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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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Sabine.
    Sie bestellten Hirschmedaillons mit Kartoffeltalern und Gemüsebeilage. Dazu tranken sie ein ›Räuberchen blond‹ und genehmigten sich anschließend ein ›Räuberliebchen‹, ein Vanilleeis mit heißen Himbeeren und Sahnehäubchen.
    Â»Mit den Räubern haben sie es ganz schön wichtig«, stellte Thomas fest, »ist eine super Werbeidee für Mespelbrunn.«
    Erneut fielen ihm die beiden Motorradfahrer auf, die trotz leichtem Regen draußen auf der Terrasse saßen und jeder ein großes Bier tranken. Seltsamerweise trugen sie trotz des Wetters große, dunkle Sonnenbrillen, sodass ihre Gesichter nicht zu erkennen waren. Doch Thomas fühlte sich so glücklich mit Sabine, dass er die beiden nicht weiter beachtete.
    Nach dem Essen spazierten sie zum Schloss. Die mächtigen Eichen am Zugangsweg wirkten wie Zeugen aus grauer Vorzeit. Dunkle Wolken hingen über dem Tal und ließen alles düster erscheinen.
    Â»Das Wetter passt irgendwie zum Spessart und den Spessarträubern«, sagte Thomas, »aber davon lassen wir uns die Stimmung nicht verderben.«
    Sie lösten am Kassenhäuschen Eintrittskarten und standen kurz darauf vor dem Teich des imposanten Wasserschlosses.
    Â»Kein Wunder, dass es als Wahrzeichen des Spessarts gilt«, sagte Sabine. »Es ist wirklich sehr schön.«
    Â»Ja, richtig romantisch, wie ein Märchenschloss.«
    Ãœber eine Holzbrücke erreichten Sie den Zugang zum Innenhof.
    Â»Die nächste Führung beginnt in zehn Minuten«, erklärte ihnen ein junger Mann. Er saß neben einem Tischchen mit Fischfutter für die Kinder, welche die Forellen im Wassergraben unter der Holzbrücke füttern wollten.
    Â»Ist ja genial«, lachte Thomas, »sie füttern die Fische nicht selbst, sondern verkaufen Futtertüten und verdienen mit der Fütterung sogar Geld.«
    Wenn die Kinder Futterkörner ins Wasser streuten, schnalzten die Leiber der glänzenden Fische an der Wasseroberfläche und stritten um ihren Anteil. Bei der Führung bewunderten Thomas und Sabine verschiedene Räume des Schlosses. Zahlreiche Bilder von den Ahnen der Eigentümer, Möbel, Porzellan und Waffen wurden von der älteren Dame erläutert, die sie durch die Räume geleitete. Besonders interessant fand Sabine die Wolpertinger beim Treppenaufgang zum Obergeschoss, diese Hasen mit Hörnern, bayerische Fabelwesen, die vor allem bei den Kindern großes Erstaunen auslösten. Auch das Himmelbett im Fürstenzimmer faszinierte sie, erst recht, als die Schlossführerin erklärte, dieses Bett aus dem 17. Jahrhundert habe ein erhöhtes Brett mit Mulde am Kopfende, eine sogenannte ›hohe Kante‹, auf die man bei Nacht seine Wertsachen legte.
    Â»Also daher kommt der Spruch: etwas auf die hohe Kante legen«, murmelte Thomas. »Man lernt nie aus.«
    Als sie wieder in den Schlosshof traten, regnete es stärker. Der Schlossteich sah fast schwarz aus, Wind und Regen hatten das Wasser gekräuselt und die Spiegelungen der Gebäude im Wasser waren verschwunden.
    Â»Lass uns nach Hause fahren. Es wird jetzt ungemütlich«, sagte Sabine.
    Ihre Füße, die in leichten Riemchensandalen steckten, waren im Handumdrehen nass, und der kleine Schirm, den Thomas bei sich hatte, hielt den Regen nur von ihren Köpfen fern.
    Â»Komm, wir rennen«, schlug Thomas vor.
    Er packte Sabine an der Hand und rannte los. Durch den Torbogen, über die Holzbrücke und vorbei am Kassenhäuschen, rannten sie zurück zur Zufahrtstraße. Links unterhalb, zwischen Schloss und Parkplatz, schimmerte ein verwilderter Teich zwischen den Bäumen hindurch. Alles war hier zugewuchert, Farne wuchsen am Ufer, umgestürzte Bäume lagen kreuz und quer herum. Es sah unheimlich aus. Dies war der dunkle, wilde Spessart, vor dem man sich fürchten konnte. Hier hausten sicher die Räuber, von denen Wilhelm Hauff vor langer Zeit erzählt hatte.
    Bald haben wir es geschafft, dachte Thomas. Er sehnte sich nach einem trockenen Ort, freute sich zunächst aufs Auto, dann auf seine gemütliche Wohnung am Mainufer, in der sie sich wieder trocknen konnten. Es blieb eine unerfüllte Sehnsucht nach Trockenheit und Geborgenheit, denn plötzlich sahen sie die beiden Motorradfahrer vor sich, die Thomas inzwischen völlig vergessen hatte. Sie waren nicht zu erkennen, hatten ihre Motorradhelme aufgezogen – die

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