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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Ehepaar Arm in Arm. Es war ein ganz normaler Tag,
und Per versuchte sich zu beruhigen. Er ging zurück zum Wagen und öffnete die
Beifahrertür. Sein Vater sah zu ihm hoch.
    »Prince, Pelle?«
    Per schüttelte den Kopf. Er blieb einen Moment neben dem Wagen
stehen und starrte auf Jerrys Hauseingang. Die Tür blieb geschlossen.
    »Jerry, als du letztes Wochenende nach Ryd gefahren bist, hast du
die Wohnungstür abgeschlossen?«, fragte Per.
    Jerry hustete und nickte.
    »Du hast sie zugezogen und abgeschlossen, bist du ganz sicher?«
    Jerry nickte mit Nachdruck, aber Per wusste ja, dass sein Vater
schon ganz andere Dinge vergessen hatte. Seit dem Schlaganfall war es beinahe
Normalität geworden, dass alles, was er gestern gesagt oder getan hatte, am
nächsten Tag vergessen war.
    »Die Tür stand aber einen Spalt offen, und deine Kommode war
aufgestemmt ... Da ist jemand eingebrochen. Wenn nicht du so eine Unordnung dort
gemacht hast.«
    Jerry saß schweigend und mit gesenktem Kopf in seinem Sitz. Per war
gezwungen, einen Entschluss zu fassen.
    »Okay ... wir müssen noch einmal nach oben und überprüfen, ob etwas
gestohlen worden ist. Dann müssen wir den Einbruch anzeigen.«
    Er beugte sich zu seinem Vater herunter und half ihm aus dem Wagen.
    »Jerry«, sagte er eindringlich, »hatte noch jemand außer dir einen
Schlüssel zu deiner Wohnung?«
    Sein Vater stand etwas unsicher und schwankend auf dem Bürgersteig
und schien einen Moment über die Antwort nachdenken zu müssen. Dann antwortete
er mit einem Wort:
    »Bremer.«
    36
    P er
zeigte den Einbruch bei der Polizei in Kristianstad an, obwohl Jerry nicht
ermitteln konnte, ob tatsächlich Unterlagen aus der Kommode entwendet worden
waren oder nicht.
    »Jerry, was fehlt?«, hatte er ihn mehrfach gefragt. »Was haben sie
mitgenommen?«
    Aber sein Vater hatte nicht geantwortet, sondern nur stumm und
verwundert auf die Haufen gestarrt, so als könnte er gar nicht zuordnen, was da
vor ihm lag. Als Per die Unterlagen durchblätterte, stellte er fest, dass es
sich vor allem um alte Mietrechnungen und Kontoauszüge handelte.
    Aber wo waren die anderen Dokumente? Verträge mit den Modellen, mit
denen Bremer und Jerry gearbeitet hatten? Vereinbarungen, in denen die Mädchen
bestätigten, dass sie nicht zu jung waren und sich freiwillig für die Aufnahmen zur Verfügung gestellt hatten?
    Aber er fand kein einziges Dokument dieser Art.
    »Weißt du, was du alles hier in deiner Wohnung aufbewahrt hast,
Jerry? Waren das wichtige Unterlagen?«
    »Papiere.«
    »Waren das wichtige Papiere?«
    »Doku...«
    Jerry verstummte, das Wort war zu schwer.
    »Unterschiedliche Dokumente? Auch von Morner Art?«
    »Morner Art?«
    Jerry schien sich noch nicht einmal an den Namen seiner
Aktiengesellschaft erinnern zu können.
    Als Per bei der Polizei anrief, konnte er nur vage Angaben zu dem
Einbruch machen. Sie nahmen die telefonische Anzeige entgegen, würden aber
nicht vorbeikommen, um den Tatort zu untersuchen.
    »Wir haben Feiertag«, erklärte der Polizeibeamte. »Wir können uns
nur auf die akuten Fälle konzentrieren. Aber vielen Dank für die Anzeige, wir
halten unsere Augen offen.«
    Gegen neun Uhr abends rief Per seine Tochter im Krankenhaus an, um
ihr eine gute Nacht zu wünschen.
    »Wie geht es dir?«
    »Geht so.« Ihre Stimme war dünn, aber er konnte sie gut verstehen.
»Ein bisschen besser als gestern ... Ich habe wieder einen Tropf und einen Haufen
Spritzen bekommen.«
    »Gut«, sagte Per ein wenig geistesabwesend. »Und ich habe deinen
Glücksstein gefunden.«
    »Hast du wirklich? Wo war er denn?«
    »Auf deinem Bett«, erzählte Per. »Du bekommst ihn, wenn ich dich morgen
besuche. Gibt es noch andere Neuigkeiten?«
    »Nee ... obwohl, es sind viele Neue hier auf Station«, sagte Nilla
zögerlich. »Ein Junge ist dabei, er heißt Emil.«
    Ihre Stimme klang plötzlich heller und fröhlicher, als sie seinen
Namen nannte, deshalb hakte Per gleich nach:
    »Ist er denn so alt wie du?«
    »Beinahe. Er ist fünfzehn.«
    »Prima«, sagte Per. »Frag ihn doch, ob er ›Mensch ärgere dich
nicht!‹ spielen will.«
    Nilla kicherte und wechselte dann das Thema:
    »Hast du meinen Gedanken heute Abend bekommen? So gegen acht Uhr?«
    »Ich glaube schon ... Ich habe auf jeden Fall einen Haufen Bilder im
Kopf gehabt.«
    »Woran habe ich denn gedacht? Was hast du gesehen?«
    Per blickte aus dem Fenster in den Himmel über der Stadt und

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