Blutstrafe - Thriller
hing vor meiner Wohnungstür in der Luft. Auf dem antiken Post-Tischchen, das wir mit unseren Nachbarn teilten, stand eine Silberschale mit Äpfeln, Flaschenkürbissen und hübschen Babykürbissen. Über der Tür unserer Nachbarn hing ein Kranz aus getrockneten, gold und karminrot gefärbten Blättern.
Während ich draußen unterwegs war, um einen Psychopathen zu jagen und mir verkohlte Leichen anzusehen, hatte Camille Underhill, der Martha-Stewart-Klon, unser Treppenhaus herbstlich aufgemotzt. Ich durfte nicht vergessen, ihr zu danken, wenn die Geschichte vorüber war.
Dann erblickte ich mich im Spiegel über dem Tisch. Wie erstarrt blieb ich stehen. Ich war leichenblass, hatte Tränensäcke, so groß wie Reisetaschen unter den Augen und einen daumengroßen Rußfleck auf dem Kinn. Schlimmer noch, mein Gesicht hatte einen finsteren Ausdruck angenommen, der drohte, für immer dort zu bleiben.
Es wurde Zeit, mich um einen neuen Beruf zu kümmern. Je eher, desto besser. Ich betrat unsere Wohnung und ging den Flur entlang zu Janes Zimmer, bemerkte aber, dass im Wohnzimmer der Fernseher flackerte. Für die Kleinen war es zu spät, aber vielleicht hatte Mary Catherine die Größeren vor die Glotze gesetzt, damit sie sich ungestört um Jane kümmern konnte. Ich hörte weder Husten noch Würgen. War die Epidemie abgeklungen?
Als ich das Wohnzimmer betrat, schien ich mit meiner Vermutung Recht zu haben. Auf dem Bildschirm rannten Harry und Ron einen Flur auf Hogwarts entlang, während meine Kinder auf dem Ecksofa und den Bohnensacksesseln saßen.
Doch schließlich wurde mir klar, dass alle Kinder hier waren, einschließlich der todkranken Jane. Noch seltsamer war, dass Mary Catherine und Seamus ebenfalls im Wohnzimmer saßen und mich eindringlich anstarrten.
» Hey, warum seid ihr alle noch so spät auf?«, fragte ich. » Hat J. K. Rowling schon wieder ein Buch rausgebracht? Los, ihr Rasselbande, ab in die Falle.«
» Nein, es ist Zeit, Ihre Waffe herauszuziehen und zu mir rüberzuschieben«, erklang eine Stimme hinter mir. Das Wohnzimmerlicht wurde eingeschaltet.
Erst jetzt sah ich das Lampenkabel, mit dem Seamus und Mary Catherine an die Esstischstühle gefesselt waren.
Was? Nein, nicht hier! O mein Gott! Dieses Dreckschwein!
» Ich sage es nur noch einmal. Ihre Waffe – ziehen Sie sie heraus und schieben Sie sie zu mir«, sagte die Stimme. » Ich schlage vor, Sie sind sehr vorsichtig. Sie wissen genau, wie gut ich schieße.«
Ich drehte mich um, um meinem Albtraum in die Augen zu blicken. Die Zeugin hatte gute Arbeit geleistet. Groß, athletisch, mit attraktivem, jungenhaftem Gesicht. Sein Haar war blond, aber offenbar gefärbt. Und er sah wie Thomas Gladstone aus. Klar, dass die Stewardess ihn identifiziert hatte. Dieser Kerl sah wie eine ältere, schlankere Version des getöteten Piloten aus.
Oder war er doch Gladstone? Oder Meyer? Könnte die Gebissanalyse der verbrannten Leiche falsch sein?
Nicht zu übersehen waren auch seine Finger, die den Abzug seiner Maschinenpistole sehr fest umklammerten. Er zielte genau auf mein Herz.
Ich hielt meine Hände so, dass er sie sehen konnte, während ich meine Glock aus meinem Gürtelhalfter zog, sie auf den Boden legte und mit dem Fuß in seine Richtung schob. Er hob sie auf und steckte sie in seinen Hosenbund, wo sich eine weitere Waffe befand. Der Kerl war ja bis an die Zähne bewaffnet!
» Zeit für ein Gespräch unter Männern, Mike.« Er deutete mit dem Kinn Richtung Küche. » Wir beide haben eine Menge nachzuholen.«
84
» So, ihr stellt mir hier nichts Dummes an, Kinder. Bleibt einfach ruhig sitzen«, drohte der Kerl meiner Familie in forschem, herablassendem Ton. » Ich höre euch, und wenn ich etwas höre, das mir nicht gefällt, jage ich eurem Papa eine Kugel in den Kopf. Das würde ihm gehörig den Tag verderben.«
Die Kinder duckten sich, während Juliana versuchte, die kleine, weinende Shawna auf ihrem Schoß zu trösten. Solche Worte waren, nachdem ihre Mutter vor nicht einmal einem Jahr gestorben war, ungefähr das Letzte, was sie hören wollten. Wie gerne hätte ich dieses Schwein umgebracht – allein dafür, dass er in meine Wohnung eingedrungen war.
Mit der Waffe in meinem Rücken ging ich in die Küche und setzte mich so nah an den Messerblock wie möglich. Wenn ich ihn dazu bringen könnte, unachtsam zu werden, würde ich mir eins schnappen und auf ihn losgehen. Dass ich erschossen werden könnte, war mir gleich. Aber ich musste auf Nummer
Weitere Kostenlose Bücher