Bluttat
raste durch den morgendlichen Verkehr und kam schließlich kurz nach acht in der Vanowen an. Milo gab eine Kurzwahlnummer in sein Handy ein und fragte Binchy nach den Autokennzeichen. »Nein, lesen Sie weiter … nein, nein … Moment, wiederholen Sie das … interessant. Okay, bleiben Sie dort, bis wir eintreffen. Mucho Dank, mein Junge.«
»Hat sich was ergeben?«, fragte ich.
»Ein cremefarbener Cadillac DeVille parkt direkt vor dem Haus«, sagte er. »Und rate mal, wer die Steuern bezahlt?«
Referend Dr. Crandall Wascomb sah aus, als wäre sein Glaube getestet worden und er nicht sicher, ob er bestanden hatte.
Er öffnete das Tor wenige Sekunden nach Milos Klopfen und trat wie vor den Kopf geschlagen zurück.
»Dr. Delaware?«
Als Milo seine Dienstmarke vorzeigte, ließ er die Schultern sinken. Nicht Bestürzung, Erleichterung. »Polizei. Gott sei Dank. Hat Cherish Sie auch angerufen?«
»Wann hat sie Sie angerufen, Sir?«, fragte Milo.
»Heute früh«, sagte Wascomb. »Kurz nach sechs.«
Seine weißen Haare schwebten über seiner Stirn, und er hatte sich willkürlich angezogen: eine schwere graue Strickjacke, die er schief zugeknöpft hatte, sodass sie sich in der Mitte seiner Brust bauschte, ein weißes Hemd mit einer umgebogenen Kragenspitze, eine rotbraune Krawatte, deren Knoten ein ganzes Stück zu tief saß. Hinter seiner Brille mit dem schwarzen Rahmen waren seine Augen wässrig und unsicher.
»Was wollte sie, Reverend?«
»Sie sagte, sie bräuchte sofort meine Hilfe. Mrs. Wascomb fühlt sich nicht wohl, und unser Telefon steht in der Diele, anstatt neben dem Bett, damit sie nicht geweckt wird. Das Klingeln weckte mich, aber um diese Zeit nahm ich an, es handele sich um eine falsche Verbindung, und stand nicht auf. Als es wieder klingelte, ging ich ran, und es war Cherish, die sich für die Störung entschuldigte. Sie sagte, es sei etwas geschehen, und bat mich inständig, so schnell wie möglich zu ihrem Haus zu kommen. Ich versuchte sie zu einer Erklärung zu bewegen, aber sie sagte, dazu sei keine Zeit, ich müsse ihr einfach glauben, und ob sie nicht immer eine treue Studentin gewesen sei.« Wascomb blinzelte. »Das war sie.«
»War sie verzweifelt?«, fragte ich.
»Eher … besorgt, aber auf eine effiziente Weise. Als sähe sie sich einer plötzlichen Herausforderung gegenüber und zeige sich der Lage gewachsen. Ich dachte mir, dass eines der Kinder oder Drew krank geworden wäre. Ich fragte sie erneut, was los sei, und sie antwortete, sie würde es mir sagen, wenn ich hier einträfe. Ich sagte, ich würde kommen, und ging mich anziehen. Mrs. Wascomb war aufgewacht, und ich sagte ihr, ich hätte einen meiner Anfälle von Schlaflosigkeit, sie solle wieder einschlafen. Ich wies die Haushälterin an, ab und zu nach ihr zu sehen, machte mich zurecht und fuhr hierher.«
Er kniff die Augen zusammen, als er den Blick auf mich richtete. »Als ich ankam, stand das Tor offen, aber es war niemand im Haus. Da die Eingangstür nicht abgeschlossen war, nahm ich an, Cherish wollte, dass ich direkt hineinging. Das Haus war leer. Ich schaute mich um und ging wieder hinaus. Ich wurde allmählich ziemlich unruhig. Dann kam eine junge Frau dort heraus.«
Er neigte den Kopf zu den beiden Nebengebäuden. Die passend zum Haus hellblau gestrichene umgebaute Garage und daneben der seltsam aussehende Würfel aus Zementblöcken.
Die Tür zu dem Würfel stand einen Spalt offen.
»Ich habe sie offen gelassen, damit die Mädchen sich nicht eingesperrt fühlen«, sagte Wascomb. »Es gibt nur ein Fenster, und das ist zugeschraubt. Zwei von ihnen waren in dem anderen Gebäude, dem blauen, aber ich habe sie alle an einem Ort versammelt, bis Hilfe einträfe.«
»Haben Sie jemanden angerufen, der Ihnen helfen soll?«, fragte Milo.
»Ich überlegte gerade, wen ich anrufen soll, als Sie ankamen. Es scheint kein Notfall vorzuliegen, abgesehen davon, dass Cherish und Drew nicht hier sind.« Er warf erneut einen Blick auf das Würfelgebäude. »Keine von ihnen scheint zu wissen, was los ist, aber vielleicht wollte Cherish sie nicht beunruhigen.«
»Da es sich ja um Kinder handelt.«
»Ja, die Herde.«
»Die Herde?«
»So hat Cherish sie in ihren Anweisungen bezeichnet.«
»Was für Anweisungen?«
»Ach du meine Güte«, sagte Wascomb. »Das hab ich ja völlig vergessen, das hier war alles so …« Aus einer Tasche der Strickjacke zog er zwei auf Postkartengröße zusammengefaltete Blätter Papier.
Milo entfaltete
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