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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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hörte das Stimmengewirr der Badegäste, die spielenden Kinder und die Musik, die von der Honisch-Beach-Bar herübergeweht wurde. Ein Sportflugzeug kreiste am Himmel, er sah ein paar Enten mit schnellen Schlägen über den See fliegen und glitt in einen sanften Schlaf hinüber.
    Als er wieder aufwachte, erschrak er zu Tode. Mein Gott, er würde Sabine hoffentlich nicht verpasst haben … Er riss seine Uhr hoch: Gott sei Dank, erst ein Uhr. Er hatte nur eine knappe halbe Stunde geschlafen, obwohl es ihm wie eine Ewigkeit vorkam. Er kannte das. So ein kurzer Schlaf am Strand konnte Wunder wirken. Man schlief viel tiefer. Wenige Minuten reichten, um sich zu erholen.
    Thomas stand auf, zog seine Badelatschen an und ging zur Honisch-Beach-Bar. Oft war er hier mit Sabine gewesen, die er nun sehnsüchtig erwartete. Die Minuten kamen ihm wie Stunden vor. Er beobachtete die Kinder, die beim Spielplatz im künstlich angelegten Bach planschten, und sah zwischendurch immer wieder in Richtung Parkplatz, um Sabine auf keinen Fall zu verpassen.
    Endlich, um halb drei, erschien sie zwischen den zahlreichen Fahrrädern, die oberhalb der Liegewiese abgestellt waren. Am liebsten wäre Thomas ihr entgegengerannt und hätte sie begrüßt, aber er beherrschte sich. Erst musste er sehen, ob sie wirklich allein war und zu ihrem Treffpunkt schwamm. Sie trug eng anliegende Shorts, darüber ein hellgelbes Shirt, das Thomas kannte. Mit ihren Flip-Flops konnte sie den leichten Abhang von den Fahrrädern zur Liegewiese schlecht hinuntergehen, schaute sich suchend um und legte schließlich ihr Handtuch auf die Wiese, etwa zehn Meter von der Stelle entfernt, an der Thomas seine Sachen liegen hatte. Sie war unruhig, zog ihre Oberbekleidung aus, ging zum Strand, steckte die Füße ins Wasser, um die Temperatur zu testen, sah sich unsicher um, schaute auf die Uhr und stieg ins Wasser. Thomas erhob sich und eilte von der Honisch-Beach-Bar zu seinem Platz auf der Liegewiese. Er wartete bis Sabine über die Leine gestiegen war, welche den Nichtschwimmerbereich vom tieferen Wasser trennte, zog sein Shirt aus und stieg über den hölzernen Badesteg ebenfalls in den See. Im ersten Moment war das Wasser kalt, eiskalt. Er vergaß die Kälte, dachte nur an Sabine, die etwa zehn Meter vor ihm schwamm und sich genau in Richtung ihres Treffpunktes bewegte. Schnell überstieg er ebenfalls die Nichtschwimmerabtrennung, die zwischen orange-roten Bojen an der Oberfläche schaukelte, und ging rasch tiefer ins Wasser. Das Ufer fiel innerhalb weniger Meter steil ab und er musste nach einigen Schritten anfangen zu schwimmen.
    Sabine sah sich mehrmals zu ihm um, schien ihn aber nicht zu erkennen. Rufen wollte er nicht, da sie noch zu nah am Ufer waren und er sich damit womöglich verraten hätte. Also schwamm er einfach hinter ihr her und versuchte, langsam näher zu kommen. Nach etwa fünf Minuten hatten sie sich der Spitze der kleinen Halbinsel genähert, die zwischen dem Badestrand und dem Seehotel Niedernberg lag.
    Â»Sabine, ich bin es«, rief er ihr zu.
    Sie sah sich um, schaute verwundert in seine Richtung, schwamm aber trotzdem weiter.
    Â»Sabine, nun warte doch, ich bin es, Thomas!«
    Sie hielt wieder inne, sah ihn ratlos an, schüttelte den Kopf, schaute in Richtung des vereinbarten Treffpunktes am Ufer und drehte ab.
    Â»Bitte, so warte doch Sabine … «
    Plötzlich hielt sie in ihrer Schwimmbewegung inne und kam auf ihn zu. »Darf ich Ihren Rücken einmal sehen?«, fragte sie leise.
    Sie war ganz nah. Er sah das Blau ihrer Augen, sah ihre hübsche Stupsnase, ihre braune Haut und war von unendlicher Sehnsucht nach ihr erfüllt. Er drehte sich auf den Bauch und ließ sie wortlos näher kommen. Es war ihm klar, was sie auf seinem Rücken sehen wollte. Er wusste, jetzt hatte er gewonnen. Er drehte ihr die linke Schulter entgegen, die Schulter mit dem großen braunen Muttermal. Er spürte ihre Hand auf seiner Schulter, spürte ihre Hand in seinem Nacken, dann war sie bei ihm und versuchte ihn zu umarmen.
    Â»Mein Gott, Thomas.«
    Â»Oh Sabine.«
    Planschend lagen sie sich in den Armen. Anschließend schwammen sie langsam in Richtung Treffpunkt weiter, hinüber zu ihrer Halbinsel.
    Â»Ich habe dich nicht erkannt«, seufzte Sabine, als sie am Ufer aus dem Wasser stiegen. »Der Bart, deine blonden langen Haare, unglaublich … «
    Sie setzten

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