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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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riet
einfach:
    »Wolken?«
    »Nein.«
    »Sonnenuntergang?«
    »Nein.«
    »Hast du an deine Freunde gedacht?«
    »Nee, an Fledermäuse.«
    »Fledermäuse? Warum das denn?«
    »Sie fliegen abends ums Krankenhaus herum«, erklärte Nilla. »Die
flattern wie schwarze Stofffetzen über den Abendhimmel.«
    »Interessierst du dich nicht mehr für Vögel?«
    »Doch, tagsüber. Aber wenn ich abends nicht einschlafen kann, sehe
ich den Fledermäusen zu.«
    Per versprach ihr, sie am nächsten Tag besuchen zu kommen, und dann
verabschiedeten sie sich voneinander.
    Es war fast zu spät, jetzt noch nach Hause zu fahren, außerdem war
niemand mehr dort. Deshalb beschloss Per, in der Wohnung seines Vaters zu
übernachten.
    Ehe er sich auf die Couch legte, hängte er die Sicherheitskette vor.
    Die Wohnung in Kristianstad fühlte sich nicht vertraut an, aber auf
dem großen Ledersofa hatte er schon als Jugendlicher geschlafen, als Jerry noch
in Malmö lebte. Als er sich jetzt darauf ausstreckte, weckte es vergessen
geglaubte Erinnerungen in ihm.
    Seine Mutter hatte ihn oft gewarnt, bevor er zu seinem Vater fuhr:
    »Wenn er Frauenbesuch hat, musst du nicht über Nacht bleiben, dann
kannst du gleich wieder nach Hause fahren, oder ich hole dich dort ab. Du musst
dir so etwas nicht bieten lassen.«
    »Ach, komm schon, Mama.«
    Natürlich hatte sein Vater auch Frauen zu Besuch. Manchmal sogar
gleich mehrere auf einmal. Per hatte sich oft gefragt, ob irgendwo in
Südschweden ein paar anonyme Halbschwestern und -brüder von ihm rumliefen. Das
hätte ihn zumindest nicht sonderlich überrascht.
    Die Tür zu Jerrys Schlafzimmer war zwar immer geschlossen gewesen,
aber trotzdem hatte Per Jerry und seine Frauen hören können. Da war er zwar
glücklicherweise schon älter und nicht mehr so unschuldig wie zu dem Zeitpunkt,
als er Regina kennengelernt hatte. Trotzdem waren diese Nächte keine Freude.
    Das ist doch egal ,
hatte Per sich gesagt, Liebe
ist dabei nicht so wichtig .
    Und heute? Jetzt kreisten seine Gedanken um Nilla und Jesper, und
für einen kurzen Moment sah er sogar die großen Augen von Vendela Larsson in
der Dunkelheit strahlen.
    Dann schlief er ein.
    Als er aufwachte, war es Montagmorgen, Ostermontag.
    Jerrys Küche war alles andere als glamourös. Die Tischdecke war
voller Fettflecken, benutzte Becher und Teller türmten sich in der Spüle, und
zum Frühstück gab es nur Kaffee und Knäckebrot. Und Jerrys Zigaretten.
    Per goss seinem Vater einen Becher Kaffee ein und sagte:
    »Ich muss bald los, Jerry. Ich muss zurück nach Kalmar, zu Jesper
und Nilla.«
    Jerry sah ihn an.
    »Aber du nicht«, fuhr Per fort, »du bleibst hier. Du kommst doch in
der Wohnung allein zurecht, oder?«
    Er versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen, aber das gelang
ihm nicht besonders gut. Per sah sich hilflos in der verdreckten Küche um und
konnte sich nicht entscheiden, was er mit seinem Vater anstellen sollte.
    Fahr nach Hause ,
hörte er sein Spiegelbild in der Fensterscheibe sagen. Er würde sich keine Sekunde über dich Gedanken machen,
wenn du alt und krank wärst.
    Aber das konnte Per nicht. Und zwar nicht nur wegen des
Versprechens, das er damals seiner Mutter gegeben hatte, oder weil Jerry sich
nicht ausreichend um seine Ernährung und Gesundheit kümmerte und dringend Hilfe
benötigte. Nein, auch die Tatsache, dass jemand einen Ersatzschlüssel besaß, es
einen Brandanschlag auf Jerrys Filmstudio gegeben hatte und jemand in seine
Wohnung eingebrochen war, war ausschlaggebend.
    Wenn Jerry allein in Kristianstad bleiben sollte, musste Per dafür
sorgen, dass die Polizei seine Wohnung überwachte, denn sie war nicht sicher.
    Wenn Hans Bremer einen Ersatzschlüssel gehabt und jemand ihm diesen
abgenommen hatte, um über Ostern die Wohnung zu durchsuchen und Dokumente zu
beseitigen – dann konnte diese Person auch jederzeit wiederkommen.
    Zu guter Letzt hatte sich Per dazu durchgerungen, seinen Vater
wieder mit nach Öland zu nehmen. Er hatte ihm eine Tasche mit sauberen
Kleidungsstücken gepackt und die Wohnung sorgfältig hinter sich abgeschlossen.
Dann hatten sich Vater und Sohn auf den Weg nach Norden begeben.
    Sie hielten in Kalmar auf dem Krankenhausparkplatz, und Per lief
hinauf in Nillas Zimmer. Aber sie schlief tief und fest. Sie sah so friedlich
aus. Er setzte sich eine Weile an ihr Bett, legte ihren Glücksstein auf den
Nachttisch und betrachtete liebevoll ihr blasses Gesicht. Er hätte sich am
liebsten zweigeteilt: Ein Teil von

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