Blutstern
sein«, meldete Stefanie Bauer, seine Sekretärin.
»Gut, stellen Sie durch.«
Karin Duckstein war die Sekretärin von Bernhard Flieger, seinem direkten Vorgesetzten bei Flieger-Moden. Sie war 35 und sah sehr gut aus. Es ging das Gerücht in der Firma, dass ihre Beziehung zu Bernhard Flieger nicht nur dienstlich geblieben war. Besonderes Stefanie Bauer litt darunter. Sie war die Vorgängerin von Karin Duckstein gewesen und vermutete, dass sie aus persönlichen Gründen von Bernhard Flieger als Sekretärin abserviert wurde.
»Hallo, Herr Drucker«, meldete sich Karin Duckstein, »der Chef möchte Sie dringend sprechen. Können Sie bitte sofort kommen?«
»Geht klar, ich komme.«
Thomas wusste, dass es in diesem Fall kein Zögern gab. Wenn Bernhard Flieger rief, hatte man zu eilen. Seit Johann Flieger sich weitgehend aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen hatte, war er die stärkste Persönlichkeit in der Firma und gab den Ton an. Also rückte Thomas seine Krawatte zurecht, nahm seine Notizmappe, huschte kurz auf der Toilette vorbei und fuhr mit dem Aufzug in den zweiten Stock, in dem das Büro von Bernhard Flieger lag.
»Schön, dass Sie gleich kommen konnten«, begrüÃte ihn Karin Duckstein im Vorzimmer. »Der Chef wartet schon.«
Sie trug hochhackige Pumps und einen superkurzen Rock. Thomas konnte nicht anders, als einen bewundernden Blick auf ihre endlos langen Beine zu werfen. Wie konnte man in deren Gegenwart vernünftig arbeiten, fragte er sich. Ihr enger Pulli betonte ihre Oberweite, wie immer war sie perfekt gestylt, hatte ihre kurzen blonden Haare mit einigen Strähnchen versehen und ihre vollen Lippen dunkelrot geschminkt.
»Ich habe mich beeilt«, lachte Thomas Drucker. »Ihr Wunsch ist mir Befehl.«
Als er das Büro von Bernhard Flieger betrat, stand der hinter seinem mächtigen Mahagonischreibtisch auf. Er wirkte blasser als sonst. Die Sache mit den schweren Anschuldigungen schien ihn mitgenommen zu haben. Thomas war das irgendwie peinlich. Er konnte zwar nichts dafür, dass der Kommissar seinen Chef verdächtigte, etwas mit dem Mord an seiner Mutter zu tun zu haben, aber irgendwie fühlte er sich beteiligt. Der Weg zum Schreibtisch seines Vorgesetzten schien ihm heute endlos. Bernhard Flieger besaà das gröÃte Büro der Firma, bestimmt 15 Meter lang. Als Angestellter kam man sich ziemlich unscheinbar vor, wenn man die weite Strecke zurücklegen musste. Heute empfand er diesen Weg als besonders unangenehm. Er wusste nicht, wo er hinsehen sollte und war froh, als ihn Bernhard Flieger endlich begrüÃte und ihm den Bürosessel direkt vor seinen Schreibtisch anbot.
»Frau Duckstein, lassen Sie uns bitte allein und stellen Sie keine Gespräche durch. Ich möchte ungestört sein.«
Die Sekretärin schloss die Zimmertür, was normalerweise nie vorkam, da Bernhard Flieger keine Geheimnisse vor ihr hatte. Alles schien heute anders als sonst. Vielleicht will er mich entlassen. Vielleicht macht er mir Vorwürfe wegen der Geschehnisse â¦
»Sie können sich sicher denken, warum ich Sie sprechen möchte«, riss ihn Bernhard Flieger aus seinen Gedanken.
»Ehrlich gesagt, nein. Geschäftlich läuft eigentlich alles soweit normal.«
»Darum geht es nicht, Herr Drucker. Ich möchte privat mit Ihnen reden. Glauben Sie, dass ich Ihre Mutter umgebracht habe?«, fragte Bernhard Flieger unvermittelt.
Thomas schluckte. Es lief ihm heià und kalt den Rücken hinunter. Was sollte er dazu sagen? »Ich kann das nicht beurteilen«, stammelte er. »Die Polizei hat Sie verdächtigt, aber wie soll ich das wissen.«
»Na ja, ich meine, man spürt das doch«, lieà Bernhard Flieger nicht locker, »können Sie sich vorstellen, dass ich Ihrer Mutter ein Pentagramm in den Bauch geschnitten habe?«
Thomas Drucker rutschte unruhig auf seinen Bürostuhl hin und her. »Eigentlich nicht«, sagte er leise.
Sie waren immer noch per Sie, obwohl er Sabine schon lange kannte. Er nahm an, dass Sabines Eltern auf diese Art Distanz wahren wollten, und im Moment war ihm diese Distanz sogar selbst recht.
»Gut, Sie denken also nicht, dass ich es war. Das beruhigt mich«, sagte Bernhard Flieger zufrieden. Etwas Farbe kehrte in sein blasses Gesicht zurück. »Allerdings hilft mir das wenig. Dieser Kommissar wird erst Ruhe geben, wenn der wirkliche
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