Blutspur
Impfstoff hatte ganze Arbeit geleistet.
„ Es fühlt sich wahnsinnig gut an“, schwärmte ich und zwinkerte Brandon zu, der keine Miene verzog. Ich hatte den Rat noch nie so erstarrt und fassungslos erlebt.
„ Der Krieg kam genau richtig. Vater war mittendrin und kämpfte für die Reinen, er verriet nicht sein Volk, sondern bestrafte nur die, die es verdienten. Er lockte die beiden in einen Hinterhalt, nur das Baby bekam er nicht, du warst leider schneller.“
Mit funkelnden Augen betrachtete er Rafael, der ihm die Stirn bot.
„ Aber dann hat er trotzdem sein Volk verraten“, sagte Rafael, „er hat unsere Königin getötet. Und Virginias Mutter.“
Während er die letzten Worte aussprach, schaute mich Rafael an.
Was hatte er eben gesagt? Lana, meine Mutter war hinterrücks getötet worden, Sebastians Vater hatte es aus Eifersucht getan. Warum interessierte mich das nicht? Ich versuchte ein Gefühl zu finden, das einer normalen Regung gleichkam: Trauer, Wut, Unverständnis. Aber da war nichts, nur der sterile Raum, sechs lauernde Vampire und ich, die endlich den Geschmack der Freiheit kosten wollte. Doch auch bei den Dunklen würde ich nicht frei sein.
„ Deswegen wollte der Informant auch nicht, dass man Pierre und Sebastian in den Plan einweihte, er ahnte etwas“, sinnierte Rafael, und langsam setzte sich alles zusammen.
„ Wenn ich davon gewusst hätte, wäre ich sofort in die Katakomben gestürmt, um euch aufzuhalten“, sagte Sebastian vorwurfsvoll. Er hielt kurz inne, dann schwenkte er wieder in die Vergangenheit.
„ Vater brachte sich damals um. Man dachte, er sei im Krieg gefallen. Wenn es nach mir ging, wärst du keine Dunkle geworden, ich hätte dich Bastard gern getötet, aber ich durfte es nicht. Stattdessen soll ich dich unversehrt zu Frederick bringen.“
„ Wie hast du mich gerade genannt?“, rief ich drohend.
Bastard? Diese feige Ratte operierte die ganze Zeit im Untergrund und nannte mich einen Bastard.
„ Du hättest schon lange beseitigt sein müssen, aber auf mich hört niemand“, redete er einfach weiter. „In den Katakomben konnte ich zu meinem Leidwesen nicht eingreifen, sonst hätte ich es getan. Man verbot mir, zu dir zu gehen. Ich war nicht unterwegs, um neue Bündnisse zu knüpfen, sondern ganz woanders.“
Er lachte hämisch.
„ Wie kannst du nur so existieren? Virginia kann nichts dafür, dass sich ihre Eltern verliebt haben, und auch die beiden konnten es nicht ändern. So etwas geschieht einfach, sogar jeden Tag, man ist machtlos dagegen“, versuchte Darius Sebastian zu beschwichtigen.
Er machte einen Schritt auf Sebastian zu, der ihn sofort anschrie, dass er stehen bleiben sollte.
„ In Ordnung, ich gehe nicht weiter. Weißt du, was das Traurige an all dem ist? Wir haben dir vertraut, die ganzen Jahre, und ich habe sogar anonym bei Claire und Samuel angerufen, damit Virginia hierher gebracht wurde. Und dabei habe ich dir nur in die Hände gespielt.“
„ Du warst das?“, fragte ich entgeistert.
Darius bestätigte es mit einem Kopfnicken. „Ich wollte dich in Sicherheit wissen.“
Nervös schluckte ich meine Dankbarkeit hinunter; sie war ganz und gar nicht angebracht.
„ Dann hast du uns die beiden Dunklen im Motel auf den Hals gehetzt“, sinnierte Brandon, „die Nummer war nur dem Rat bekannt.“
Sebastians irrer Blick heftete sich auf Brandons Gesicht. „Und ich habe die Entführung eingefädelt. Kameras aus, Wachen getötet, Fahrstuhl manipuliert. Es war alles so einfach, geradezu absurd.“ Er lachte aus vollem Halse und konnte gar nicht mehr aufhören. Er fing sich wieder, ließ den Blick zum Fenster schweifen. „Die Dunklen gaben mir Halt, sie werden mich zu einem der Anführer der Truppen machen, hier habe ich nichts mehr verloren.“
Er nickte mir zu, dass ich ihm folgen sollte. Ich überlegte nicht lange, auch wenn ich einen Widerstand in mir spürte, der sich aufbäumte.
Die Tür schwang auf und die beiden Laborangestellten kamen herein. Sebastian war kurz abgelenkt. Es war eine Millisekunde, in der sich Brandon auflöste und neben Sebastian wieder auftauchte. Er schlug ihm die Waffe aus der Hand und versetzte ihm einen gut platzierten Kinnhaken. Die vier Wachen stürmten herein. Das war meine Chance! Ich wollte gerade zum Angriff übergehen, da kam Darius auf mich zu. Er sah mich eindringlich an.
„ Tut mir leid, mein Mädchen.“
Rafael, Pierre und
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