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Blutträume

Blutträume

Titel: Blutträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Hooper
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einem oberen Stockwerk stand. Dennoch hatte sie sich da, wo sie wohnte, nie allzu gefährdet gefühlt. An den Türen waren solide Schlösser angebracht, und die Wohnanlage lag zwar am Stadtrand, aber in einer sicheren, gut beleuchteten Gegend.
    Was sie im Moment besonders zu schätzen wusste, da ihr altes Auto in der Werkstatt war, hoffentlich repariert werden konnte und sie von ihrer Arbeit in einem kleinen, ein paar Blocks entfernten Restaurant zu Fuß nach Hause gehen musste. Falls sie keine Mitfahrgelegenheit fand.
    Am Donnerstagabend gab es niemanden, der sie hätte mitnehmen können. Eine private Gesellschaft hatte eine bevorstehende Hochzeit gefeiert, und nachdem Marie noch beim Aufräumen geholfen hatte, war es später als sonst geworden, als sie sich zu Fuß auf den Heimweg machte.
    Sie war nicht nervös.
    Zuerst.
    Obwohl schon Anfang Oktober, hatte es sich nicht besonders abgekühlt. Der Sommer war ungeheuer heiß und zu trocken gewesen, und daher hatten viele Bäume, ohne das üblicherweise vorausgehende farbenprächtige Schauspiel, zu ihrem Schutz tote braune Blätter abgeworfen. Tagsüber bot das herumliegende dürre Laub einen traurigen Anblick, doch wenn nachts eine kleine Brise aufkam, war es sogar etwas unheimlich.
    Die Blätter raschelten und wisperten bei jedem Windhauch, der in sie fuhr, sie den Bürgersteig entlangtrieb und gegen die Häuser wehte, an denen Marie vorbeikam. Es hörte sich an, als folgte ihr ein Grüppchen von Spaziergängern, die untereinander geheimnisvoll tuschelten.
    Das war nun wirklich eine Ausgeburt ihrer Fantasie, fand Marie. Wie kam sie nur auf so seltsame Gedanken?
    Plötzlich merkte sie, dass ihre Hand hinauf in den Nacken gewandert war, und sie spürte, wie sich dort die kleinen Härchen sträubten.
    Ihre Vernunft hielt ihrer offensichtlich überbordenden Fantasie eine energische Standpauke, worauf Marie auf dem Bürgersteig stehen blieb, sich langsam umdrehte und ihre Umgebung musterte. Sie konnte absolut nichts Ungewöhnliches entdecken.
    Die Brise flaute gerade ab, daher regten sich die raschelnden Blätter nicht mehr. Der Bürgersteig war gut beleuchtet, wie auch der ganze Weg zu ihrer Wohnanlage.
    Ein Wagen fuhr an ihr vorbei, dann noch einer in entgegengesetzter Richtung.
    Eine ganz normale Nacht in Venture.
    Siehst du? Alles in Ordnung. Nur deine Phanta…
    In diesem Moment absoluter Stille, nachdem das Auto vorbeigefahren war und bevor erneut eine Brise aufkam, hörte Marie etwas.
    Ein unverwechselbares Geräusch, das sie kannte.
    Das Klicken und Surren einer Kamera.
    Keine dieser Digitalkameras, die heutzutage so weit verbreitet waren, sondern eine altmodische, mit Filmspule und verschiedenen Belichtungszeiten je nach Helligkeit und …
    Sie hörte es noch mal. Ihr Mund wurde trocken, und sie spürte ihr Herz gegen die Rippen hämmern.
    Schlagartig setzte Marie ihren Heimweg fort, griff in ihre Umhängetasche und packte die Dose Pfefferspray, die ihr einen Hauch von Sicherheit versprach, während sie am Schlüsselbund, den sie bereits in der anderen Hand hielt, nach der großen Trillerpfeife tastete. Schnellen Schrittes und mit erhobenem Haupt ging sie weiter, so wie ihr Vater es ihr beigebracht hatte.
    »Verhalte dich nicht wie ein Opfer, Marie. Geh zielstrebig weiter, aber hab deine Augen überall, beobachte die Umgebung. Und folge deinem Instinkt. Wenn er dir zu rennen rät, dann renn, als wäre der Teufel hinter dir her. Wenn er dir zu schreien rät, dann schrei dir die Seele aus dem Leib. Benütze die Pfeife. Genier dich nicht, falls es falscher Alarm war. Peinlichkeit geht vorüber. Aber tot ist tot.«
    Eine Wahrheit, mit der er sich als Arzt bestens auskannte, wie er gelegentlich betonte.
    Marie hatte die Pfeife schon fast an den Lippen, dann hielt sie inne. Denn plötzlich war die Angst verschwunden. Sie spürte nichts mehr von Gefahr, Bedrohung oder Furcht. Dennoch behielt sie ihren schnellen Schritt bei und achtete wachsam auf ihre Umgebung.
    Und die Anspannung ließ nicht nach, bis sie in ihrer Wohnung war, von der per Zeitschaltuhr gesteuerten Beleuchtung begrüßt wurde und die Tür hinter sich dreimal verriegelt hatte.
    Wirklich beruhigt war sie erst, nachdem sie ihre Wohnung genau inspiziert, jedes Fenster, jede Tür, jeden Schrank kontrolliert und auch unter dem Bett, in der Badewanne und der Dusche nachgesehen hatte.
    Mit einem erschöpften Seufzer ließ sie sich auf das Fußende ihres Bettes sinken und lockerte ihren Griff um Pfefferspray und

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