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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Winter anhatte. Der Saum löste sich auf, und mehrere Knöpfe
fehlten.
    Jerry seufzte und biss die Zähne aufeinander.
    »Schmerz«, sagte er.
    Per drehte sich zu ihm.
    »Hast du Schmerzen?«
    Jerry nickte. Er öffnete seinen Mantel, und da sah Per, dass das
Hemd seines Vaters unterhalb der Brust zerrissen und feucht war.
    »Was ist passiert, bist du verletzt ...?«
    Per verstummte, als er das Hemd hochhob.
    Quer über Jerrys kugelrunden Bauch verlief eine blutige Wunde. Das
Blut war bereits getrocknet und sah in dem dämmrigen Licht auf dem Hof beinahe
schwarz aus.
    Per ließ das Hemd wieder sinken.
    »Wer hat das getan, Jerry?«
    Jerry sah auf seinen Bauch hinunter, als hätte auch er erst jetzt
die Verletzung entdeckt.
    »Bremer«, entgegnete er.
    »Bremer?«, fragte Per. »Hast du dich mit Bremer geprügelt? Warum das
denn?«
    Zu viele und zu schnelle Fragen hintereinander führten dazu, dass
Jerrys Gehirn sich ausschaltete. Deshalb starrte er seinen Sohn fragend an und
blinzelte, ohne zu antworten.
    Per sah hinüber zum Haus. Die Eingangstür hatten sie offen gelassen,
er meinte eine kleine Rauchwolke zu sehen.
    »Wo ist Bremer jetzt? Ist er noch im Haus?«
    Jerry schwieg nach wie vor, er schob sich mühsam auf den
Beifahrersitz.
    »Warte hier!«, befahl Per und warf die Autotür zu.
    Dann rannte er über die Kiesauffahrt zurück ins Haus. Das war nicht
ganz ohne Risiko, er hörte das Feuer hinter der Studiotür donnern und dröhnen.
Die Luft im Haus war auch viel wärmer geworden, er hatte nicht viel Zeit.
    Und er benötigte eine Waffe, falls jemand mit einem Messer im Haus
herumlaufen sollte. Er griff nach dem zusammengefalteten Regenschirm.
    Die Spitze des Regenschirms wie einen Speer vor sich haltend,
öffnete er die mittlere Tür und sah eine steile Treppe, die nach unten führte.
    Der Keller. Es war pechschwarz, und Per hatte nicht vor,
dorthinunter zu gehen.
    Hinter der vierten Tür befand sich eine Treppe, die nach oben in den
ersten Stock führte.
    Vorsichtig ging Per die Treppe hoch, deren Stufen mit einem weißen
Teppich ausgelegt waren, der seine Schritte dämpfte.
    Die Treppe führte in einen Flur, der das obere Stockwerk
durchquerte. Rechts und links davon waren mehrere verschlossene Türen wie in
einem Hotel.
    Den Regenschirm wie ein Schwert im Anschlag betrat er den Flur.
    »Bremer?«, rief er. »Ich bin es, Per Mörner.«
    Der Gestank von Benzin oder Brandbeschleuniger war so stark wie im
Erdgeschoss, und plötzlich hörte er auch ein leises Knistern. Er sah zwar keine
Flammen, wusste aber, dass es auch hier oben brannte. Grauer Qualm, der schnell
dichter wurde, hing im Flur und kratzte Per im Hals.
    Aber wo war der Brandherd?
    Vorsichtig öffnete Per die erste Tür: Dahinter befand sich eine
Besenkammer. Dann nahm er die nächste und stand in einem kleinen Schlafzimmer
mit kahlen Wänden und einem gemachten Bett.
    Die dritte Tür auf der linken Seite war abgeschlossen, aber unter
dem Türspalt drang Rauch heraus.
    »Bremer? Hallo? Hans Bremer?«
    Er bekam keine Antwort. Oder hatte er doch einen Laut gehört? Ein
Wimmern?
    Per hatte noch nie zuvor in seinem Leben eine Tür eingetreten, er
hatte so etwas bisher nur im Film gesehen. War das so einfach, wie es aussah?
Er ging ein paar Schritte zurück, mehr war nicht zu machen, da sein Rücken
schon gegen die gegenüberliegende Wand stieß. Dann nahm er Anlauf und trat zu.
    Die Tür wackelte, aber sie war aus massivem Kiefernholz und sprang
nicht auf.
    Er sah sich um. Im Schloss einer anderen Tür den Korridor hinunter
steckte ein Schlüssel. Per lief hin und holte ihn. Er passte auch auf diese Tür
und ließ sich umdrehen.
    Als die Tür geschmeidig aufglitt, quoll Per eine Wolke aus beißendem
Qualm entgegen.
    Er musste blinzeln und spürte, wie seine Augen sofort anfingen zu
tränen. Der Rauch war fast undurchdringlich, wie ein Herbstnebel. Trotzdem
tastete er sich langsam hinein und bemerkte, dass es hier noch nach etwas
anderem roch: nach verbranntem Fleisch.
    Das Zimmer, das Per aufgeschlossen hatte, war klein und dunkel. Er
kniff die Augen zusammen und tastete mit der Hand an der Wand entlang, fand
aber keinen Lichtschalter. Schließlich musste er sich kurz auf den Boden
hocken, um freier atmen zu können.
    Dann richtete er sich wieder auf. Er sah, wie die Flammen an der
rechten Wand emporkletterten. Davor stand ein Bett mit einem Haufen aufeinandergestapelter
Decken, die ebenfalls Feuer gefangen hatten. Er ging darauf zu, aber die

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