz und gar nicht.“
Rafael schwieg und blickte nachdenklich aus dem Fenster.
Ich küsste Virginias Stirn, legte meine Lippen kaum vernehmbar auf ihre Haut und wünschte mir vom ganzen Herzen, dass sie die blieb, die sie
Weitere Kostenlose Bücher