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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Geruchssinn
sind noch in Ordnung, aber sein Sehvermögen hat er verloren.«
    Vendela streichelte Ally über den Rücken.
    »Nein«, widersprach sie, »er sieht viel besser als vorher, und er
stößt sich gar nicht mehr an den Möbeln.« Sie kraulte den Pudel hinter den
Ohren. »Außerdem sieht er mir direkt in die Augen. Das tust du, nicht, mein
Kleiner?«
    Ally streckte sich und leckte Vendela am Hals.
    Max schüttelte den Kopf.
    »Eine Sehschwäche heilt nicht von selbst, davon habe ich noch nie
gehört. Ich glaube nicht daran, dass das Sehvermögen einfach so wiederkommen
kann.«
    »Doch«, widersprach Vendela. » Hier kann so etwas passieren. Auf der
Insel schon.«
    »Ach ja?«
    Vendela setzte den Pudel auf den Boden.
    »Es ist ein heilender Ort«, erklärte sie. »Ich glaube, es liegt am
Wasser und an dem Boden. Er enthält so viel Kalk.«
    »Klar!«, erwiderte Max und stand auf. Er ging in Richtung Flur. »Ich
muss noch die Sommerreifen aufziehen. Könntest du mir für meine Fahrt ein
bisschen Pastasalat fürs Lunchpaket machen?«
    Vendela ging in die Küche, um Nudelwasser aufzusetzen. In ein paar
Stunden würde sie allein sein. Sie freute sich darauf.
    Die Osterfeiertage waren ganz harmonisch verlaufen, und Vendela
hatte Max beim Korrekturlesen der Fahnen des Kochbuches geholfen. Ostersonntag
würde er gegen Abend zu seiner Lesereise durch Südschweden aufbrechen, die eine
knappe Woche, bis Freitag, dauern sollte. Er würde viel über seine bereits
veröffentlichten Bücher, die Ratgeber, erzählen und natürlich auch jede Menge
Werbung für sein neues Werk machen, Maximal gutes Essen.
    »Vorfreude«, sagte Max immer. »Man muss Vorfreude wecken.«
    Ein bisschen ziellos lief er durchs Haus, mal unbeschwert und gut
gelaunt, mal angespannt und irritiert, und beobachtete Vendela. Aber so war er
immer, wenn er kurz vor einer Lesereise stand. So vieles konnte schiefgehen: Es
kam zu wenig Publikum, das Mikrofon funktionierte nicht, oder der Veranstalter
hatte vergessen, die Bücher oder einen Raum zu organisieren. Nach den Reisen
war Max immer wesentlich entspannter.
    Am Anfang hatte Vendela ihn noch begleitet, und sie hatten es sich
gemütlich gemacht in den verschiedenen Hotels, aber mittlerweile hatten sie
stillschweigend das Abkommen getroffen, dass sie zu Hause blieb.
    Als die Nudeln im Topf kochten, ging sie zurück ins Wohnzimmer und
blieb abrupt stehen.
    Auf dem dunklen Steinfußboden befand sich eine milchig weiße Pfütze.
Vendela begriff sofort, was geschehen war, und lief schnell in die Küche, um
Haushaltspapier zu holen, bevor Max die Pfütze entdeckte. Aber es war zu spät:
    »Vendela!«
    Sie ging zu ihm und sah ihn fragend an:
    »Was gibt es denn, mein Schatz?«
    »Hast du gesehen, was dein Hund hier auf den Boden gemacht hat?«
    Jetzt war es natürlich ihr Hund .
    »Oh ja, ich sehe es.« Sie lief erneut in die Küche und kam dieses
Mal mit Küchenkrepp zurück. »Das ist doch nur eine kleine Magenverstimmung.«
    Sie hockte sich hin. Max stand mit steifem Rücken daneben und
begutachtete ihre Arbeit.
    »Das ist ja nicht zum ersten Mal passiert!«
    »Nein, er isst eben manchmal auch Gras, dann passiert so etwas«,
entschuldigte Vendela den Pudel. »Aber seit letzter Woche wirkt er viel
lebendiger und munterer.«
    Max erwiderte nichts, sondern drehte sich nur um und ging. Vendela
wischte den Rest weg und stand dann auf.
    »So, schon wieder sauber!«
    In diesem Moment schlug die Eingangstür zu, Max hatte das Haus
verlassen. Ally hatte sich unter den Küchentisch gelegt und die Nase zwischen
die Pfoten gesteckt, als würde er sich schämen. Vendela beugte sich zu ihm
hinunter.
    »Mach das bitte nicht noch einmal, mein Süßer.«
    All die Jahre, in denen Max mit Ally lange Spaziergänge unternehmen
und Stöcke und Bälle zum Apportieren werfen konnte, hatte er den Hund
geschätzt. Seit er kränklicher wurde, hatte das Tier für ihn offensichtlich
keinen Wert mehr.
    Sie würde heute Abend noch einmal zum Elfenstein gehen und neue
Münzen opfern. Und sie würde bleiben und ihre Wünsche vortragen: dass Aloysius
wieder gesund wird und Max ihn so annimmt, wie er ist, egal, ob jung oder alt,
hübsch oder hässlich, gesund oder krank. Er war doch ihr Ally.
    »Für dich ist der Zug noch lange nicht abgefahren, mein Kleiner«,
tröstete sie ihn und goss die Nudeln in das Sieb. »Wir werden es ihm schon noch zeigen .«

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