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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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aufpassen.«
    Der Kommissar berichtete Sabine, dass er eine genaue Untersuchung des Tatorts veranlasst habe. »Unsere Leute sind vor Ort. Wir werden jeden Zentimeter überprüfen. Vielleicht gibt es irgendwelche Mikrospuren, die uns zu den Tätern weisen.«
    Am Sonntag erschien Klaus Zimmermann in der Klinik, der leitende Stadtredakteur des Main-Echo. Er wollte alles über den brutalen Mordversuch wissen und machte daraus eine rührende Geschichte über die unzertrennliche Liebe von Sabine und Thomas. In seiner Montagsausgabe brachte das Main-Echo einen ganzseitigen Bericht. Alexander Leitner erschien als Held und Lebensretter. Selbst Bezüge zu den Spessarträubern stellte Zimmermann her, indem er darauf hinwies, dass in früheren Zeiten Räuber und Wegelagerer in diesem Waldgebiet ihr Unwesen trieben.

11
    Â 
    Ilona war unruhig. Seit ihrer heißen Nacht auf der Jacht hatte er sich nicht mehr mit ihr verabredet. Das war inzwischen drei Wochen her. Viel zu tun, Besprechung mit dem Vater, Konferenz mit den Handelsvertretern … Es gab viele Ausreden. Ilona glaubte jedenfalls, dass es Ausreden waren, denn gestern hatte sie ihn mit einer anderen gesehen. Auf den Schlossterrassen, ganz zufällig, als sie dort vorbeiging. Zuerst dachte sie bei ihrem Spaziergang an den schönen Abend mit ihm, träumte davon, ihn wieder zu sehen, aber dann saß er da, genau an dem Tisch, den sie gehabt hatten. Er aß dort mit ihr, einem jungen Ding, strohblond, großbusig, in engen Jeans und laut lachend, sodass sie es bis zum Weg hörte, der an der Terrasse vorbeiführte. Sie wusste nicht, ob er sie bemerkt hatte, ging schnell weiter, hatte das Gefühl, sich verstecken zu müssen, so übel fühlte sie sich.
    Ob sie selbst nicht gut genug war? Ob es ihm nicht gefallen hatte? Unbarmherzige Fragen schlichen sich ein. Sie konnte nicht anders. Sie spazierte nochmals an der Terrasse vorbei, quälte sich ein zweites Mal mit diesem Anblick, der ihr das Herz zerriss und sie vor Eifersucht beben ließ. Anschließend ging sie die Treppen zur Mainpromenade hinab. Es war gut eine Stunde vor Mitternacht. Falls er die Blonde zur Jacht mitnehmen wollte, würden sie bald kommen. Die Enten kuschelten im Ufergras, hatten die Köpfe unter den Flügeln, lagen schlafend da. Ein Liebespaar kam die Promenade entlang, ein spätes Motorboot jagte über den Fluss, die Glocken der Stiftskirche schlugen elf Mal. Ilona versteckte sich hinter einem Weidenbusch, direkt am Mainufer. Sie war zu dünn angezogen, aber daran dachte sie in diesem Augenblick nicht. Sie wollte es wissen, wollte Klarheit darüber, ob er mit ihr auf die Jacht ging. Die Stiftskirche schlug ein Mal, sie schlug zwei Mal und Ilona glaubte schon, dass sie sich alles nur einbildete. Doch im nächsten Augenblick hörte sie das Klackern von hochhackigen Pumps auf der Uferpromenade. Es war nicht laut, aber für Ilona klangen ihre Schritte wie die aufreizenden Schritte von tausend Huren, die hier ihren Liebsten entführten. Sie sah, dass er seinen Arm um ihre Hüfte gelegt hatte, sie kannte den leichten Druck seiner Umarmung, sie konnte sich vorstellen, was er ihr ins Ohr flüsterte, sie wusste, wie seine Küsse schmeckten. Am liebsten hätte sie sich ihnen entgegengeworfen und die beiden auseinandergerissen. Aber sie blieb ganz still hinter ihrem Weidenbusch sitzen und ließ die beiden passieren. Eine Wolke von Parfum wehte zu ihr herüber, wahrscheinlich sehr teuer. Vielleicht hatte er eine Standesgemäße gefunden oder er hatte ihr das Parfum geschenkt. Verrückte Gedanken wirbelten durch Ilonas Kopf. Sie ließ die beiden ein Stück weiter gehen, wartete, bis sie unter der Willigisbrücke hindurch waren, dann kam sie hinter ihrem Busch hervor und ging ihnen leise hinterher. Sie sah, wie er ihr aufs Boot half, sie sah ihre Silhouetten durch die Sichtfenster der hinteren Abdeckplanen, sie wusste, dass er in dem Moment Champagner servierte, bevor die Stiftskirche zwölf Mal schlug.
    Wie blöd sie gewesen war. Hatte ihm geglaubt, hatte gedacht, dass die Blutsbrüderschaft mit ihm etwas Besonderes sei, aber jetzt ging er bestimmt wieder zum Steuerstand, ritzte sich in den Zeigerfinger und wiederholte die Prozedur. Schlachtet euch ab, verblutet meinetwegen, dachte Ilona. Sie war krank vor Eifersucht und Wut. Sie hatte sich zwischen die Uferbüsche in der Nähe des Jachtklubs gesetzt und

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