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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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spürte, und die Krallen in seinem Nacken. Es war ihm, als hörte er Schreie, Schreie von jungen Männern, aber das konnte nicht sein. Er war hier allein und würde alleine sterben.
    Thomas erwartete den letzten Prankenhieb oder den endgültigen Biss in die Kehle, die Erlösung, die seinem Leiden ein Ende machen würde. Gedanken wirbelten durch seinen Kopf: War es nicht viel schöner hier in der Wildnis zu sterben, mit dem Löwen im Blut zu liegen, als elendig in einer Klinik zugrunde zu gehen, vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln, an Geräten hängend und den langsamen Tod erwartend? Hier starb er als freier Mann, frei bis in alle Ewigkeit, Futter für die Geier, die ihn in die Lüfte tragen würden, hoch hinaus über Afrika, das er so lieb gewonnen hatte. Er fragte sich, warum er noch nicht dieses Knacken seiner Wirbelsäule gehört oder den letzten Biss in seinen Hals gespürt hatte? Thomas lag ganz still. Auch der Löwe lag ganz still. Beide schienen sich zu belauern, auf den richtigen Augenblick zu warten, um ihren Kampf zu vollenden.
    Jetzt bloß keinen Fehler machen.
    Thomas hatte das Gefühl, dass der Löwe plötzlich schwerer auf ihm lag. Es wurde schwarz vor seinen Augen. Sabine verabschiedete sich von ihm und seine Mutter winkte aus der Ferne. So war es also, wenn man starb, konnte er noch denken. Dann verschwamm alles in einem weißen Nebel.

18
    Â 
    Sabine Flieger hatte Kommissar Rotfux informiert, nachdem Thomas Drucker nicht wie geplant nach Aschaffenburg zurückgekehrt war. Rotfux hatte Interpol eingeschaltet, es wurde eine ›Yellow Notice‹ erstellt, eine Suchmeldung nach Thomas Drucker, aber alle Nachforschungen in Kenia waren bisher erfolglos geblieben. Seit fast zwei Wochen war er spurlos verschwunden.
    Â»Ich versteh’ das nicht. Es muss ihm etwas zugestoßen sein«, jammerte Sabine, als ihre Mutter ins Zimmer kam.
    Â»Nun lass den Kopf nicht hängen, Sabinchen. Ändern können wir es nicht. Die Polizei tut sicher, was sie kann.«
    Sabine wusste, dass ihre Mutter sie nur Sabinchen nannte, wenn sie etwas besonders Wichtiges auf dem Herzen hatte.
    Â»Ich muss mit dir reden, Sabinchen. Leitners haben uns eingeladen und jetzt, wo Papa in Untersuchungshaft sitzt, wollte ich nicht allein zu ihnen gehen.«
    Aha, daher weht der Wind, dachte Sabine. Sie will, dass ich mitkomme. »Nimm die Einladung einfach nicht an. Muss doch nicht sein ohne Papa«, reagierte sie abweisend.
    Â»Es wäre sehr unhöflich, abzulehnen. Du weißt, Leitners waren immer besonders nett. Wir dürfen sie nicht vor den Kopf stoßen.«
    Â»Das werden sie sicher verstehen, jetzt wo Papa in Haft sitzt. Und wenn nicht, ist es auch egal.«
    Â»Egal, egal … Dir scheint wohl alles egal zu sein, seit Thomas verschwunden ist. Hast du mal an deine Zukunft gedacht, an unsere Zukunft?« Sie war genervt und man hörte deutlich ihre Abneigung gegen Thomas Drucker heraus.
    Â»Wie meinst du das?«
    Â»Wie ich das meine? Thomas stürzt uns alle ins Unglück. Zuerst der Mord an seiner Mutter und die Verdächtigungen gegen Papa, dann der Mord an seiner … äh … Ersatzoma, dieser Maria Beletto, und nun sitzt Papa in Untersuchungshaft und wir können sehen, wo wir bleiben.«
    Â»Dafür kann doch Thomas nichts. Er wurde sogar selbst verfolgt.«
    Â»Aber ohne dich hätten wir mit allem nichts zu tun. Du stürzt uns ins Unglück, liebes Sabinchen.«
    â€ºLiebes Sabinchen‹ war die Steigerung von ›Sabinchen‹ und Sabine wusste, was die Stunde geschlagen hatte.
    Â»Du willst also unbedingt, dass ich mitkomme«, sagte sie leise.
    Â»Das wäre sehr nett.«
    Â»Und es interessiert dich nicht im Geringsten, dass Leitners uns bestimmt nur aushorchen wollen und Alexander versucht, sich an mich heranzumachen?«
    Â»Aber Sabinchen, ich will nur dein Bestes.«
    Â»Du weißt nicht einmal, was das ist«, ereiferte sich Sabine. »Mein Bestes ist Thomas, und der scheint dir völlig egal zu sein.«
    Ihre Mutter schwieg einen Augenblick. Sabine sah, wie es in ihr arbeitete. Ihre Wangen röteten sich, ihr Blick irrte unruhig im Zimmer umher, dann platzte es aus ihr heraus: »Dein Bestes ist Thomas … Du hast leicht reden. Setzt dich in das gemachte Nest, das ich für dich bereitet habe. Ich habe mir deinen Vater geangelt. Jetzt besitzen wir Geld. Du könntest einen Teil von

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