Blutstein
knirschte unter seinen Schuhen, als er über den Kies auf die
Treppe zuging.
Die Eingangstür war ebenfalls groß und breit, aus Eiche oder
Mahagoni – erst als Per die erste Stufe betreten hatte, bemerkte er, dass sie
einen Spalt offen stand. Dahinter war es pechschwarz.
Er zog die schwere Tür auf und sah hinein.
»Hallo?«
Vollkommene Stille. Er tastete mit der Hand an der Wand entlang und
entdeckte einen Lichtschalter, aber als er ihn betätigte, passierte nichts.
Mit einem schnellen Blick vergewisserte er sich, dass die Auffahrt
noch immer leer war, dann betrat er das Haus.
Zwei Gestalten warteten auf ihn im Inneren. Per erstarrte – bis er
realisierte, dass es zwei dunkle Regenmäntel waren, die an einer Garderobe mit
Hutablage hingen.
Darunter standen ein paar Hausschuhe und Gummistiefel sowie ein
Regenschirm. In einer dunklen Ecke lauerte eine Skulptur aus Ebenholz, ein
beinahe lebensgroßer Tiger, bereit zum Sprung.
Per tat ein paar Schritte in die Eingangshalle. Vier Türen gingen
von ihr ab, aber sie waren alle verschlossen.
Aus irgendeinem Grund hatte er erwartet, dass es muffig und
säuerlich riechen würde, aber er registrierte nur den schwachen Geruch von
Zigarettenrauch und Alkohol. Hatte hier eine Party stattgefunden?
Auf dem Teppich in der Mitte der Eingangshalle lag ein Gegenstand –
ein schwarzes Handy. Per hob es auf und sah, dass es ausgeschaltet war.
War das Jerrys? Zumindest ähnelte es dem seines Vaters, mit großen
Knöpfen, die man mit zittrigen Fingern einfacher bedienen konnte. Er steckte es
ein und rief:
»Hallo? Jerry?«
Keine Antwort. Dennoch hatte er das Gefühl, dass jemand im Haus war.
Jemand, der sich leise bewegte, damit man ihn nicht hörte.
Er ging auf die linke Tür zu und drückte vorsichtig die Türklinke herunter.
Dahinter befand sich die große Küche des Hauses. Ein länglicher Raum
mit vielen Fenstern, durch die graues Licht auf einen massiven Esstisch, zwei
Waschbecken und zwei breite Herde fiel. Es erinnerte ihn an eine
Restaurantküche. An einer der Spülen standen mehrere leere Weinflaschen und ein
Stapel mit dreckigem Geschirr.
Per drehte sich um, er meinte ein Geräusch gehört zu haben. War das
ein Schrei aus dem Inneren des Hauses?
Er blieb vor der Türschwelle stehen und zuckte zusammen, als
plötzlich ein Klingelzeichen ertönte. Ein Telefon. Das Klingeln kam sowohl von
einem Wandtelefon am anderen Ende der Küche als auch von einem zweiten Gerät
irgendwo im Haus.
Kann da bitte
jemand rangehen?, wollte Per rufen, aber er beherrschte sich.
Das Telefon klingelte drei-, vier-, fünfmal.
Niemand nahm ab. Als er schließlich mit ausgestreckter Hand auf das
Wandtelefon zuging, verstummte es.
Leise schlich er rückwärts aus der Küche. In der Halle drehte er
sich um. Der Geruch von Alkohol hing in der Luft, jetzt empfand er ihn sogar
als noch aufdringlicher als zuvor. Und auch der schwarze Tiger schien nach wie
vor im Schatten auf ihn zu lauern. Er ging an ihm vorbei zu der Tür am anderen
Ende der Halle.
Dahinter war es pechschwarz. Per erkannte, dass die Fenster mit Tape
verklebt und abgedunkelt worden waren, konnte aber dennoch einen langen Raum
ausmachen, mit synthetischen Teppichen, Paravents und Scheinwerfern an der
Decke. Das war eines der Studios von Jerry und Bremer.
Er sah einen Lichtschalter neben der Tür, aber auch der
funktionierte nicht. Der Strom schien im gesamten Haus ausgefallen zu sein.
Oder er war abgeschaltet worden.
Per hatte nicht vor, blind durch den Raum zu stolpern. Aber als er
sich zum Gehen wenden wollte, hörte er einen schwachen Laut aus der Tiefe des
Raumes.
Ein Seufzen, oder war es ein Stöhnen? Ja, dort hinten stöhnte
jemand, und es klang wie die Stimme eines Mannes.
Per tastete sich durch die Dunkelheit. Er stieß gegen etwas Großes
und Hartes, das vor ihm auf dem Boden stand, ein breites Ledersofa. Vorsichtig
umrundete er das Hindernis.
Der Geruch von Alkohol war in diesem Raum noch intensiver – aber war
das wirklich Alkohol?
Jetzt sah er etwas auf der anderen Seite des Sofas am Boden liegen,
eine Schattengestalt mit Armen und erhobenem Kopf.
»Pelle?«, flüsterte eine Stimme.
Sie war leise und heiser, Per erkannte sie sofort.
»Jerry«, sagte er. »Was ist passiert?«
Die Gestalt bewegte sich nicht. Sie lag reglos am Boden und
versuchte nur, den Kopf zu heben. Allerdings sehr langsam, als würde es ihr
große Schwierigkeiten bereiten, sich zu bewegen. Per bückte sich hinunter zu
seinem
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