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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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Hause.«
    Sie gingen ein Stück gemeinsam am Teich entlang. Die Kirche zum Heiligen Grabe kam wieder näher.
    Â»Ich bin Maria«, sagte die Frau.
    Â»Ich bin Ilona.«
    Â»Ich hatte ein seltsames Erlebnis«, erklärte Maria. »Ich habe in der Sandkirche gebetet. Ich bete oft dort, aber nie ist mir so etwas geschehen. Ich betete zur Jungfrau Maria und plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich in den Park gehen sollte.«
    Ilona sagte nichts. Das Ganze war ihr unheimlich. In der Ferne sah sie den Aschaffenburger Gespensterturm und hatte Angst.
    Â»Du brauchst sicher Hilfe, mein Kind«, sagte Maria. Sie war eine kleine zierliche Gestalt, die in ihren dunklen Kleidern älter wirkte, als sie in Wirklichkeit war. »Warum bist du im Park? Was ist dein Problem?«
    Â»Ach nichts, ich wollte allein sein.«
    Â»So allein? Fast mitten in der Nacht … Das ist nichts für ein braves Mädchen.«
    Ilona fragte sich, warum die Frau sie braves Mädchen nannte. Was sie damit bezweckte? Sie ergriff Ilonas Hand.
    Â»Komm, ich muss dir etwas zeigen«, sagte sie und zog Ilona über den gekiesten Weg in Richtung Sandkirche. Auf der Würzburger Straße fuhr noch ein einzelnes Auto, sie gingen die breiten Treppen von der Parkanlage zum Vorplatz der Kirche hinunter. Durch den Torbogen vor dem Eingang gelangten sie ins Innere.
    Â»Es ist eines der ältesten und schönsten Gotteshäuser Aschaffenburgs«, murmelte die Frau mit dem Kopftuch. »Wird seit Jahrhunderten als ehemalige Wallfahrtskapelle besucht.«
    Sie schritten über den derben roten Teppich zum Altar. Links war der barmherzige Samariter zu sehen, wie er seinen Mantel teilte. Die Frau mit dem Kopftuch kniete vor dem Altar nieder und bekreuzigte sich. Im warmen Licht der Altarbeleuchtung war das Gnadenbild der Jungfrau zu sehen, die sich schützend über Christus beugte. Darüber jubilierten die Engel.
    Â»Sie hat mich zu dir geschickt«, flüsterte Maria.
    Ilona schwieg. Das Ganze war ihr suspekt. Sie glaubte nicht an Wunder, auch wenn dieses Altarbild ein Gnadenbild war.
    Â»Du bist schwanger«, sagte Maria. »Du weißt nicht mehr weiter. Ich fühle es.«
    Ilona war sprachlos.
    Â»Ich werde dir helfen«, flüsterte Maria. »Niemand wird es erfahren. Du brauchst keine Angst zu haben.«
    Â»Aber ich habe Angst, das Ganze ist mir unheimlich.«
    Â»Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir«, sagte Maria. »Lass uns gemeinsam beten, dann sind wir stark.«
    Anschließend ging es Ilona tatsächlich besser.
    Â»Ich habe mir immer Kinder gewünscht«, sagte Maria und rückte ihr Kopftuch zurecht. »Jetzt hat sie mir eins geschickt. Sie kann Wunder vollbringen.«
    Ilona wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie merkte nur, wie erschöpft sie war. »Ich bin so müde.«
    Â»Ich werde dich nach Hause bringen, Kindchen. Komm!«
    Sie verließen die prunkvolle Kirche, traten hinaus auf die Sandgasse und Maria begleitete Ilona zu ihrem Haus. »Wir wohnen gar nicht weit voneinander entfernt«, stellte sie erfreut fest. »Ich werde mich jeden Tag um dich kümmern.«
    Ilona war todmüde. Im Bad lag der verfärbte Teststreifen vom Vormittag. Er hat mein Schicksal besiegelt, dachte Ilona. Sie huschte schnell ins Bett und kuschelte sich unter ihre Decke.
    Ich weiß gar nicht, wo sie wohnt, weiß überhaupt nicht, wer sie ist, dachte sie. Vielleicht war sie überhaupt nur eine Erscheinung, vielleicht gibt es sie gar nicht, vielleicht werde ich ihr nie mehr begegnen …

12
    Â 
    Gleich am Sonntag nach dem Überfall auf Thomas Drucker in Mespelbrunn suchte Kommissar Rotfux die Leitners auf.
    Â»Hallo, Herr Kommissar«, begrüßte ihn Oskar Leitner am breiten Treppenaufgang, der vom Parkplatz zur großzügigen Villa führte.
    Â»Grüße Sie, Herr Leitner. Ich würde gern Ihrem Sohn ein paar Fragen stellen.«
    Â»Oh, da haben Sie Pech. Er ist beim Frühschoppen. Müsste aber bald zurück sein. Wollen Sie warten? Soll ich ihn auf dem Handy anrufen?«
    Â»Das wäre sehr nett.«
    Sie hatten inzwischen die großzügige Eingangshalle des Hauses erreicht. Annabelle Leitner kam ihnen entgegen. Rotfux wunderte sich, dass sie älter als ihr Mann und ziemlich korpulent war. Während Oskar Leitner seinen Sohn anrief, unterhielt sich Rotfux mit ihr. Sie war entsetzt über die Vorkommnisse in Aschaffenburg.

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