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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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etwas Schwarzes über den Fußboden kriechen sah. Es war eine
Schmeißfliege. Die erste des Frühlings – zumindest die erste, die er sah. Sie
schien gerade erst geschlüpft zu sein, denn sie bewegte sich äußerst langsam
und schwerfällig.
    Per hätte sie ohne Probleme töten können, aber gerade deshalb schob
er sie auf ein Stück Papier und ließ sie aus dem Küchenfenster ins Freie. Sie
öffnete ihre Flügel und verschwand ohne ein Zeichen des Dankes in Richtung
Steinbruch.
    Nach dem Essen blieb er eine Weile still in der Küche sitzen,
lauschte dem Ticken der Uhr und dachte an Vendela.
    Wo war sie bloß?
    Er hatte schon eine Idee, wo sie hingegangen sein könnte – zurück zu
dem Ort ihrer Kindheit beispielsweise. Vielleicht war sie zu dem kleinen
Bauernhof gejoggt oder zu dem großen Findling draußen in der Alvar. Vielleicht
hatte Max Larsson dort schon nach ihr gesucht, wenn er diese Orte kannte. Tat
er das denn?
    Per versuchte, ihn zu Hause zu erreichen, aber keiner hob ab.
    Es war Viertel nach fünf. Bevor er nach Kalmar aufbrach, könnte er
doch selbst eine kurze Runde bei dem Bauernhof vorbeilaufen, solange es noch
hell war. Laufen tat immer gut.
    Er zog sich Laufschuhe und Jacke an und verließ das Haus. Die Luft
war kühl und herrlich frisch, er fühlte sich klar und nüchtern. Und das war er
wohl auch?
    Er warf einen kurzen Blick zum Haus der Larssons, der Audi stand nicht
in der Auffahrt und alle Lichter waren gelöscht.
    Bei den Kurdins war Licht, aber Per wollte jetzt nicht an diese
Familie denken.
    Plötzlich hörte er einen Knall in weiter Ferne, wie einen Pistolenschuss.
Ein paar Kinder zündeten unten am Strand Feuerwerkskörper.
    Per joggte nicht sofort los, sondern lief mit großen Schritten die
Straße nach Nordosten hinunter.
    Zuerst nahm er den Weg, der von der Küste ins Landesinnere führte,
dann folgte er einem kleinen Kiesweg, und schließlich stand er vor dem Tor des
kleinen Bauernhofs.
    Der Rasen war noch grüner geworden und verzauberte das Anwesen in
eine schwedische Sommeridylle, aber auf dem Weg zum Wohnhaus sah Per Spuren
eines Fundaments. Jetzt begriff er auch, warum Vendela dort stehen geblieben
war, als sie ihm den Hof gezeigt hatte. Das Rechteck waren die Überreste des
abgebrannten Stalls.
    Das Gras schien an der Stelle ein bisschen kürzer und gelber zu
sein, oder war das nur Einbildung?
    Brandstifter
haben oft eine enge Beziehung zur beschädigten Sache.
    Per musste an Hans Bremer denken, der offensichtlich ein Faible für
Pyrotechnik gehabt und neben Jerry die beste Ortskenntnis des Filmstudios in
Ryd besessen hatte. Wenn jemand genügend Zeit und Möglichkeiten gehabt hatte,
die Brandbomben zu installieren, dann war es Bremer. Aber Bremers Hände waren
laut Polizei auf dem Rücken gefesselt gewesen. Und er war in den Flammen
umgekommen – obwohl Jerry nicht aufgehört hatte, von seinem Partner zu reden,
als wäre er noch am Leben. Bremer habe ihn angerufen, hatte Jerry behauptet,
und er habe auch in dem Wagen gesessen, der Jerry in Kalmar überfahren hatte.
    Per hatte das nicht ernst genommen, seinen Vater als krank und
verwirrt hingestellt. Aber wie sicher war es eigentlich, dass tatsächlich Hans
Bremers Körper im Filmstudio verbrannt war?
    Ganz sicher – da gab es eigentlich keinen Zweifel. Bremers Schwester
hatte es bestätigt, und die Polizei konnte sich auch nicht irren. Sie hatten
mit dem Gebissabgleich, Fingerabdrücken und DNA -Spuren die besten Möglichkeiten, es
zu beweisen.
    Er ging an die Haustür und klopfte an, denn die Besitzer waren
offensichtlich zu Hause. Die Frau, die ihm öffnete, konnte sich an Vendela
erinnern:
    »Ja, natürlich, sie kam vor gut einer Woche bei uns vorbei. Sie hat
als Kind auf dem Hof gelebt. Aber danach haben wir sie nicht wiedergesehen.«
    Per nickte, bedankte sich und kletterte hinter dem Haus über eine
moosbedeckte Steinmauer und lief dann weiter in die Alvar. Das Schmelzwasser
war verdunstet und versickert, der Boden war übersät mit den widerstandsfähigen
Kräutern und Blumen, die in dem harten Boden Halt fanden.
    Der Frühling hatte die Insel erobert, ohne dass Per es bemerkt
hatte.
    Trotz des trockenen und schönen Wetters war kein Wanderer unterwegs
– wahrscheinlich waren alle mit den Walpurgisfestvorbereitungen beschäftigt.
Die einzigen Geräusche, die er hörte, waren das sanfte Rauschen des Windes und
ein entferntes Vogelzwitschern.
    Er beschleunigte sein Tempo. Er konnte niemanden nach dem Weg fragen
und

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