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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Feuerwehrsirenen. Was
hatten seine tränenden und brennenden Augen dort oben tatsächlich gesehen?
Hatte er wirklich einen Körper im Bett liegen und eine Gestalt in den Wald
flüchten sehen? Je mehr er versuchte, sich zu erinnern, umso undeutlicher
wurden die Bilder.
    Die Sirenen kamen näher. Zwei blinkende Löschzüge bogen in die
Auffahrt und kamen vor dem Haus zum Stehen. Die Feuerwehrmänner sprangen in
schwarzer Brandschutzkleidung aus dem Wagen.
    Per lief rückwärts, gebannt vom Feuer, und stieß schließlich gegen
einen harten Gegenstand, sah sich um und stellte fest, dass es sein Saab war.
Graue Ascheflocken hatten sich auf das Dach des Autos gelegt.
    Ein brennendes
Bett, ein Körper darin. Und der ängstliche Schrei einer Frau.
    Er sah sich suchend um.
    Jerry? Wo war Jerry?
    Ach so, er saß ja auf dem Beifahrersitz.
    Wieder zog das brennende Haus seinen Blick magisch an. Die Flammen
schlugen in beiden Stockwerken aus den Fenstern.
    Die Feuerwehrmänner bewegten sich konzentriert und schnell, zogen
dicke Schläuche von den Rollen und verbanden sie miteinander. Einer der Männer
trug eine rote Jacke, und er kam mit langen Schritten auf Per zu und schrie
gegen den Lärm des dröhnenden Feuers:
    »Wie heißen Sie?«
    »Per Mörner.«
    »Gehört Ihnen dieses Anwesen, Herr Mörner?«
    Per schüttelte den Kopf. Er holte tief Luft, um alles zu erklären,
aber stattdessen bekam er einen Hustenanfall.
    »Geht es Ihnen gut?«
    »Schon, aber ...«
    »Der Notarztwagen wird gleich eintreffen!«, rief der Feuerwehrmann.
»Wissen Sie, wo das Feuer ausgebrochen ist?«
    Per schluckte.
    »Überall«, flüsterte er. Dann atmete er erneut tief ein, um eine
ordentliche Antwort zu geben: »Es hat gleichzeitig oben und unten gebrannt ...
Ich glaube, dass noch jemand im Haus ist. Vielleicht auch mehrere.«
    »Was?«
    »Ich bin der Meinung, dass ich eine Person gesehen habe. Und ich
habe einen Schrei gehört.«
    Er hatte seine Stimme erhoben, so fiel das Sprechen leichter. Der
Feuerwehrmann sah ihn aufmerksam an.
    »Wo denn, Herr Mörner?«
    »Im oberen Stockwerk, in einem der Räume. Darin hat es gebrannt, das
habe ich gesehen ...«
    »Okay, wir gehen rein und sehen uns um. Gibt es Gasflaschen im
Haus?«
    Per schüttelte erneut den Kopf.
    »Glaube ich nicht«, erwiderte er. »Das war ein ... Filmstudio.«
    »Wurde dort mit gefährlichen Flüssigkeiten hantiert?«
    »Nein«, antwortete Per, »soweit ich weiß, nicht.«
    Der Feuerwehrmann nickte ihm zu und ging zu seinen Kollegen zurück.
Per beobachtete, wie drei der Männer sich für den Einsatz bereit machten, indem
sie Atemschutzmasken aufsetzten und Pressluftflaschen umschnallten.
    Zwei andere stellten das Wasser an den Tankwagen an und richteten
die Schläuche auf die Fenster mit den zerborstenen Scheiben.
    Die Feuerwehrleute mit den Atemschutzgeräten machten sich langsam
auf den Weg zur Eingangstür. Gleichzeitig hielt ein roter Pkw mit der
Aufschrift EINSATZLEITUNG auf der Auffahrt. Ein Mann in gelber Jacke stieg aus, in den Händen ein
Sprechfunkgerät. Er sprach über Funk mit jemandem.
    Per musste husten, und das Atmen schmerzte. Er öffnete die Wagentür.
Sein Vater saß zusammengesunken auf dem Beifahrersitz, mit seiner Aktentasche
auf dem Schoß.
    Per zeigte ihm das Handy, das er in der Eingangshalle gefunden
hatte.
    »Ist das deins?«
    Jerry sah hoch und nickte.
    »Wie geht es dir?«, fragte Per und reichte ihm das Handy.
    Jerry hustete als Antwort. Nun sah Per ihn zum ersten Mal an diesem
Tag richtig an und stellte fest, dass er elend aussah. Müde und grau wirkte er
in seinem zerknitterten Mantel. Als Per ein kleiner Junge war und sein Vater zu
ihm und Anita zu Besuch kam, trug er sein schwarzes Haar nach hinten gekämmt.
Im Winter hatte er exklusive Pelzmäntel an und im Sommer italienische Anzüge.
Jerry hatte viel Geld verdient und es genossen, das auch allen zu zeigen.
    Als Per fünfzehn war, hatte sein Vater überraschend seinen Namen von
Gerhard Mörner in Jerry Morner ändern lassen. Wahrscheinlich, um
internationaler zu klingen.
    »Du stinkst«, sagte Jerry plötzlich. »Pelle stinkt.«
    »Du auch, Jerry ... wir riechen nach Rauch.«
    Per wandte seinen Blick wieder dem Haus zu, die Einsatzgruppe hatte
die Tür erreicht, der erste Feuerwehrmann öffnete sie und verschwand in den
dichten Rauchschwaden, die herausquollen.
    Die anderen beiden blieben auf der Steintreppe stehen und warteten.
    Es verging etwa eine halbe Minute – dann tauchte der

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