Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
unsere Untersuchung wäre möglicherweise auch für euch nützlich.«
»Verstehe. Darf ich die Akte einmal sehen?«
»Natürlich, deswegen habe ich sie ja mitgebracht, ich lasse sie dir hier.«
»Danke. Ist denn der Name Rocco Fedeli im Zusammenhang mit den Ermittlungen damals aufgetaucht?«
»Nein.«
»Aber es gibt noch eine Neuigkeit«, schaltete sich Murray ein.
»Und die wäre?«
Der Chef des ballistischen Labors erklärte, dass die Seriennummer der Pistole rekonstruiert werden konnte, und zwar durch Verwendung einer spezifischen Säure, die die kleinen Unebenheiten im Metall dort, wo die Nummer eingeprägt worden war, hervorhob. Die Waffe war 1990 in einem Waffengeschäft in Manhattan gekauft worden, und der Besitzer hatte ihren Diebstahl angezeigt, nachdem seine Wohnung im Jahr 2002 ausgeraubt worden war − eine Woche vor dem Mord an der Immobilienhändlerin.
»Eine Kopie der Anzeige findest du in der Akte«, bemerkte Porter.
»Außerdem habe ich Ihnen unseren vorläufigen Bericht mit allen bisherigen Untersuchungsergebnissen mitgebracht, Lieutenant, auch bezüglich der Hülsen und Patronen Kaliber .22«, sagte Murray und gab ihm einen Umschlag.
Nachdem die beiden gegangen waren, öffnete Reynolds als Erstes den Umschlag mit dem Bericht der Ballistik. Neben dem, was er soeben mündlich erfahren hatte, enthielt er wie angekündigt die Untersuchungsergebnisse zu den Patronen und Hülsen Kaliber .22, die am Tatort sichergestellt worden waren. Es gab keine Übereinstimmung mit den Daten im Archiv, aber er las, dass diese Schüsse ebenfalls von Pistolen mit Schalldämpfern abgegeben worden waren.
Beigefügt waren auch die Resultate der Überprüfung anhand des Automated Fingerprint Identification System, AFIS , also der automatisierten Fingerabdruck-Identifizierung des FBI , zu der die Police Departments des ganzen Landes Zugang hatten. Die Fingerabdrücke der Opfer waren nicht in der Datenbank registriert, es handelte sich also um »saubere« Personen. Keine von ihnen hatte irgendwelche Vorstrafen.
Ein neues konkretes Element außer dem Zeitfaktor verband nun die beiden Tötungsdelikte: der Schalldämpfer.
Dann begann Reynolds, in der Akte über den Mord vom vergangenen Jahr zu blättern.
Das erste Schriftstück war ein zusammenfassender Ermittlungsbericht von wenigen Seiten. Er gab die Rekonstruktion des Tathergangs wieder, die Informationen über das Opfer sowie die Ergebnisse der Telefonüberwachungen und der Zeugenvernehmungen. Während er las, merkte der Lieutenant, wie sein Blut schneller durch seine Adern pulste. An der Wohnungstür waren keine Einbruchsspuren zu finden gewesen, und niemand außer der Putzfrau besaß einen Schlüssel. Die Ermittler waren somit davon ausgegangen, dass das Opfer seinen Mörder kannte. Die Putzfrau, wurde hervorgehoben, hatte ein wasserdichtes Alibi und war sogleich aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschieden.
Abrupt schob Reynolds seinen Schreibtischsessel zurück und stand auf. Er beschloss, erst einmal ein Glas Wasser und einen Kaffee zu trinken, ehe er weitermachte.
Als er sich die Unterlagen wieder vornahm, gelangte er er zu einem Stapel von Dienstberichten und ergänzenden Notizen, einige davon handgeschrieben; die üblichen Routineaufzeichnungen, die immer zuunterst lagen und dennoch, wenn man sie richtig zu ordnen wusste, interessante Anhaltspunkte ergeben konnten.
Er blätterte weiter und sah eine Reihe von Fotografien vom Format 10 x 15 cm durch, die bei der Tatortbesichtigung in der Wohnung des Opfers gemacht worden waren. Alles wirkte normal und ordentlich, bis auf das Schlafzimmer. Die Aufnahmen von der Leiche sah er sich genauer an: Sie lag auf dem Boden, neben dem halb zugedeckten Bett, und wurde vom Oberkörper abwärts vom Bettrahmen verdeckt. Das Opfer hieß Susan George und war fünfunddreißig Jahre alt. Hübsch, blond, schlanke Figur. Sie war von vier Pistolenschüssen getroffen worden: zwei in die Brust, einem in die rechte Schulter und einem in den Kopf.
Schließlich überflog er die Vernehmungsprotokolle. Nichts Nützliches dabei. Eine Chronologie der letzten Tage des Opfers. Nichts Besonderes. Ein paar Presseberichte schlossen die Akte ab. Das war alles. Die Ermittlungen hatten sich vor allem auf den Exmann Susan Georges konzentriert, von dem sie seit mehreren Jahren geschieden war, doch es stelltesich heraus, dass dieser sich zur Tatzeit, wie ausgesagt, beruflich in Brasilien aufgehalten hatte. Das Privatleben der Frau war
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