Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
An der Decke waren eine Neonröhre und eine Überwachungskamera angebracht.
An einer Wand befand sich ein verspiegeltes Fenster, hinter dem man in einem angrenzenden Raum die Vernehmung beobachten konnte.
Ein Mann in Jeans und schwarzem T-Shirt mit ungepflegtem Bart und von grün-blauen Tätowierungen bedeckten Armen saß in arroganter Haltung auf einem Stuhl. Seine rechte Hand war mit Handschellen an einen in den Tisch eingelassenen Eisenring gefesselt. An den Füßen trug er Turnschuhe ohne Schnürsenkel. Er war zweiunddreißig Jahre alt. Hochgewachsen, kräftig, rötliche Haare.
Als der Lieutenant eintrat, sah er auf. Seine Augen waren halb geschlossen, als blende ihn das Sonnenlicht, und sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. Er erkannte ihn wieder. Er hatte ihn schon öfter in den Zeitungen und auch im Fernsehen gesehen. In seinem Milieu sprach man von ihm als einem harten, verbissenen Bullen, dem man den Spitznamen »der Bluthund« gegeben hatte. Irgendwann würde es jemand diesem Scheißbullen heimzahlen, der ihn jetzt verhören wollte.
»Ich bin Lieutenant Reynolds«, stellte sich Reynolds vor und setzte sich ihm gegenüber. Dann machte er Green ein Zeichen, der daraufhin dem Verdächtigen die Handschellen abnahm und sich neben ihn stellte. Der Mann verschränkte die Arme, sodass die Drachen und Schlangen auf seinen Oberarmen anschwollen.
»Ich will meinen Anwalt. Ich denke gar nicht daran, irgendwelche Fragen zu beantworten«, sagte er gespielt gelangweilt.
»Sie können Ihren Anwalt gleich anrufen«, erwiderte der Lieutenant bereitwillig. »Aber vorher möchte ich dir einenVorschlag machen, Harry«, fügte er nach kurzer Pause in vertraulichem Ton hinzu. Ein alter Trick, um jemanden zum Reden zu bringen. Doch Harry Baker kannte alle Tricks.
»Was für einen Vorschlag?«, fragte er nun genervt und sah ihn herausfordernd an, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
»Ich möchte mit dir über einige Mordfälle reden. Du hast sicher von dem Blutbad an der Madison Avenue gehört? Okay, ich will etwas für dich tun. Du kannst mein Angebot annehmen oder ablehnen, aber wenn ich hier rausgehe, komme ich nicht noch einmal zurück. Du kriegst keine zweite Chance. Falls du deine Einstellung änderst, könntest du freikommen und dir die Anwaltskosten sparen.«
»Hey, Mann, ich weiß nichts, Sie verschwenden nur Ihre Zeit. Aber wenn Sie unbedingt wollen, erzählen Sie mir, was Sie auf dem Herzen haben«, entgegnete Harry Baker höhnisch grinsend.
Reynolds war drauf und dran, die Geduld zu verlieren. Was für ein unverschämter Mistkerl!
»Vielleicht ist dir nicht klar, dass du ziemlich tief drinsteckst. Wir haben jede Menge Diebesgut bei dir sichergestellt. Du wirst dich mindestens wegen Hehlerei verantworten müssen … Aber heute könnte dein Glückstag sein«, versuchte er es erneut.
Baker starrte ihn voller Hass und Verachtung an.
Reynolds merkte, wie die Spannung im Raum sich immer mehr auflud. Mit der Gelassenheit jahrelanger Übung kam er zum springenden Punkt: »Du sollst uns erklären, wie du in den Besitz des FBI -Abzeichens gelangt bist. Hier nun mein Angebot: Wenn du uns die Wahrheit sagst, kommen wir dir bei den Anklagen wegen Diebstahls undHehlerei entgegen. Ich werde mich persönlich für dich verwenden, das verspreche ich. Und ich pflege mein Wort zu halten.«
»Ich hab euch das doch alles heute Nacht schon erzählt, dem Detective hier neben mir. Ihr wollt es wohl einfach nicht kapieren«, sagte Baker ungeduldig und zog verächtlich die Augenbrauen hoch. Dann sah er zu Green auf, der ihn mit einem zornigen Blick durchbohrte.
»Also was?«
»Ich hab es gefunden.«
»Wo?«
»Das weiß ich nicht mehr.«
»Verstehe, du willst dir also nicht helfen lassen.«
»Ich verlange meinen Anwalt. Ohne ihn sage ich nichts mehr.«
»Schon gut, wir rufen ihn gleich an. Aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass du wegen Diebstahl und Hehlerei festgenommen bist. Ich erinnere dich daran, dass du im unrechtmäßigen Besitz eines Gegenstands angetroffen wurdest, der Eigentum des Justizministeriums ist. Wegen dieses Vergehens könnte sich die Bundesbehörde einschalten. Verstehst du jetzt, wie ernst deine Lage ist?«
Reynolds zog ein Blatt Papier aus einer Schublade und begann, ihm seine Rechte vorzulesen.
»Ich kenne meine Rechte. Deshalb will ich ja meinen Anwalt sprechen.«
»Tatsächlich? Ist das dein letztes Wort? Weißt du, was ich dir darauf antworte?«
»Na, sagen Sie’s schon … Los,
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