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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Haaaalllooo?«
    Vendela öffnet die Augen. Sie sitzt mit dem Rücken an einer
Steinmauer und friert.
    »Ich bin hier!«, ruft sie.
    Sie weiß nicht, ob jemand ihr Rufen gehört hat, aber die anderen
Stimmen nähern sich. Raschelnde Schritte kann sie hören, dann tauchen plötzlich
dunkle Schatten vor ihr auf. Vendela sieht eine Frau in einem Mantel und einen
Mann mit Jacke und Hut. Sie erkennt die beiden wieder.
    »Vendela, was machst du denn hier draußen? Wir haben dich überall
gesucht.«
    Ihre Tante Margit nimmt ihre kalten Hände und zieht sie zu sich
hoch. Vendela sieht sich um, es ist schon fast ganz dunkel.
    »Jetzt gehen wir schnell nach Hause und machen dir etwas Warmes zu
trinken«, sagt Margit. »Und dann fahren wir nach Kalmar.«
    Sie wendet sich mit Onkel Sven zum Gehen, aber Vendela kann nicht
mitkommen.
    »Nein!«, sagt sie. »Wir können nicht weg!«
    Onkel Sven läuft weiter, aber Tante Margit bleibt stehen.
    »Warum denn nicht?«
    »Jan-Erik sitzt noch am Elfenstein.«
    Ihre Tante sieht sie fragend an, und Vendela ist gezwungen, ihr
alles zu erklären. Dass Henry in den Steinbruch gefahren ist und sie ihren
Bruder mit in die Alvar genommen hat. Sie klammert sich an Tante Margits Arm
und fleht sie an.
    »Wir müssen ihn holen, bitte, kommt mit.«
    Zögernd folgen ihr Onkel und Tante, überraschenderweise findet
Vendela jetzt ohne Schwierigkeiten den Weg zum Elfenstein und führt die beiden
geschickt zwischen den Silberspiegeln der Wasserpfützen hindurch. Die Dämmerung
senkt sich dunkelgrau über die Alvar, als sie den Stein zwischen den Wacholdersträuchern
erreichen. Aber sie kommen zu spät. Jan-Erik ist nirgendwo zu sehen, und auch
die Silberkette, die Vendela in eines der Steinschälchen gelegt hat, ist
verschwunden. Nur der Rollstuhl steht noch da, wo sie ihn zurückgelassen hat.
    Zu dritt rufen sie seinen Namen über die Alvar, erhalten aber keine
Antwort. Mittlerweile ist es stockdunkel.
    »Jetzt kommt schon, lasst uns gehen«, fordert Onkel Sven sie auf.
Margit nickt. Vendela spürt Panik in sich aufsteigen, hat aber keine Kraft zu
protestieren.
    Sie schieben den Rollstuhl zurück auf den Hof und Onkel Sven bringt
ihn in den Werkzeugschuppen. Vendela hat sich in die Küche gesetzt, es ist
furchtbar kalt im Haus.
    Die Küchenuhr tickt laut.
    Plötzlich hört sie das Stampfen schwerer Stiefel auf der Treppe.
    Die Tür wird aufgerissen, und Henry tritt in den Flur. Er atmet
schwer und sieht sehr erschöpft aus. Er bleibt auf der Schwelle stehen und
sieht sein Kind und seine Verwandtschaft schweigend an. Niemand sagt ein Wort,
aber Vendela muss etwas fragen:
    »Papa ... wo ist Jan-Erik? Hast du ihn gesehen?«
    »Jan-Erik?«, wiederholt Henry, als würde er sich kaum an den Namen
erinnern. »Er ist weg.«
    »Wohin?«, fragt Vendela. »Wohin weg?«
    Lange ist es totenstill im Raum, dann ergreift Tante Margit das
Wort:
    »Ist er zum Bahnhof gegangen?«
    Henry kann seiner Tochter nicht in die Augen sehen, er senkt den
Blick zu Boden und nickt.
    »Ja ... Jan-Erik hat den Zug genommen. Er wollte nach Borgholm und
dann weiter aufs Festland.«
    »Willst du damit sagen, dass er abgehauen ist?«, fragt Sven.
    »Genau. Ich konnte ihn nicht aufhalten. Er ist ja schließlich schon
siebzehn.« Henry hebt den Kopf. »Wollen wir jetzt los nach Kalmar?«
    Niemand antwortet, alle denken an Henrys Reiseziel, das Gefängnis.
Er geht in sein Zimmer und holt seine Tasche.
    »Dann werden wir mal anfangen, hier alles so weit fertig zu machen«,
sagt Tante Margit.
    Vendela geht in ihr Zimmer und packt die letzten Sachen in ihre
Tasche.
    Plötzlich hört sie einen lauten Schrei. Er kommt von ihrer Tante.
    »Es ist leer! Es ist alles weg, alles!«
    Als Vendela in die Küche läuft, liegt das Schmuckkästchen ihrer
Mutter auf dem Tisch, und Margit steht kreidebleich daneben. Sie hat ihre
Stimme wieder gesenkt, aber man hört ihre Empörung.
    »Jan-Erik hat den gesamten Schmuck seiner Mutter gestohlen«, sagt
sie. »Hast du gesehen, wann er das getan hat, Vendela?«
    Schweigend schüttelt sie den Kopf; ihr Vater steht neben seiner
Schwester und sieht betrübt aus.
    »Ich hätte es einschließen müssen.«
    Mit traurigem Blick sieht er zu Vendela, die sofort den Kopf senkt
und in ihr Zimmer geht, um ihre Taschen zu holen.
    Sie weiß genau, dass nicht Jan-Erik die Schmuckstücke an sich
genommen hat, und sie glaubt auch nicht, dass er mit dem Zug geflohen ist. Sie
hat ihn im Stich gelassen, nicht andersherum.
    Er hat so

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