Blutsvermächtnis (German Edition)
zarte Weichheit des Halses, fixierte den Kopf der Frau zwischen ihrem eigenen und ihrer hochgezogenen Schulter. Nevaehs Herzschlag raste, der Puls pumpte in ihren Schläfen, dass sie glaubte, er würde ihre Knochen zum Bersten bringen. Dann setzte die Ballade ein, hallte durch die Nacht und verfing sich in den Blättern hoher Eichen.
She came to me one morning, one lonely sunday morning, her long hair flowing in the mid-winter wind. 23
Nevaeh löste für einen Moment den rechten Arm, griff zu der Scheide an ihrem Hosenbund und verstärkte den Klammergriff erneut, bevor die Frau reagierte.
I know not how she found me, for in darkness I was walking, and destruction lay around me from a fight I could not win. 23
Sie fasste den silbernen Dolch mit beiden Fäusten im Rücken der Frau. Ein ersticktes Stöhnen schlüpfte über Nevaehs Lippen.
She asked me name my foe then. 23
Langsam schob sie ihre Arme höher, wiegte sich mit der Frau sanft in der Melodie. Tränen rannen aus Nevaehs Augenwinkeln. Perlen des Schmerzes.
Oh lady lend your hand, I cried, oh let me rest here at your side. 23
Nevaeh setzte die Spitze zwischen den Schulterblättern an. Die Kälte des Griffs fraß sich durch ihre Hände und wollte ihr Herz lähmen.
I‘ve no such misconceptions. 24
Die Frau in ihren Armen hatte jeden Widerstand aufgegeben. Nevaeh lockerte die Umklammerung, lehnte sich leicht zurück und suchte ihren Blick. Für einen Wimpernschlag, eine kostbare Millisekunde, flackerte etwas in dem Irrsinn, der die geschlitzten, gelben Pupillen beherrschte.
But when you need me be assured I won’t be far away. 23
Sie stach zu. Ein animalischer Schrei riss ihr die Kehle auf, jagte infernalischen Schmerz durch jede Faser ihres Seins. Die Klinge durchbohrte Fleisch und Sehnen der Frau, schabte an Knochen. Ein gurgelndes Geräusch streifte ihr Ohr am Gesicht ihrer Liebsten, ein letzter Atemhauch.
Thus having spoke she turned away and though I found no words to say I stood and watched until I saw her black cloak disappear. 23
Noch immer schreiend glitt Nevaeh zu Boden, den schlaffen Leib einer toten Vampirin im Arm, den ein Gift an der Dolchspitze in Sekunden dahingerafft hatte. Sie bettete den Körper auf ein Moosbett, schloss die Lider über den nun wieder himmelblauen Augen und faltete die zarten Hände der Frau über deren Brust.
Mit einer weichen Bürste glättete sie das goldene Haar. Immer wieder schrie sie: „Gott, ich musste es doch tun. Ich musste, es gab keine andere Wahl.“
In wenigen Stunden würde die Sonne von dem toten Körper nichts als ein Aschehäufchen übrig lassen, auf dass der Novemberwind es davontrüge …
Nebel breitete sich um Nevaeh aus und klärte sich erst, als ihr eigener Schrei in nicht enden wollende, entsetzliche Klagelaute von Fields überging. Schmerz stach in ihr wundes Herz.
„Klasse Vorstellung, Puppe.“ Korhonen lachte dreckig und wandte sich seinen Handlangern zu. „Fields versteht es vorzüglich, Morrisons Gabe unter der Wirkung des Thiopentals in ihrem Kopf zu steuern und Vergangenheitsbilder hervorzulocken.“ Er lachte noch lauter. „Das hättet ihr erleben sollen … er liest in ihrem Schädel und überträgt es wie 3-D-Kino in fremde Köpfe.“ Jovial schlug er dem in sich zusammengesunkenen Fields auf die Schulter. „Brav Alter. Schäbige Erinnerung, die eigene Frau abgemurkst zu haben. Aber die Show ist noch nicht zu Ende.“
Nevaeh riss die Augen auf und keuchte. Ungläubig starrte sie auf das Fläschchen, aus dem Korhonen die Spritze erneut aufzog.
„Baby“, gurrte er, „als Nächstes wirst du einen Blick in die Zukunft werfen, ist das klar? Und dann genug der Trockenübungen …“ Morddrohungen funkelten in seinem Blick. „Oder dein Ende wird von diesen kleinen Teufelchen herbeigeführt.“
Die Hunde knurrten.
Nevaeh kreischte und wand sich vergebens, Korhonen hielt ihren Arm wie eine Schraubzwinge und seine Hand mit der Spritze näherte sich. Sie schloss die Augen.
Raubtiere tobten in ihrem Inneren, drohten, sie zu zerfleischen. Das aufgerissene Maul eines Löwen, der Panik hieß. Die geifernde Schnauze einer ausgehungerten Hyäne namens Verzweiflung. Drohend erhobene, messerscharfe Krallen eines Grizzlybären, der sich Ohnmacht nannte. Sie stürzten sich ihr entgegen. Nur noch wenige Augenblicke,und sie würden sie zerreißen. Ihren Geist in den Wahnsinn treiben.
Zuerst war es nur ein einziger silberner Schmetterling, der sich aus ihrer abwehrend ausgestreckten
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