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Blutspuren

Blutspuren

Titel: Blutspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Girod
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wenig Zeit für ihre Kinder ließen, hatte der Rat der Gemeinde bereits ein kritisches Auge auf sie gerichtet.
    Ende November 1966. Frau Schäfer bittet ihren Kollegen Heinz Klausdorf nach Schichtschluß zu sich nach Hause. Grund: Ihre beinahe antiquierte Waschmaschine streikt, und da er doch ein Hansdampf in Fragen elektrischer Geräte sei, bitte sie ihn um Diagnose und Reparatur. Klausdorf fühlt sich geschmeichelt und sagt zu. Länger als eine Stunde bemüht er sich um das begehrte Stück. Mit Erfolg. Unterdessen buhlt die liebeshungrige Frau Schäfer mit Schnaps und Körpereinsatz unverblümt um seine Gunst. Ebenfalls mit Erfolg. Während die Waschmaschine dann wieder auf vollen Touren läuft, darf sich Heinz lustvoll dem Liebesverlangen seiner Kollegin hingeben. Frau Elisabeth ist hingerissen, lobt seine Qualitäten, erwartet begierig das nächste Treffen. Und der eitle Mann sagt zu. So wird der Abend zum Ausgangspunkt für weitere heimliche Verabredungen.
    Von nun an nutzt Frau Schäfer jede Gelegenheit, um mit dem neuen Geliebten zusammen zu sein. Fortwährend lädt sie ihn zu sich nach Hause ein. Heinz Klausdorf muß immer neue Ausreden erfinden, um seiner Frau die Abwesenheit zu begründen. Noch gelingt ihm das. Mit schier unerschöpflichem Variantenreichtum fordert Elisabeth Schäfer seine sexuelle Leistungsfähigkeit heraus.
    Bei schönem Wetter suchen sich die beiden ein lauschiges Plätzchen im Freien. Manchmal finden die Liebesspiele auch im schmutzigen Ambiente des Steinkohlenwerks statt. Das liebestolle Weib ergreift immer mehr Besitz von ihm. Heinz Klausdorf spürt dies, befürchtet mit der Zeit, sich ihr völlig auszuliefern und seine Ehe aufs Spiel zu setzen, wenn er das Verhältnis fortsetzt. Die ersten inneren Kräfte regen sich gegen die nymphomanische Gier der Geliebten. Doch noch wagt er nicht, seinen geheimen Wunsch zu artikulieren und ihr den Laufpaß zu geben.
    Als er im März 1967 einmal ziemlich lustlos ihrem Liebesverlangen nachgekommen ist, nutzt er die Gelegenheit ihrer sexuellen Entspannung und macht eine vorsichtige Andeutung, sich von ihr trennen zu wollen. Ihre Reaktion darauf ist heftig: Wüste Beschimpfungen prasseln auf ihn nieder. Diese lassen ihn gleichgültig. Aber sie droht energisch: »So nicht! Wenn du mich sitzenläßt, erfährt deine Frau von uns!«
    Dieser Satz erschüttert ihn bis ins Mark: Nur das nicht, Anita darf nichts erfahren, ist sein einziger Gedanke. Kleinlaut wiegelt er ab: »Ist ja gut, es war nicht so gemeint!«
    Dann zwingt er sich zu Zärtlichkeiten, die Frau Schäfer wieder versöhnlich stimmen. Weitere intime Treffen finden statt. Klausdorf wagt nicht, das Thema Trennung nochmals anzusprechen. In seinem Innern jedoch sucht er nach einem Weg, sich aus der Zwickmühle zu befreien. Er nimmt ein paar Tage Urlaub, will angeblich die Wohnung renovieren. Also, in dieser Zeit keine Verabredung mit Elisabeth Schäfer. Jedoch verspricht er, sich am letzten Urlaubstag nach Schichtschluß mit ihr zu treffen – wie immer hinter dem Telefonhäuschen vor dem Werktor.
    Klausdorf benötigt ein paar Tage der Selbstbesinnung. Außerdem will er sich intensiver seiner Familie widmen. Seine Frau Anita ist zufrieden. Fest steht, er muß sich aus den Fängen der liebestollen Frau Schäfer befreien. Also, wenn er sie von der Schicht abholen wird, will er ihr klipp und klar sagen, daß die Beziehung beendet ist. Doch bis dahin plagen ihn nervöse Leibschmerzen und er wird sich bewußt, welche Furcht ihm die resolute und unersättliche Frau Schäfer einflößt.
    Freitag, der 14. April 1967, ein Frühlingstag wie aus dem Bilderbuch. Heute geht Heinz Klausdorfs Urlaub zu Ende. Die Galgenfrist ist verstrichen. Jetzt muß Elisabeth Schäfer die Wahrheit erfahren. Er weiß, um 14.00 Uhr endet ihre Schicht. Da seine Frau Anita bereits bemerkt hat, daß er sich seit einigen Tagen nicht wohl fühlt, fällt es ihm nicht schwer, seine Abwesenheit mit einem Arztbesuch in Zwickau zu begründen. Wenig später wartet er wie vereinbart hinter dem Telefonhäuschen am Haupttor des Steinkohlenwerkes. Seine Nerven sind ziemlich angespannt. Noch herrscht Ruhe vor dem Tor. Die Kumpel der neuen Schicht sind längst in den Umkleideräumen. Nur das ferne Zischen, Prusten und Stampfen der Maschinen, Öfen und Aggregate ist zu hören. Punkt 14.00 Uhr kündigt das Aufheulen der Sirene den Schichtwechsel an. Minuten später verlassen Hunderte von Männern und Frauen der Frühschicht das Steinkohlenwerk,

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