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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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los?«, fragte Christer Kurdin.
    Per nickte, in seinem Hinterkopf hörte er das Echo von stöhnenden
Mädchenstimmen.
    »Ganz genau ... ich muss jetzt nach Hause.«
    Das Ehepaar sah ihn unverwandt an, und er fühlte sich auf einmal so
lächerlich. Mittlerweile schrien die Mädchen in seinem Kopf, und auch Jerry saß
dort und flüsterte ihm zu, dass er sich auf den Weg machen sollte.
    Er tat einen Schritt vom Sofa weg und noch einen. Das ging
überraschend gut, er konnte sich also noch bewegen. Aber er hatte das Gefühl,
wieder im Studio seines Vaters zu sein, umgeben von Hitze und Qualm und dem
Geruch von verbranntem menschlichem Fleisch.
    Brandstifter haben
oft eine enge Beziehung zur beschädigten Sache , hatte Gerlof
gesagt. Dann hatte also Jerry sein eigenes Studio in Brand gesteckt? Oder Hans
Bremer? Oder vielleicht – Per selbst, der verlorene Sohn?
    Als Per den Flur erreicht hatte, drehte er sich um und rief ins
Wohnzimmer:
    »Ich glaube nicht, dass Jerry ... ich glaube nicht, dass er davon
wusste. Er hat nicht gewusst, dass Markus Lukas infiziert war. Mir tut es so
leid, ich wusste auch nichts davon, und jetzt sind sie alle tot ...«
    Er merkte, wie wirr das alles klang, und verstummte. Christer und
Marie Kurdin standen nebeneinander und sahen ihn entgeistert an. Er stammelte
ein letztes Wort:
    »Verzeihung.«
    Er zog und zerrte an der Türklinke, endlich gelang es ihm, sie zu
öffnen und das Haus zu verlassen.
    64
    D ie
Elfen kehrten nicht zum Stein zurück.
    Vendela verbrachte eine kalte Nacht in der Alvar, aber sie hatte
sich in mehrere Lagen aus Winterpullovern und Jacken gehüllt und so der Kälte
trotzen können. Sie hatte sogar ein paar Stunden Schlaf gefunden, ausgestreckt
auf dem weichen Gras, den Elfenstein als Windschutz im Rücken. Der Hunger hat
in ihr genagt, aber auch den hatte sie bewältigt.
    Die Sache mit Max war wesentlich schlimmer.
    Die Elfen hatten ihren Ehering geholt, und jetzt war es zu spät, den
Wunsch zurückzunehmen.
    Wahrscheinlich war Max schon längst tot. Sie sah es vor sich, wie
ein Herzinfarkt ihn niedergestreckt hatte. Wie mit einem Hammerschlag.
    Pang. Und sein Herz hatte stillgestanden. Sein Körper war nach vorn
auf den Tisch gekippt, und er war mit verdrehtem Kopf auf der Arbeitsplatte
liegen geblieben. Es gab nichts mehr zu tun, aber Vendela wollte trotzdem nicht
in das Haus mit den Beerdigungssträußen zurückkehren. Und sie wollte auch nicht
ihren Mann in seinem Arbeitszimmer tot auffinden.
    Die Elfen waren weg. Aber sie wartete fast trotzig Stunde um Stunde
auf sie. Irgendwann im Lauf des Tages, sie hatte nicht auf die Uhr gesehen,
hatte sie plötzlich ein Rascheln im Gebüsch gehört, und in ein paar Metern
Entfernung war ein Hase vorbeigehoppelt. Er hatte Vendela einige Sekunden lang
angesehen und war dann wieder verschwunden.
    Ein paar Stunden später hatte sie zwei Menschen über die Alvar
spazieren sehen, eine Frau und einen Mann. Sie waren Seite an Seite über das
Gras gegangen. Sie trugen dicke rote Jacken und schwere Stiefel. Aber sie
hatten nicht in ihre Richtung gesehen.
    Vielleicht war sie unsichtbar. Sie war weder hungrig noch durstig,
sie benötigte gar nichts.
    Doch, eine Sache würde sie nehmen.
    Sie griff in ihre Jackentasche und holte die Tablettenbox hervor.
    Es waren die dänischen Tabletten, die sie ruhig und schwerelos
machten. Seit sie auf die Insel gekommen war, hatte sie erst drei oder vier
genommen, die Box war noch fast voll.
    Sie nahm eine der kleinen Tabletten und hielt sie zwischen den
Fingern. Mit geschlossenen Augen legte sie sich die Pille auf die Zunge. Sie
hatte kein Wasser, konnte sie aber so herunterschlucken.
    Eine Viertelstunde später spürte sie noch keine Wirkung und nahm
eine weitere. Und kurz darauf gleich zwei auf einmal.
    Nach der vierzehnten Tablette hörte sie auf, das musste genügen, sie
wollte sich ja nicht umbringen. Sie wollte sich nur entspannen können, um in
Ruhe den Elfen zu begegnen. Und sie waren doch auf dem Weg zu ihr, sie war sich
sicher, denn ein dichter weißer Nebel hatte sich gebildet und drängte zwischen
den Büschen hindurch.
    Sie drückte den Deckel auf die Tablettenbox und steckte sie zurück
in die Jackentasche.
    Es war zehn vor vier. Den ganzen Tag hatte sie hier schon gesessen,
bald würde es wieder Abend werden.
    Vendela lehnte sich nach hinten und spürte, wie ihr Puls immer
langsamer wurde.
    Da erinnerte sie sich, dass Walpurgisnacht war. Die bösen Mächte
hatten die Insel fürs Erste

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