Blutsvermächtnis (German Edition)
„es ist Ihnen freigestellt, sich anders zu entscheiden.“ Er beugte sich vor und hob den Arm, um an die Scheibe zu klopfen. „Selbstverständlich werden Sie zurü…“
„Warten Sie, Mr. Spops.“ Seine schnelle Zustimmung brachte nicht die erhoffte Erleichterung. Es mutete fast wie Enttäuschung an, dass er sie ohne Weiteres gehen lassen wollte. Nevaeh legte ihm die Hand auf den Arm und zuckte zurück, spürte, wie sie rot wurde. Es fiel ihr schwer, den Faden wieder aufzunehmen. Auf ihre Verlegenheit, dass die Berührung kleine Stromstöße verursachte, durfte sie keine Rücksicht nehmen. „Bitte erzählen Sie mir vorher, was Sie über meinen Vater wissen.“ Sie sah ihn flehend an. Tränen schossen ihr in die Augen, weil sich ihr Herz zusammenkrampfte.
Er zog seine Hand von der Scheibe zurück und lehnte sich in den Sitz. Sein Mund öffnete sich, als wollte er zum Sprechen ansetzen, doch dann schloss er ihn wieder. Warum sagte er nichts? Was wusste er? Ihre Vermutung, dass er in der Wüste etwas mitbekommen haben musste, verdichtete sich. Doch warum sollte ein einsamer Jogger plötzlich als Mann von Welt auftauchen und das Militär befehligen? Garantiert war er der Oberbefehlshaber in Zivil. Vielleicht hatte er gar die Joggingrunde nur gedreht, um die Gewohnheiten der Expeditionsmitglieder auszuspionieren. Herauszufinden, wann der Zeitpunkt am gelegensten war, um das Camp zu räumen. Um ihren Vater, Mika und Pit zu entführen? Gott, diese Angelegenheit wurde immer komplizierter, ihre Gedanken verworrener. Allein seine Ausstrahlung wollte nicht zu den furchtbaren Verdächtigungen passen. Verflucht. Wer sagte, dass Verbrecher abstoßend und hässlich sein mussten und keinerlei Sex-Appeal besaßen?
„Wollen wir das Gespräch nicht in gemütlicherer Runde fortsetzen?“ Er maß sie mit einem ernsten Blick. „Ich finde, dass die Angelegenheit größerer Würde bedarf als eine Unterhaltung zwischen Tür und Angel.“
Nevaeh sackte ein Stück in sich zusammen. Augenblicklich überkam sie die Überzeugung, dass es etwas Furchtbares sein musste, das er ihr nicht in einem kurzen Gespräch mitteilen wollte. Ihr Dad war tatsächlich tot. Der winzige Funke Hoffnung erstarb. Elia Spops gehörte irgendeinem Geheimdienst an oder dem Militär. Dad hatte sich schuldig gemacht und den Rebellen Unterstützung geleistet. Fahndete man nach weiteren Hintermännern? Bestimmt. Wenn die Angelegenheit von öffentlicher Stelle abgeschlossen wäre, hätte sie einen vernünftigen Bericht in der Presse gefunden. Die Leichname wären längst überführt worden. Die Medien in den USA hätten – wenn nicht wie Hyänen, dann zumindest in einem Leitartikel – darüber berichtet. Doch Nancy Scott hatte gesagt, dass kein Wort des Vorfalls in die Öffentlichkeit gelangt sei.
„Es ist also wahr? Mein Vater ist ein Waffenhändler.“ Ihre Worte hatten eine Frage bilden sollen, doch mit jedem Ton sank ihre Stimme ab, sodass es wie eine Feststellung klang. Die Erkenntnis erschütterte Nevaeh. Niemals hätte sie Derartiges von Dad geglaubt und auch jetzt sträubte sich ihr jedes einzelne Härchen. Nein! Noch lagen keine Beweise vor, noch hatte sie jedes Anrecht, sämtliche Beschuldigungen zurückzuweisen. Erst recht konnte sie darauf bestehen, zu erfahren, was dieser Mann wusste. Obwohl Spops keine Erwiderung gegeben hatte, fuhr sie ihn an: „Sie lügen, Mr. Spops. Mein Vater ist kein Verbrecher. Das, was Sie oder die Regierung oder wer auch immer ihm vorwerfen, ist völlig aus der Luft gegriffen.“
Sie entlockte ihm ein Lächeln und verstand nicht, warum. Er griff nach ihrer Hand. Nevaeh zuckte zusammen und wollte sie zurückziehen, doch er hielt sie unnachgiebig fest. Sofort überfloss wieder dieses Kribbeln ihren Körper, ihr Geist driftete ab. Es gelang ihr nicht einmal, den Gedanken zu Ende zu bringen, wie abgefahren ihre körperliche und geistige Reaktion auf diesen Mann war und dass …
Sie starrte in sein Gesicht, sog jedes Zucken eines Muskels auf und versuchte, ihm eine Bedeutung beizumessen. Unbändiges Verlangen, an Gier grenzend, schoss zwischen ihre Beine. Gefühltermaßen unfreiwillig überlegte sie, wie sie es am geschicktesten und unauffälligsten anstellen könnte, diesen Prachtkerl in ein Bett zu zerren, am liebsten gleich auf der Rückbank des Wagens über ihn herzufallen.
Aufhören! Durchgeknallt!
Es war unmöglich, sich der tobenden Wollust zu widersetzen. Sie betete einen Exorzisten herbei, der sie von der Macht
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