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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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hinter
ihm. Er hielt nicht an, im Gegenteil, er beschleunigte erneut.
    Jerry flog wie eine Stoffpuppe durch die Luft. Der Kühler des Wagens
riss ihm die Beine weg und schleuderte ihn hoch. Per wurde Zeuge, wie sein
Vater auf die Motorhaube prallte, dann wie ein undeutlicher Schatten mit
ausgestreckten Armen und flatterndem Mantel übers Auto flog und schließlich auf
dem Boden aufschlug.
    »Jerry!«
    Der rote Wagen hatte nach der Kollision seine Geschwindigkeit gedrosselt,
Per registrierte, dass die Windschutzscheibe einen Sprung hatte.
    Er ließ seinen Saab an Ort und Stelle mit aufgerissener Tür stehen
und stürzte die Böschung hinauf. Immer wieder rutschte er auf dem feuchten Gras
aus.
    Jerry hob den Kopf, er blutete, schien aber bei Bewusstsein zu sein.
Dann ließ er den Kopf jedoch wieder auf den Asphalt sinken.
    Der rote Wagen hielt in etwa zehn oder zwölf Meter Entfernung auf
dem Seitenstreifen, und der Fahrer drehte sich nach hinten zu Jerry um – bevor
er Gas gab und davonbrauste.
    Er beging Fahrerflucht.
    Per glitt auf dem nassen Untergrund aus, kämpfte sich verbissen die
Böschung hinauf und wühlte gleichzeitig in der Jackentasche nach seinem Handy –
da fiel ihm ein, dass er es im Auto liegen gelassen hatte.
    Als er oben war, sprang er über das Brückengeländer und landete zwei
Meter von Jerry entfernt auf der Brücke. Der rote Pkw hatte bereits die
Autobahnauffahrt erreicht.
    Per beugte sich über den Körper auf dem Asphalt.
    »Jerry?«
    So viel Blut überall. Es lief ihm von der Stirn und aus der Nase
zwischen die abgebrochenen Zähne.
    »Papa?«
    Die Augen in dem zerschrammten Gesicht seines Vaters waren zwar
geöffnet, aber er reagierte nicht. Verzweifelt sah sich Per nach Hilfe um.
    Das Letzte, was er von dem roten Wagen sah, war, wie er auf die
Autobahn nach Süden einbog und der Fahrer seine Scheibenwischer betätigte.
    44
    D as
ist das Schlimmste, was ich je erlebt habe«, sagte Max. »Das schlägt alles
bisher Dagewesene.«
    »Ach, denk nicht mehr daran«, versuchte Vendela ihn zu beruhigen.
    Sie hatte ihm einen Sessel zurechtgerückt, einen Whiskey gebracht
und massierte jetzt seinen Nacken. Dann beugte sie sich vor und flüstere ihm
ins Ohr:
    »Max, es gibt so viele Menschen, denen es viel schlimmer geht.«
    Er nahm einen großen Schluck, schloss die Augen und seufzte:
    »Ich weiß, aber diese Inkompetenz, wo immer ich auch hinkam –
Wegbeschreibungen, die falsch waren, Hotelzimmer mit Haarbüscheln in der
Badewanne und dann dieses Lokalradio, das den Termin mit mir vergessen hatte.
Die haben das vergessen !«
Er schüttelte empört den Kopf. »Und auf jedem Podium waren die Scheinwerfer
genau auf mein Gesicht gerichtet. Ich habe das Publikum gar nicht gesehen!«
    »Gab es auch schöne Momente ...«, begann Vendela, aber Max unterbrach
sie sofort, er war noch nicht fertig.
    »Und ich habe vor den Lesungen immer nur ein albernes Stück Brot
bekommen. Dabei steht ausdrücklich in meinem Vertrag, dass ich ein ordentliches
Abendessen erhalte. Die haben mir noch nicht einmal ein Glas Wein angeboten.
Wasser und Brot, damit sollte ich die ganze Lesung überstehen!«
    »Aber wie war denn das Publikum?«, warf Vendela ein. »Es war doch
bestimmt voll?«
    »So etwa dreihundert jeden Abend«, sagte Max erschöpft. »Ich hatte
mir ja fünfhundert erhofft ... keine einzige Lesung war ausverkauft.«
    »Aber das sind doch trotzdem super Zahlen«, widersprach Vendela,
»und du wirst sehen, wenn das Kochbuch erscheint, wird es wieder voller.«
    Max leerte seinen Whiskey und stand auf.
    »Irgendwelche Post?«
    »Nur ein paar Briefe«, antwortete Vendela und folgte ihm in die
Küche.
    Heimlich sah sie sich nach Ally um, aber der Hund hatte sich seit
Max’ Rückkehr kaum sehen lassen. Er spürte es genau, wenn sein Herrchen
schlechte Laune hatte.
    Max nahm den Stapel Post an sich und blätterte ihn durch.
    »Ist etwas Spannendes passiert in der Zwischenzeit?«
    »Nicht viel«, antwortete Vendela. »Ich habe ein bisschen Efeu an der
Vorderseite gepflanzt und mit dem Schneiden der Fliederhecke weitergemacht. Und
auf der Rückseite habe ich drei Robinien gepflanzt.«
    »Die sind ein guter Sichtschutz.«
    »Ja, das habe ich mir auch gedacht.«
    Max hob einen Zettel hoch, der neben der Spüle lag.
    Vielen Dank für
den Stein! Per «, las Max laut vor. Misstrauisch wandte er sich
Vendela zu. »Welcher Stein? Welcher Per?«
    Sie hielt seinem Blick stand, wusste aber er nicht sofort, was sie
sagen

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