Blutsvermächtnis (German Edition)
Gastgeber stützte sie und augenblicklich strömte Kraft durch die Berührung, mit der er sie um die Schultern gefasst hielt, die sie innerlich wie äußerlich wieder aufrichtete. Ihre Brust streifte seinen Körper und der Wunsch, er möge sie in seine Arme ziehen, sie festhalten und erklären, dass alles nur ein böser Traum gewesen sei, nahm überhand.
Oh nein. Nur das nicht! Alles, bloß keine unterbewussten Eingebungen. Keine Tr…e! Um Gottes willen, sie musste verhindern, dass ihr Verstand im Dauerstreik verweilte. Seine kräftigen Hände boten ihr weiterhin Halt, anderenfalls hätte sich die dicke Kante des Teppichs als Stolperfalle erwiesen, als er ihr die Augenbinde abnahm und sie ein Zimmer betraten. Es handelte sich um einen Speiseraum. Nevaeh blieb vor Staunen der Mund offen stehen. Kurz bevor es peinlich wurde, schaffte sie es, ihn zuzuklappen.
Unfassbarer Pomp! Eine Tafel mit Sitzplätzen für sicher fünfzig Personen beherrschte die Raummitte. An der Decke hingen riesige Kronleuchter, spiegelten ihr Licht in Tausenden diamantförmigen Kristallen.
Elia schob Nevaeh durch den weitläufigen Raum, bis sie im hinteren Bereich eine Sitzecke erreichten. Schwere Sessel luden zum Kuscheln ein und nichts verlockte im Augenblick mehr, als sich in eines der Polstermonster zu werfen, die Augen zu schließen und davon zu träumen, mit ihrem Prinzen in einem Märchenschloss zu weilen, befreit von jeglichem Schmerz und allen Problemen. Sie registrierte kaum, wie sie tatsächlich in einem der Sessel versank, eine Bedienstete ihr ein Glas reichte und sie es wie ferngesteuert an den Mund setzte und den Inhalt auf einen Zug leerte. Als das Feuer ihre Kehle hinabrann, ihr Innerstes in pure Glut verwandelte und ihren Geist in die Gegenwart zurückführte, schimpfte sie sich eine Idiotin, dass sie derartigen Wunschvorstellungen verfiel.
„Besser?“
Spops Nachfrage schälte sich wie aus einer anderen Dimension.
„Darf ich mir einen Vorschlag erlauben?“
Verwundert und neugierig, was er ihr anzubieten gedachte, bejahte sie.
„Ich habe Ihnen versprochen, Sie zu Ihrem Vater zu bringen. Das werde ich einhalten. Ich möchte auch keine Bedingung daran stellen, aber eine Bitte, wenn ich darf.“
Er musterte sie derart eindringlich, dass Nevaeh fast ein Ja entschlüpft wäre, ehe sie überhaupt wusste, was erwollte. Sie schluckte und gemahnte sich zur Vorsicht. Elia Spops war gefährlich. Er kontrollierte das Militär. Er hatte mit Joshuas Tod zu tun. Sie durfte sich auf keinen Fall abermals von der unglaublichen erotischen Anziehungskraft umgarnen lassen.
„Was wollen Sie?“ Ihre Stimme klang nicht annähernd so schroff, wie sie es beabsichtigt hatte. Die Wirkung der Worte jedoch floss wie Balsam durch ihre Seele. Eine winzige Errungenschaft in dem verzweifelten Bemühen, seiner Ausstrahlung nicht rettungslos zu erliegen. Wollte sie diesen Erfolg überhaupt? Gott, wie konnte man so wankelmütig sein.
Elia trat einen winzigen Schritt zur Seite. Sein Körper versteifte sich auf kaum merkliche Art und dennoch sah sie an der Regung seiner Lippen, die sich zu einem geraden Strich verzogen, dass er sich eine entgegenkommendere Reaktion erhofft hatte. Nevaeh hielt den Atem an, mühsam beherrscht, der Faszination seiner dunklen Ausstrahlung nicht zu unterliegen. Eine Strähne seines schwarzen Haars hing ihm in die Stirn, gab den aristokratischen Zügen etwas Verwegenes. Ihr Blick glitt an seiner Brust hinab, nahm das Heben und Senken seines Brustkorbs wahr, erhaschte eine Ahnung des prickelnden Spiels seiner Muskeln, verborgen von seinem geöffneten Sakko und dem Hemd. Der Wunsch, diesen Prachtkerl zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort und unter anderen Umständen kennengelernt zu haben, bahnte sich mit Urkraft einen Weg in ihr vordergründigstes Hoffen. Nur leider würde sich an den Tatsachen nichts ändern. Sie hatte sich darüber klar zu sein, dass er ihr Feind war.
„Schenken Sie mir diese Nacht.“
Wie? Was sollte das denn jetzt … Nevaeh sprang auf, ehe er sie erneut zurückhalten konnte. Sie hatte Wichtigeres zu tun, als sich mit diesem Kerl auf erotische Spielchen einzulassen. Und was glaubte er eigentlich? Dass sie mit ihm schnurstracks ins Bett hüpfte?
Würde sie nicht?
„Bitte, was?“ Nevaeh schluckte ihr Entsetzen hinunter, mehr über sich als über seine Forderung. Der kleine Mann im Ohr raunte ihr höhnisch zu, dass sie noch vor Kurzem fast schmerzlich ersehnt hatte, Elia ins nächstbeste
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