Blutträume
sich an das FBI, melden Sie das Verbrechen und bekunden Sie Ihren Verdacht, dass Sie es hier in Venture mit der Tat eines Serienmörders zu tun haben.«
»Und?«
»Und das Bureau würde, dem Amtsweg folgend, sämtliche Tatortinformationen von der Verhaltensanalyse überprüfen lassen, möglicherweise einige Ihrer Leute kontaktieren und befragen und ein Profil von Ihrer unbekannten Zielperson erstellen. Von Ihrem Mörder.«
Niemand hätte Marc je unterstellt, er sei schwer von Begriff. »Verwaltungsbürokratie. Was wie lange dauern würde?«
»Ein vorläufiges Profil könnten Sie in einer, eher aber zwei oder drei Wochen bekommen, in Anbetracht der derzeitigen Arbeitsüberlastung des Bureaus. Und es würde sich natürlich nur auf das beziehen, was hier geschehen ist, also den Mörder und sein Jagdgebiet als Einzelfall betrachten.«
Marc beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt, den Blick auf Miranda gerichtet, wobei ihm immer stärker bewusst wurde, dass Dani, die kaum einen Meter weit entfernt saß, keinen Ton von sich gab. Wieso war sie so verdammt schweigsam? Er war nicht so eitel, sich einzubilden, er sei der Grund dafür, nur was war es dann?
Den Blick weiterhin auf die Agentin gerichtet, fragte er: »Sind Sie deshalb hier? Um mir mitzuteilen, dass das FBI mir bei dieser Ermittlung keine große Hilfe sein wird?«
»Nein, ich bin hier, um Ihnen zu erklären, dass das FBI aus einer Vielzahl von politischen und bürokratischen Gründen mit eigenen internen Angelegenheiten beschäftigt ist, und diese betreffen leider die SCU. Sinnvollerweise hätte man, vor allem angesichts der besonderen Gemeinheit des Verbrechens, sofort ein SCU-Team entsandt, um Ihnen und Ihren Leuten in jeder erdenklichen Weise zu helfen.«
»Doch so läuft es diesmal wohl nicht. Offiziell.«
Miranda nickte. »Noah beherrscht das politische Spiel recht gut, wenn er muss, und im Moment muss er, wenn die SCU weiter bestehen soll. Daher müssen die Top-Agenten dieser Einheit, er eingeschlossen, in Boston bleiben und mit einer Sondereinheit zusammenarbeiten, die diesen Sommer gebildet wurde, um eine dortige Mordserie aufzuklären. Sie erinnern sich bestimmt.«
Nun war es an ihm, bedächtig zu nicken. »Er hat eine Senatorentochter umgebracht, als letztes Opfer eines Dutzends, und dann einfach aufgehört.«
Miranda blickte ihn unverwandt an.
»Oh, Mist. Er ist hier? Es ist derselbe Mörder? Das Jagdrevier, aus dem ihr ihn verfolgt habt, war Boston?«
»Das befürchte ich.«
»Und wieso sitzt mir dann die Sondereinheit nicht schon im Nacken?« Er hob die Hand, bevor sie antworten konnte. »Sagen Sie es nicht. Weil es, egal, was Sie wissen oder zu wissen glauben, nicht die Spur eines Beweises gibt, den wir dem Gericht vorlegen könnten.«
»Und nicht einmal dem Direktor des FBI. Diesem Direktor zumindest. Und bis es … Also, lassen Sie uns festhalten, Noah und ich sind uns bei diesem Mörder nur in einem vollkommen sicher, nämlich, dass er schnell ist. Er hat in weniger als einem Monat ein Dutzend Frauen in Boston ermordet. Wenn er hier ist, wovon wir ausgehen, schlägt er schnell und brutal zu – und zieht dann wahrscheinlich weiter zu seinem nächsten Jagdgebiet.«
»Das ist genau die Situation«, sagte John Garrett, »die Bishop befürchtet hat, und einer der Gründe, warum Haven ins Leben gerufen wurde. Um jegliche politische oder technische Konstellation … zu umschiffen, die die SCU handlungsunfähig machen könnte. Wir haben eine sehr kurze und unbürokratische Befehlskette.«
»Und auch keine Dienstmarken«, stellte Marc fest.
»Nein, aber wir haben Freunde an sehr hoher Stelle.«
Marc nickte bereits. »Senator Abe LeMott.«
»Er ist der letzte hochrangige Förderer, der zu uns gestoßen ist. Er hat größtes Vertrauen in das, was SCU und Haven erreichen können, in Zusammenarbeit oder unabhängig voneinander.«
»Wieso kann er nicht die Bürokratie umgehen und die SCU hierher schicken – ganz offiziell?«
»Wir wollen seinen Einfluss nur dann in Anspruch nehmen«, erklärte Miranda, »wenn es unbedingt sein muss. Vor allem, weil er und der neue Direktor politisch nicht so ganz einer Meinung sind. Falls der Direktor sich dem Druck beugen müsste, was angesichts der im Lande herrschenden Sympathien für Senator LeMott sogar wahrscheinlich wäre, dann würde er das sehr übel nehmen. Und früher oder später wäre dafür ein hoher Preis zu bezahlen.«
»Himmel, ich hasse Politik«, murmelte Marc vor sich
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