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Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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nahm er ein paar Blätter weißes Papier aus dem Drucker, auf denen er sich seine persönlichen Notizen machen wollte.
    Dann stellte er die erste Frage.

    »Signor Prestipino, zunächst einmal möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Sie hier als Zeuge gehört werden undnoch nicht als Person, gegen die ermittelt wird. Bei der Staatsanwaltschaft ist kein Strafverfahren gegen Sie anhängig. Vielmehr wurde ich informiert, dass Sie im Besitz bestimmter Informationen über die Ermordung Ihres Schwagers, Rocco Fedeli, sowie über die ’Ndrina von San Piero d’Aspromonte sind. Ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Gut. Fangen wir bei der ’Ndrina von San Piero an, die meine Behörde aufgrund ihrer Zuständigkeit besonders interessiert.«
    »Fragen Sie, Herr Staatsanwalt.«
    »Ihr Schwager war ein Mitglied?«
    »Ja, er gehörte der ’Ndrina von Don Ciccio Puglisi an.«
    »Wann ist er beigetreten?«
    »Als er achtzehn wurde, wurde er getauft und damit ein ›Picciotto‹, ein Nachwuchsmitglied.«
    »Verstehe. Beschreiben Sie mir, wie diese ›Taufe‹ vor sich ging.«
    »Sie fand während des Festes der Madonna d’Aspromonte statt, während des Jahrestreffens der ’Ndranghetisti, Sie verstehen. Rocco leistete den Treueeid und wurde vom Capo persönlich, also von Don Ciccio, getauft. Von dem Moment an blieb er dem Blutspakt treu, bis …«
    »Bis? Bitte sprechen Sie weiter.«
    »Bis er gegen den Verhaltenskodex der ›Familie‹ verstieß.«
    »Erklären Sie das genauer. Ich kann Ihnen folgen, Signor Prestipino, machen Sie ruhig weiter.«
    »Mein Schwager hat die Seiten gewechselt … Er hat Verrat begangen, und er hat Geld unterschlagen … Geld war für ihn alles. Für etwas anderes empfand er nichts mehr. Vielleicht hat ihm etwas anderes auch noch nie etwas bedeutet …«
    »Führen Sie die Sache mit dem Verrat und dem Geld bitte näher aus.«
    »Dazu muss ich von New York reden.«
    »Gut, tun Sie das.«
    Eine lange Pause entstand, in der Prestipino schwieg.
    »Sollen wir ein paar Minuten unterbrechen?«
    »Das wäre nett, ich würde gern ein Glas Wasser trinken.«
    Romeo machte dem Techniker ein Zeichen und sagte ins Mikrofon: »Anmerkung fürs Protokoll: Die Zeugenvernehmung wird um 11.20 Uhr auf Bitte des Zeugen hin unterbrochen und soll in zehn Minuten fortgeführt werden.«
    Der Beamte schaltete das Aufnahmegerät aus.
    »Signor Prestipino, ich gehe mir kurz die Beine vertreten und lasse Ihnen in der Zwischenzeit eine Flasche Wasser bringen.«
    »Vielen Dank.«
    »Möchten Sie auch einen Kaffee?«
    »Wenn es möglich ist, gern.«
    Romeo ging hinaus.

    Nach einer Viertelstunde kam er zurück.
    »Fühlen Sie sich jetzt besser, Signor Prestipino?«, fragte er, während er seinen Platz am Tisch wieder einnahm.
    »Ja, danke.« Prestipino deutete ein Lächeln an.
    »Gut, dann können wir fortfahren.« Der Techniker drückte auf die Record-Taste und nickte. »Ich gebe zu Protokoll: Es ist 11.35 Uhr, die Zeugenvernehmung wird in Anwesenheit derselben Personen fortgesetzt. Nun berichten Sie bitte von New York.«
    »Rocco war das eigentliche Ziel. Meine anderen beiden Schwäger und die übrigen Opfer wurden umgebracht, weil sie zufällig anwesend waren, aber auch, um als Warnung füralle Mitglieder zu dienen und so weiteren Verrat im Keim zu ersticken.«
    »Auf welche Weise hatte Ihr Schwager die Organisation verraten, dass eine so harte Bestrafung für erforderlich erachtet wurde?«
    »Er war zu Antonio Russo übergewechselt, mit dem er Kokaingeschäfte machte, und dabei hat er nicht nur das Geld dieses Russo investiert, sondern auch das seiner Familie, seines Clans. Die Dollars haben ihm den Kopf verdreht, verstehen Sie: Es ist schon ein Unterschied, ob man in Amerika lebt oder noch in San Piero …« Er zuckte die Achseln.
    Romeo nickte und forderte ihn auf weiterzusprechen.
    »Rocco hätte am nächsten Tag, genau am Morgen des New York Marathon, drei Millionen Dollar für eine Drogenlieferung an einen Boss des Kartells von Cali zahlen müssen, aber die Killer haben das Geld mitgenommen …«
    Er senkte den Blick auf seine Knie.
    »Wo bewahrte Ihr Schwager die Dollars auf?«
    »In dem Safe in seinem Arbeitszimmer.«
    »Wie haben die Killer ihn geöffnet?«
    Antonio Prestipino starrte weiter auf seine Beine und rang nervös die Hände. Er war offensichtlich hin und her gerissen und zauderte. Dann hob er langsam den Kopf, seufzte tief und stieß hervor: »Es ist nicht einfach, über bestimmte Dinge zu reden, Herr

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