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Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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Gründen hier?«
    »Nein. Nur um uns zu besuchen. Das hatten sie uns das letzte Mal bei der Abreise versprochen.«

    Nach dieser Antwort entstand eine Pause.
    Reynolds versuchte seine Gedanken neu zu ordnen. Er hatte im Vorfeld ein recht genaues Schema für diese Vernehmung entworfen. Jede neue Frage baute auf der vorhergehenden auf. Er beschloss, direkter aufs Ziel loszugehen. Es wurde Zeit, zur Sache zu kommen.
    »Hatte Ihr Bruder Rocco Freunde, die, sagen wir, nicht unbedingt vertrauenerweckend waren?«
    Die Frau schien sich Zeit zu lassen. Sie sah ihn mit eisigem Blick an und verzog den Mund zu einer boshaften Grimasse. Dann endlich antwortete sie.
    »Was erlauben Sie sich, Detective! Mein Bruder hatte viele Freunde, aber keine von der Sorte, auf die Sie anspielen.Rocco hat hart gearbeitet und nur an seine Familie gedacht. An uns. An meine Mutter!« Ihre Stimme grollte wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch.
    »Gut. Ich verstehe. Es gibt keinen Grund zur Aufregung, Mrs Prestipino. Solche Fragen müssen wir stellen, das gehört zu unserem Beruf.«
    »Ich weiß, Detective.«
    »Noch eine letzte Frage, dann sind wir fertig, zumindest für heute Abend.«
    »Fragen Sie.«
    »Wie erklären Sie sich die Ermordung Ihrer Brüder?«
    »Das wollen Sie von mir wissen, Detective?«
    »Jemand muss schließlich ein Motiv gehabt haben, sie zu töten, meinen Sie nicht?«
    »Es ist Ihre Aufgabe, das herauszufinden. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Rocco war ein zurückhaltender Mensch, er hat viel gearbeitet, genauso wie meine anderen Brüder. Wer sie umgebracht hat, wird dafür bezahlen müssen. Die Madonna wird sie strafen.«
    Mit diesen Worten zog sie eine Goldkette mit einer kleinen Heiligenmedaille daran aus ihrer Bluse. Sie hob sie an die Lippen und küsste sie mehrmals.
    John Reynolds beobachtete sie fasziniert und gelangte immer mehr zu der Überzeugung, dass sie anders als andere Frauen war. Er hätte gern gewusst, um was für eine Medaille es sich handelte, fragte sie aber nicht danach. Eines aber wusste er sicher: So etwas hatte er in seiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt.
    Die für jeden guten Polizisten unverzichtbare Intuition, von der er sich immer hatte leiten lassen, half ihm diesmal nicht weiter.
    »Wie erklären Sie sich dann die Morde?«
    »Es muss ein Irrtum gewesen sein, eine Verwechslung. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es dazu gekommen ist.«
    Ihre Stimme verriet nach wie vor keine Gefühlsregung, doch in ihrem Gesicht las Reynolds eine klare Botschaft: Wenn Sie mir nicht glauben, ist das Ihr Problem. Hören Sie endlich auf und lassen Sie mich nach Hause gehen.
    Reynolds sah ein, dass es Zeitverschwendung wäre, sie weiter auszuforschen, und sagte: »Na gut, für heute sind wir fertig, aber halten Sie sich bitte zur Verfügung. Eventuell müssen wir Sie nochmals befragen.«
    Es war 20.10 Uhr. Angela Prestipino erkundigte sich leicht gereizt, wann die Leichen ihrer drei Brüder zur Bestattung freigegeben würden.
    »Sobald der Untersuchungsrichter die Genehmigung erteilt«, antwortete Reynolds.
    »Wir müssen sie in unser Dorf bringen.«
    »Das verstehe ich, Mrs Prestipino. Sie werden sich aber noch ein paar Tage gedulden müssen, da wir erst die Autopsien durchführen müssen. Das Gesetz verlangt das in solchen Fällen.«
    »Ich weiß. Ich hoffe nur, das Gesetz vergisst nicht …«
    Sie wollte sagen: … dass wir Italiener sind, und noch dazu Kalabresen.
    Aber sie hielt sich gerade noch zurück.
    Im Hinausgehen schob sie ihre Halskette behutsam wieder unter die Bluse.
    Der Lieutenant ließ gleich darauf den Ehemann eintreten.
    Angela Prestipino, die ihrem Gatten im Gang begegnete, sandte ihm im Vorübergehen eine wortlose Botschaft, die dieser ohne Schwierigkeiten verstand.
    Alfredo Prestipino war klein und mager, hatte braune Augen und nur noch spärliche graue Haare, die ihn älter wirken ließen als seine zweiundvierzig Jahre. Sein Teint war dunkel, wie permanent sonnengebräunt. Er verkörperte den typischen Süditaliener, wie Amerikaner ihn sich vorstellen.
    Er sprach leise, beinahe flüsternd. Gekrümmt saß er auf dem Stuhl, hielt den Kopf gesenkt und stützte das Kinn in die leicht zitternden Hände, als wäre er in Gedanken versunken.
    Den Aussagen seiner Frau und seiner Tochter hatte er nichts hinzuzufügen.
    Dann war Maria Prestipino an der Reihe, die jedoch von einem anderen Detective aus Bernardis Mordkommission vernommen wurde.
    Sie wiederholte,

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