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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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sollte.
    »Der Nachbar hat den Zettel vor die Tür gelegt«, erklärte sie
schließlich, »Per Mörner, du weißt schon. Seine Tochter hatte ihren Glücksstein
verloren, und ich habe ihm geholfen, ihn wiederzufinden.«
    »Aha? Und wo lag er? Der Stein?«
    »Draußen vor ihrem Häuschen«, log Vendela, ihre Augenlider
flatterten. Es war eine Notlüge, denn sie konnte ihm unmöglich erzählen, dass
sie die Elfen um Hilfe gebeten hatte.
    »Du hast dich also mit dem Nachbarn getroffen, ja?«, sagte Max mit
einem gefährlichen Unterton. »War es deshalb so schwer, dich zu Hause zu
erreichen?«
    Vendela blinzelte, sagte aber nichts. Was sollte sie darauf
erwidern?
    Max bohrte weiter:
    »Was hast du mit diesem Per denn so gemacht, wenn ihr euch getroffen
habt?«
    »Nichts ... nicht viel«, stotterte Vendela herum. »Aber er bewegt sich
auch so gern wie ich, und wir waren zusammen joggen. Die Küste hinunter.«
    »Ach, sieh mal einer an«, sagte Max langsam und leise. »Ihr habt
euch also zusammen bewegt!«
    »Ganz genau!«
    Sie biss die Zähne aufeinander, um nicht aus Nervosität zu lachen.
    45
    J erry
wurde in dasselbe Krankenhaus gebracht, in dem auch seine Enkeltochter Nilla
lag, nur auf eine andere Abteilung. Per verbrachte das gesamte Wochenende
damit, zwischen dem Zimmer seines Vaters und dem seiner Tochter hin- und herzuwechseln,
um an ihren Betten zu sitzen und zu wachen.
    Diese Wanderungen fielen ihm schwer – jedes Mal lief er an der
Entbindungsstation vorbei, wo werdende oder frischgebackene Eltern ein und aus gingen.
Wenn sich die Tür öffnete, drangen die hellen Stimmen und fröhlichen Rufe von
Kleinkindern heraus, die gerade Schwester oder Bruder geworden waren, und
mischten sich mit dem Schreien der Neugeborenen.
    Per lief so schnell wie möglich vorbei.
    In Nillas Abteilung war es dagegen unerträglich leise. Die
Krankenschwestern liefen geräuschlos durch die Gänge und sprachen mit
gedämpften Stimmen miteinander.
    Bevor sich Stenhammar ins Wochenende verabschiedet hatte, hatte er
Marika und Per einen Termin für die Operation genannt: um zehn Uhr am Morgen
des 1 . Mai.
Das war eine sehr optimistische Aussage, denn bisher hatte noch kein Gefäßchirurg
seine Bereitschaft zu diesem Eingriff angezeigt.
    Noch fast zwei
Wochen , sagte sich Per. Viel Zeit .
    Die Jalousien in ihrem Raum waren zugezogen. Nilla lag im Bett, in
der Hand den Lavastein, in den Ohren die Kopfhörer.
    Er setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. Sie unterhielten sich
leise.
    »Sie sagen, dass sie schon noch jemanden finden werden«, erzählte
sie. »Dann stimmt das wohl auch.«
    »Natürlich«, nickte Per. »Und es wird alles gut gehen ... Du kannst
bald wieder nach Hause.«
    Sein Lächeln fühlte sich verkrampft an, aber er hoffte, dass sie ihm
das nicht ansah.
    »Ich muss jetzt wieder rüber zu Opa.«
    »Grüß ihn von mir.«
    Sie hatte viel mehr Verständnis als ihre Mutter. Seit Per mitten im
Gespräch das Handy ausgeschaltet hatte, sprach Marika kaum mehr ein Wort mit
ihm. Sie waren sich am Samstag im Gang begegnet, an der Tür zu Nillas Zimmer,
und sie hatte ihn nur eines kurzen Blickes gewürdigt.
    »Tut mir leid, das mit Gerhard«, sagte sie im Vorbeigehen. »Hoffe,
es wird wieder alles gut.«
    Hoffst du das
wirklich? , fragte sich Per hinter ihrem Rücken und schämte sich
eine Sekunde später für diesen Gedanken.
    Jerry wachte nicht auf.
    Er lag in einem kleinen Zimmer, und auch bei ihm war die Jalousie
heruntergelassen, was die Sonnenstrahlen zu winzigen glühenden Punkten werden
ließ. Samstag und Sonntag verbrachte Per lange Stunden im Dämmerlicht an seinem
Bett, ohne dass viel geschah. Die Krankenschwestern kamen, wechselten seine
Infusionen, überprüften alles, tätschelten dann seine Hand und gingen wieder.
    Jerry war Freitagabend geröntgt und gegipst worden, seine gesamte
rechte Seite war bandagiert, Arm und Bein lagen im Gips, das Gesicht war zur
Hälfte mit Verbänden bedeckt. Aber Per wusste, dass sein Gehirn die schlimmsten
Verletzungen davongetragen hatte.
    Zuerst war er von der Notaufnahme direkt auf die Intensivstation
gebracht worden, von der er nach einiger Zeit in ein Einzelzimmer auf einer
Pflegestation verlegt wurde. Es hätte optimistisch stimmen können, bedeutete
aber genau das Gegenteil – wie Per von einer Krankenschwester mitgeteilt bekam.
    »Hoffen Sie nicht auf ein Wunder«, sagte sie nüchtern.
    Man hatte Jerry auf ein Einzelzimmer verlegt, weil die Ärzte nichts
mehr tun konnten. Dort lag

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