Bluttaufe: Thriller
Präsidium überspielten Bänder kontrolliert hatte, stand fest: Kaja Winterstein musste bereits auf dem Weg zum Flughafen entführt worden sein.
Mangold und Hensen saßen an ihren Schreibtischen und durchforsteten erneut die Daten, die sie über den Fall gesammelt hatten.
»Du gehst davon aus, dass sie noch lebt?«, fragte Mangold.
»Vielleicht ist sein Kreieren nichts anderes, als neue Tote zu produzieren, wer weiß das schon«, sagte Hensen. »Aber sie ist nicht einfach ein weiteres Opfer. Die ganze Zeit hatte er Kaja Winterstein im Auge. Mit den Bildern, die er
abgeliefert hat, hat er nicht nur eine Horrorshow veranstaltet, sondern auch eine Art Hirnwäsche durchgeführt.«
»Er hat ihr einen Blick in seine Monsterwelt gestattet.«
»Er will bei ihr sein, ganz nah bei ihr sein«, ergänzte Hensen.
»Und wenn er sie einfach freilässt? Schließlich hat er Leonie …«
»Unwahrscheinlich«, sagte Hensen. »Wozu der ganze Aufwand, die Rätsel, die Morde, warum dieses riesige Tamtam, nein, das muss etwas Großes sein.«
»Hensen, unsere Fahndung läuft, wir überwachen ihr Haus, was fehlt?«
»Keine Ahnung«, sagte Hensen.
In diesem Augenblick klingelte Mangolds Ersatzhandy. Ein Mitarbeiter der Telekom meldete sich und informierte ihn darüber, dass seine Verbindungskosten gerade die 1000-Euro-Hürde genommen hätten. Ob mit dem Handy alles in Ordnung sei, sie stellten ungeheure Datenmengen fest, die über seinen Anschluss hin- und hergeschoben würden.
»Danke, danke«, sagte Mangold.
»Ach, der Dank ist ganz auf unserer Seite.«
»Okay«, sagte Mangold, »ich weiß zwar nicht, wie er meinen Pin-Zugang geknackt hat, aber ich wette, Sienhaupt hat Kontakt mit Schneeweißchen.«
Er warf sich sein Jackett über.
»Wir werden ihn fragen. Gleichgültig, ob er mit dem Mann zusammenarbeitet oder nicht. Wir müssen etwas aus ihm herauskitzeln, nur einen brauchbaren Hinweis.«
Gerade als sie den großen Besprechungsraum verlassen wollten, öffnete Weitz die Tür.
»Nichts«, sagte er. »Die Anfragen an die Taxigesellschaften haben nichts gebracht. Keiner der Fahrer kann sich an eine Flughafenfahrt mit einem Gast erinnern, der Kaja Winterstein ähnlich war. Eine Reihe von Fahrern hat gerade Schicht und wird morgen befragt.«
Auch in ihrem Haus hätten sie keinerlei Spuren entdeckt, die darauf hindeuteten, dass sie dort entführt worden sei. Das letzte Lebenszeichen sei ihr Telefonat mit Hensen.
»Er ist uns meilenweit voraus«, sagte Tannen.
»Nicht ganz«, widersprach Weitz. »Ich hab mir die Opferbiografien noch mal angesehen, mit Leuten gesprochen.«
»Und?«, fragte Mangold.
»So astrein waren die Opfer nicht. Zumindest bei der Kanuk und dem Annand gab es schweres Fehlverhalten. Kanuk war Zeugin und auch ein wenig Verursacherin eines Verkehrsunfalls, bei dem ein Kind getötet wurde.«
»Und Charles Annand?«
»Hat einen Mord oder Totschlag verschwiegen, der in seinem Dorf passiert ist.«
»Beide haben sich also in den Augen des Täters schuldig gemacht?«, fragte Hensen.
Weitz nickte.
»Und jetzt kommt’s: Alle tauchen in der Diplomarbeit einer gewissen Antonia Ahrens auf.«
»Das vermutlich vierte Opfer?«
Weitz blickte Mangold irritiert an.
»Sie kennen den Namen?«
»Was ist das für eine Diplomarbeit?«, fragte Mangold.
»Es geht um die Übernahme von Verantwortung, Zeugenangst und so ein Zeugs.«
Hensen fixierte seine Fußspitze und sagte: »Deshalb hat er sie ausgesucht.«
»Hat er sich gerächt?«, fragte Mangold. »Für selbst erlittenes Unrecht?«
»Passt nicht«, sagte Hensen. »Er hat sie ausgewählt, weil er Opfer braucht. Es geht nicht um Rache, es geht um das Schöpfen, um etwas Neues.«
Mangold trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Dieses Rätselraten war unerträglich.
»Weitz, Sie versuchen eine Verbindung zwischen den Geschädigten herzustellen«, sagte Mangold. »Ich meine diejenigen, bei deren Zuschadenkommen unsere Opfer irgendwie beteiligt oder Zeuge waren. Checken Sie auch die Familien, Verwandte, Bekannte, das ganze Programm. Kannten sie sich, taucht vielleicht ein Name immer wieder im Zusammenhang der Fälle auf, also irgendetwas Verbindendes. Wir fahren jetzt zu Sienhaupt.«
Zwanzig Minuten später standen Mangold, Hensen und Tannen unschlüssig vor der Zimmertür Peter Sienhaupts und seiner Schwester. Sienhaupts Heullaute drangen von innen heraus, dann ein Poltern, dann wieder undeutliche, kehlige Laute.
»Wie lange geht das schon so?«,
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