Blutstrafe - Thriller
traten.
Eine Sache kam ihm seltsam vor. Er hatte viel mehr Sicherheitskräfte erwartet, doch außer den Türstehern sah er keine weiteren. Umso besser. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Sein Schicksal hielt, was es versprochen hatte. Er befand sich auf der Zielgeraden.
Sein Plan war, mit Hilfe der Einladung Zugang zum Haus zu erhalten. Sollte er gestoppt oder durchsucht werden, würde er die Tec-9er ziehen, die in den Halftern unter seinen Armen steckten, und das Feuer eröffnen. Sich den Weg zum Fahrstuhl über Leichen erobern. Nach oben fahren und alle umnieten, die so dumm wären, sich zwischen ihn und die Blanchettes zu stellen.
Auf eine Art hoffte er, dass es Widerstand geben würde. Die Blanchettes würden ihn hören und etwas zum Nachdenken haben, während er sich ihnen näherte.
Er wappnete sich gerade innerlich, als er an einem Kastenwagen auf der Parkseite der Straße vorbeikam und ein seltsames Rauschen hörte. Das konnte nur ein Funkgerät sein. Und zwar im Wagen einer Cateringfirma! Also überwachte die Polizei diesen Ort doch.
Wieder spürte er diesen kalten Schauder an seiner Wirbelsäule, und sein Atem wurde schwerer. Von seiner Willenskraft angetrieben, ging er unbefangen weiter und zog seinen Hund hinter sich her wie jemand, der dies jeden Tag machte.
Was genau sollte er tun, wenn ihn die Polizei herausforderte? Schießen? Abhauen? Hier bot sich ihm vielleicht die letzte Chance, um die Blanchettes zu erledigen. Einfach mit gezogener Waffe über die Straße in die Eingangshalle rennen?
Er umfasste den kalten Griff der Tec unter seinem linken Arm und entsicherte sie mit dem Daumen. Was auch immer als Nächstes passieren würde, er würde nicht allein sterben. Verdammte Polizisten. Die fünf Minuten hätten sie auch noch warten können.
Mit einem raschen Blick über die Schulter vergewisserte er sich, dass ihm niemand folgte. Sein Atem wurde gleichmäßiger. Gott, welch ein Glück er gehabt hatte!
Zwei Straßen weiter nördlich bog der Lehrer nach links in den Central Park. Der Köter, den er hinter sich herzog, begann zu kläffen und ging ihm tierisch auf die Nerven.
Beruhig dich, ermahnte er sich, während er die Tec wieder sicherte. Hier bestand keine Gefahr. Jetzt musste er nachdenken. Die Situation hier war anders als vor dem Pierre Hotel, wo ein Polizeifahrzeug gut sichtbar am Straßenrand stand. Der offensichtliche Mangel an Sicherheit bei einem Ereignis dieser Größenordnung hätte ihn misstrauisch machen müssen. Diese Schweine stellten ihm eine Falle! Schuld hatte mit Sicherheit Mike Bennett, dieses Arschloch, der irgendwie die Pläne des Lehrers vorausgesehen hatte.
Doch der Lehrer hatte seinerzeit eine Menge Strategie- und Kriegsbücher gelesen. Die Kunst des Krieges, Das Buch der fünf Ringe, Der Prinz. Alle rieten dasselbe, auch wenn die Sache äußerst simpel klang: herausfinden, welchen Schritt dein Gegner von dir erwartet, dann etwas anderes tun. Die Kunst der Kriegsführung liegt in der Täuschung.
Er hatte das Wasserreservoir bereits halb umrundet, als ihm die Eingebung kam. Ein geistreicher Plan, um Bennetts Falle zu umgehen – ein kleiner Endspurt. Genau das war’s. Ja, ja, ja. Er drückte seine zitternde Hand auf seinen grinsenden Mund. Bingo. Sein Plan war perfekt, perfekter noch als sein ursprünglicher. Er hatte das große Los gezogen.
Er grinste noch breiter, als er sich Detective Bennetts dämliches Gesicht vorstellte.
» Du hattest deine Chance, Bennett«, flüsterte er.
Er ließ die Leine los und versetzte dem quietschenden Malteser einen Tritt.
» Jetzt bin ich dran.«
Vierter Teil
Der Almosendieb
75
Vater Seamus Bennett saß im dunklen Beichtstuhl und schnäuzte sich leise seine triefende Nase, bevor er das Diktiergerät an die Lippen hielt.
» Überwachung der Almosenbüchse«, flüsterte er ins Mikrofon. » Tag zwei.«
Meine Güte, wie krank er war, dachte er schniefend. Noch nie in seinem Leben war er krank gewesen oder hatte im Bett bleiben müssen. Wusste Mike nicht, dass man in seinem Alter um jeden Preis der Welt vermeiden musste, im Bett zu bleiben?
Schließlich bestand die Gefahr, nicht wieder hochzukommen. Auf den Beinen zu bleiben und sich zu beschäftigen war die Lösung.
Abgesehen davon musste er eine Gemeinde leiten. Und diesen heimtückischen Almosendieb schnappen. Mittlerweile war klar, dass er die Sache selbst in die Hand nehmen musste. Die New Yorker Polizei jedenfalls hatte ihn im Stich gelassen.
Zwanzig Minuten
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