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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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ließ ihn zu einem unartikulierten Raunen verschwimmen. Dennoch stand der Butler im nächsten Augenblick neben ihm.
    „Gestattet, dass ich ihn Euch abnehme, Herr?“
    „Nein danke, Crichton. Tragt Sorge, dass schnellstmöglich ein Arzt herbeigeführt wird.“
    „Sehr wohl, Herr.“ Wie ein Schatten verschwand Crichton und verschmolz mit der Dunkelheit der Felswände.
    Die Zähne des Alten schlugen aufeinander. Seine Muskeln zuckten in heftigen Kontraktionen von Schüttelfrost gepeinigt. Sein Herz würde den Strapazen nicht standhalten. Der Körper glühte vor Hitze, die Elasippos bis ins Mark strahlte. Der Wissenschaftler war dem Tode nahe, so nah, dass es ihm unmöglich erschien, ihn auf normale Art den Klauen zu entreißen.
    Ein verirrter Sonnenstrahl stach durch ein kleines Loch in der Felsdecke, aber er hätte den Weg in absoluter Finsternis gefunden. Ein enges Labyrinth zweigte im Höhleninneren ab, in dem sich mehr als ein Mensch verlaufen und nie wieder das Tageslicht erblickt hatte. Er trat in eine Nische, die nur bei genauem Hinschauen auszumachen war. Quetschte man sich hinein, steckte man in der Klemme und kam nicht einen Inch voran. Offensichtlich blieb nur der Rückzug. Betätigte man einen versteckten Mechanismus über Kopfhöhe eines erwachsenen Mannes, schob sich der Fels zurück und eröffnete eine Grotte. Eine weitere verborgene Vorrichtung gab einen Gang frei, dessen Treppenstufen hinab in sein Reich führten. Von den Ägyptern hatte er vor unendlichen Zeiten Mechanismen übernommen, die das Eindringen Unbefugter auf wirkungsvolle Weise unterbanden, gerade so, wie sie es in ihren Pyramiden angewandt hatten. Die ausgefeilte Technik vermochten selbst modernste Anlagen kaum zu übertrumpfen … obwohl es an neumodischem Equipment ebenfalls nicht mangelte. Elasippos fühlte sich sicher in seinem Refugium. Niemals war es jemandem gelungen, es zu entdecken und er fände auch weiterhin Mittel und Wege, um sicherzustellen, dass sich daran nichts änderte.
    Vor einigen Jahren musste er ein Geologenteam auf der Suche nach Erzvorkommen ablenken. Mit Varelas Hilfe lockte er sie in eine andere Richtung, in der sie weitaus reichhaltiger fündig geworden waren. Seither hatte er ab und an mit dem Gedanken gespielt, die sterblichen Überreste seines Sohnes einfach in tiefer gelegene Gefilde des Komplexes zu verlegen, doch das mutete wie Frevel an. Die Totenruhe durfte man nicht stören. Jede Faser seines Seins sträubte sich gegen diese Überlegung.
    Eine junge Frau mit blauschwarzem Haar öffnete die Eingangstür. Wie ungewohnt es war, dass sich außer Crichton und ihm menschliche Wesen in seinem Heim aufhielten. Hatte er die Nähe von Menschen vermisst? Nein. Sein Dasein dauerte vermutlich bis ans Ende aller Tage, aber nach der Gesellschaft dieses Jahrhunderts war ihm weniger zumute als zu beliebigen Zeitpunkten zuvor. Dennoch … eine gewisse Leere in seinem Innersten war nicht zu leugnen.
    Damals, als er um die Welt gereist war, als er mit Platon und Sokrates befreundet war, mit ihnen stundenlang in literarischen Dialog treten konnte, hatte ihn ein Hauch Lebensfreude gestreift. Zum ersten Mal seit dem Verlust von Isi und Mestor, den er nach seinem Zwillingsbruder benannt hatte. Wie viele Stunden philosophierte er mit den Freunden, berichtete in schillernden Farben von seiner Heimat. Gemeinsam gelangten sie in weinseliger Stimmung zu dem Schluss, dass Atlantis dem Zorn der Götter zum Opfer gefallen war. Heute sah er das nach fundierter wissenschaftlicher Analyse nicht mehr so. Kometeneinschläge hatten bereits des Öfteren zu gravierenden und teilweise fatalen Veränderungen der Erde geführt, Flora und Fauna umgewälzt. Um 350 v. Chr. hatte er Platon Unterstützung geleistet, um die Einwohnerschaft des nach verhängnisvollen Niederlagen wieder aufstrebenden Athens davor zu schützen, ihre Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Um sie sowohl vor den Gefahren einer imperialistischen Streitkraft zu warnen als auch, um den steten Drang nach immer ausufernderem Luxus zu unterbinden, hatte Elasippos zugelassen, dass Platon eine scheinhistorische Überlieferungsgeschichte verbreitete. In dieser gewannen die zahlenmäßig stark unterlegenen Griechen eine entscheidende Schlacht gegen die mächtige Seemacht seines Volkes und erreichten in einem glorreichen Sieg sogar die Befreiung einiger unterworfener Stämme. Platon wollte den Menschen bildhaft aufzeigen, wohin Völlerei selbst in einem Idealstaat führe – den

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