Blutstein
und nähte etwas, als ich
plötzlich ein leises Geräusch draußen auf der Veranda hörte. Kein Klopfen von
einem Nachbarn, der seinen Besuch ankündigt, mehr so ein Kratzen oder Schaben
an der Tür. Ich unterbrach meine Arbeit und ging an die Tür, um nachzusehen.
Draußen stand niemand, aber als ich mich umsah, entdeckte ich ein Schmuckstück
auf den Treppenstufen liegen.
Es war ein
goldenes Herz, das an einer Silberkette hing. Ich hob es auf ... aber ich konnte
mich nicht darüber freuen, denn ich wusste ja, wo es herkam. Und ich war es
leid, ich wollte keine Geschenke mehr, um die ich nie gebeten hatte.
»Ich will keinen
Schmuck mehr haben!«, schrie ich ins Gebüsch. »Du musst zurückkommen und ihn
wieder mitnehmen.«
Ich bekam keine
Antwort, aber nach einer Weile bewegte sich etwas in den Wacholdersträuchern
hinter unserem Grundstück. Und dann kam mein Kerlchen zum Vorschein und stand
in dem hohen Gras. Ich hätte ihn fast nicht wiedererkannt, denn sein Gesicht
war so sauber, er war gekämmt und sah richtig vernünftig aus. Er lächelte und kicherte,
und wir starrten einander eine Weile an.
Ich hob die Kette
in die Luft und wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte sie nicht
haben. Gerade hatte ich Luft geholt, um ihm das zu sagen, da drehte sich mein
Kerlchen um und verschwand zwischen den Sträuchern.
Ich hatte zum
Glück meine Schuhe an und lief hinter ihm her.
Wusste er, dass
ich ihm folgte? Ich rief ihm nicht hinterher, aber er schien auf mich zu
warten. Er rannte nicht so schnell, und ich konnte sein helles Hemd und die
rote Haut ganz gut zwischen den Büschen leuchten sehen. Er lief geschmeidig wie
eine Katze über die Wege und schmiegte sich in den Schatten der Steinmauern.
Ich hatte den Eindruck, dass er es gewohnt war, sich unsichtbar zu bewegen. Er
rannte weiter nach Norden, das Gras war noch nicht so dicht gewachsen, und ich
konnte mit seiner Geschwindigkeit mithalten.
Es dauerte, bis
ich begriff, dass er zum Steinbruch lief. Was wollte er dort? Er wurde noch
schneller, und plötzlich standen wir an der oberen Felskante.
Ich hörte
jemanden singen und erkannte das Lied wieder. Ein Mann schmetterte aus vollem
Halse:
Der Frühling
schon vor Öland steht –
willkommen übern
Kalmarsund,
wo der
gefährliche Südwind weht.
Mein Kerlchen
drehte sich zu mir um. Ich hob erneut die Silberkette hoch, aber die
interessierte ihn überhaupt nicht.
Er schien dem
Sänger zuzuhören und rannte dann plötzlich los.
Der Steinbruch
war menschenleer, nur der einsame Sänger stand oben an der Kante zum
Steinbruch. Er war ein Steinhauer, der sich einen kleinen Windschutz aus
Steinen gebaut hatte, die im Halbkreis angeordnet waren. Nur sein Kopf und seine
Schultern waren zu sehen.
Das Kerlchen
rannte direkt auf ihn zu, und da erkannte ich Henry Fors. Ich war sehr
überrascht, ihn dort zu sehen, denn ich hatte von seinen großen Problemen
gehört. Aber da stand er in aller Seelenruhe singend hinter seinem Windschutz
und bearbeitete seine Skulpturen, als wäre nichts geschehen.
Dann ging alles
so schnell. Mein Kerlchen rannte an der Felskante entlang, und als Henry ihn
sah, hörte er sofort auf zu singen und schrie ihm etwas entgegen. Aber ich
konnte nicht hören, was.
Das Kerlchen hob
die Arme und lief noch schneller auf den Windschutz zu. Er sprang in die Mauer
aus Steinen und warf sie um. Die Steine stürzten ein und rollten in alle Richtungen.
Henry schrie:»Nein!« Und dann rief er einen Namen, entweder war es »Hans-Erik« oder
»Jan-Erik«. Das Kerlchen schrie auch, aber es klang eher nach einem Jubelschrei.
Ich blieb stehen,
Henry hörte nicht auf zu schreien, und es fielen noch mehr Steine zu Boden.
Ich glaube, die
beiden haben sich geprügelt. Und das Letzte, was geschah, war, dass einer von
beiden in den Steinbruch hinunterstürzte oder gestoßen wurde. Ich wollte nicht
mehr hinsehen, drehte mich um und rannte, so schnell ich konnte, nach Hause.
Was mich am
meisten beschäftigte, war die Tatsache, dass Henry den Namen des Kerlchens
gewusst hatte. Sie hatten sich gekannt.
Er war immer von
Norden in unseren Garten gekommen, in der Richtung liegt auch Henrys Hof, kam
er von dort? Henry soll einen geisteskranken Sohn haben, heißt es, der seine
Scheune in Brand gesteckt hat, diese Gerüchte gingen in letzter Zeit herum.
Als ich zurück in
unserem Garten war, setzte ich mich auf die Stufen der Veranda und betrachtete
das Schmuckstück. Ich beweinte meine Angst und Feigheit, dass ich
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